Das Vermaechtnis
nach seinen Frühstückswünschen.
„ Ifrinn ! Kann ich nicht einmal für fünf Minuten meine Ruhe haben! Ich will kein Frühstück!“, fuhr er die ältere Dame an und erntete dafür von Sean einen missfälligen Blick.
„ Tha mi duilich , er hat schlecht geschlafen“, erklärte dieser Paytons ausfälligen Ton und trat unter dem Tisch nach ihm. „Reiß dich zusammen, aye?“
„ Pog mo Thon , Sean! Glaubst du, ich kann auch nur einen Bissen hinunterwürgen, solange Sam in solcher Gefahr schwebt?“
Payton rieb sich die geröteten Augen. Er hatte die ganze Nacht wach gelegen, weil er am liebsten sofort zum Gedenkstein zurückkehren wollte. Nur Seans Drohung, ihn notfalls mit Gewalt hierzubehalten, hatte ihn schließlich nachgeben lassen.
In dieser Pension war Sean auch schon während des letzten Herbstes untergekommen, als Payton beschlossen hatte, auf dem Friedhof auf den Tod zu warten – oder auf Sams Rückkehr.
„Sie hat sich diese Gefahr selbst ausgesucht, bràthair, vergiss das nicht“, erinnerte ihn Sean daran, dass die Situation diesmal ein wenig anders lag.
Wütend schlug Payton mit der Faust auf den Tisch, sodass das Holz erzitterte und die Tassen auf ihren hübschen Untertassen klirrten. Er fuhr sich durchs Haar und stützte den Kopf in die Hände.
„Bas mallaichte ! Was tue ich nur? Jetzt sitze ich wieder hier, und mir bleibt nichts zu tun, als erneut auf ihre Rückkehr zu hoffen, Sean.“ Er schüttelte den Kopf.
„Ich kann nicht noch einmal so tatenlos zusehen, wie sie die Dinge in ihre Hand nimmt. Ich habe die ganze Nacht überlegt, und es gibt nur eine Möglichkeit. Sam ist tatsächlich noch einmal durch die Zeit gegangen! Oder habt ihr eine bessere Erklärung für mein Auto am Friedhof, die leere Dolchkiste, ihr merkwürdiges Verhalten … und natürlich ihr Verschwinden?“
Ashley zuckte ratlos ihre Schultern.
„Ich weiß nicht, Jungs. Warum hat sie dich angerufen und gebeten herzukommen, wenn sie in Wahrheit sang- und klanglos abhauen wollte? Ist das nicht unsinnig? Besonders, wenn man die Gefahr bedenkt, in die sie sich doch dann freiwillig begeben hätte. Ihr könnt mir sagen, was ihr wollt, aber für so leichtsinnig halte ich Sam nicht!“
Die Enge in der Pension erdrückte Payton, er stieß seinen Stuhl zurück und eilte aus dem Haus. Mit tiefen Atemzügen versuchte er, sein aufgewühltes Gemüt zu beruhigen, und ließ sich auf der noch feuchten Natursteinmauer nieder, die den Hauseingang säumte. Neben ihm wuchs ein Rosenstock, und die sich gerade in der Morgensonne öffnenden blutroten Blüten verströmten einen betörenden Duft. Die Luft war erfüllt davon und erinnerte ihn an den Geruch des Rosenbusches am Gedenkstein der Schwestern.
Der Stein war das Tor in die Vergangenheit.
Da war ein Gedanke – eine kleine Saat, vergraben unter seiner Wut, und doch nährte der Anblick der feuchten Blütenblätter diese und ließ sie keimen. Blutrot.
Payton fuhr sich durchs Haar. Die kurzen Strähnen standen ihm inzwischen zu Berge, so oft hatte er die hilflose Bewegung heute schon gemacht, ohne dass es ihn einer Lösung näher gebracht hätte. Blutrote Blüten – Rosen mit Dornen – Blut.
Der Gedanke wuchs.
Schon einmal hatte er vorgehabt, selbst durch die Zeit zu gehen, um an Vanoras Blut zu gelangen, aber der Fluch hatte ihm damals bereits zu viel von seiner Kraft geraubt. Außerdem war es weder ihm noch Sean oder gar Roy gelungen, das Zeitportal zu öffnen. Damals hatte keiner von ihnen gewusst, dass Blut der Schlüssel war. Sie hatten geglaubt, nur Frauen könnten durch die Zeit gehen, weil der Druide das Tor einst für seine Töchter geschaffen hatte, damit sie durch alle Zeit zu ihm zurückkehren könnten.
Und nach Sams Rückkehr hatten sie nur noch mit Schrecken an all das zurückgedacht und keinen Gedanken mehr daran verschwendet, wie das Tor funktionierte. Nur ein einziges Mal hatte Sam über den Weg durch die Zeit gesprochen. Das Grauen, welches sie dabei empfunden haben musste, hatte sich deutlich in ihrem Gesicht und ihrer schmerzgekrümmten Haltung gezeigt, so, als wäre allein die Erinnerung in der Lage, sie körperlich zu quälen. Es war unvorstellbar, dass sie es dennoch wieder getan haben sollte. Also, was war geschehen?
Payton rieb über die Gänsehaut an seinen Armen, um die schrecklichen Gedanken zu vertreiben und pflückte eine Blüte. Die einzelnen Blätter hatten die Form von Herzen und fühlten sich samtig unter seinen Fingern an. Der Tau rann wie
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