Das Vermaechtnis der Drachenreiter
Grund.«
»Falsch«, widersprach ihm Brom. »Du hättest Trevors Absichten spüren können. Selbst meine begrenzten Fähigkeiten haben dazu ausgereicht. Hätten die Dorfbewohner uns unbedingt töten wollen, wäre ich nicht so ruhig sitzen geblieben. Ich spürte jedoch, dass die Möglichkeit bestand, vernünftig miteinander zu reden, und genau das habe ich ja dann auch getan.«
»Wie hätte ich wissen können, was Trevor dachte?«, fragte Eragon. »Soll ich etwa in der Lage sein, anderen Leuten in den Kopf zu schauen?«
»Also bitte!«, sagte Brom tadelnd. »Die Antwort darauf solltest du kennen. Du hättest Trevors Absichten auf dieselbe Art und Weise erspüren können, in der du dich mit Cadoc und Saphira verständigst. Der Geist der Menschen unterscheidet sich nicht so sehr von dem eines Drachen oder Pferdes. Es ist leicht zu bewerkstelligen, aber man setzt diese Fähigkeit nur äußerst sparsam und mit größter Vorsicht ein. Der Geist eines Menschen ist seine letzte Zuflucht. Man darf niemals leichtfertig in ihn eindringen, es sei denn, die Umstände zwingen einen dazu. Die Drachenreiter hatten dafür sehr strenge Regeln. Und wer sie missachtete, wurde schwer bestraft.«
»Du kannst also auch in den Geist eines anderen Menschen eindringen, obwohl du kein Drachenreiter bist?«, fragte Eragon.
»Wie ich schon sagte, mit der rechten Unterweisung kann jeder die Gedanken eines anderen erspüren, wenn auch mit unterschiedlichem Erfolg. Ob es sich dabei jedoch um Magie handelt, ist schwer zu sagen. Eine magische Begabung - oder die Verbindung mit einem Drachen - fördert natürlich diese Fähigkeit, aber ich habe viele Menschen gekannt, die es auch so gelernt haben. Du musst begreifen, dass man sich mit jedem fühlenden Wesen verständigen kann, auch wenn die Verbindung oftmals nicht sehr deutlich ist. Man kann den ganzen Tag den Gedanken eines Vogels lauschen oder nachempfinden, wie sich ein Erdwurm während eines starken Regengusses fühlt. Aber ich fand Vögel nie besonders interessant. Ich schlage vor, wir fangen bei nächster Gelegenheit mit einer Katze an. Katzen besitzen eine äußerst ungewöhnliche Persönlichkeit. «
Eragon drehte Cadocs Zügel in der Hand und dachte über die Konsequenz dessen nach, was Brom gerade gesagt hatte. »Aber wenn ich in die Gedanken eines anderen eindringen kann, heißt das nicht auch, dass andere dasselbe bei mir tun können? Woher weiß ich überhaupt, ob nicht gerade jemand in meinem Geist herumstöbert? Gibt es eine Möglichkeit, das zu verhindern?« Wie kann ich denn sicher sein, dass Brom nicht genau weiß, was ich gerade denke?
»Natürlich gibt es die. Hat Saphira sich noch nie vor dir verschlossen? «
»Doch«, gab Eragon zu, »als sie mich in den Buckel mitnahm, konnte ich nicht mit ihr sprechen. Nicht dass sie mich einfach ignoriert hätte - ich glaube, sie konnte mich überhaupt nicht hören. Ihr Geist war von einer Mauer umgeben, die ich nicht durchdringen konnte.«
Brom kümmerte sich kurz um seinen Verband und zog ihn ein Stück hoch. »Nur wenige Menschen merken es, wenn jemand in ihren Geist eindringt, und von denen können es wiederum nur eine Hand voll verhindern. Es ist eine Frage der Übung und der Denkweise. Aufgrund deiner magischen Gabe wirst du immer wissen, ob jemand deine Gedanken erforschen will. Und wenn es jemand versucht, wehrt man ihn ab, indem man sich mit aller Kraft auf eine bestimmte Sache konzentriert. Stellst du dir zum Beispiel die ganze Zeit über eine Steinmauer vor, dann wird der andere auch in deinem Geist an einer solchen abprallen. Es kostet jedoch viel Kraft und bedarf außerordentlicher Disziplin, jemanden über einen längeren Zeitraum zu blockieren. Schon bei der geringsten Ablenkung gerät deine Mauer nämlich ins Schwanken und der Gegner kann durch die Schwachstelle schlüpfen.«
»Wie lernt man so etwas?«, fragte Eragon.
»Nur auf eine Weise: Üben, üben und nochmals üben. Stell dir etwas vor und halte das Bild so lange du kannst im Geiste fest. Denk an nichts anderes. Es ist eine sehr komplizierte Angelegenheit und nur eine Hand voll haben es darin je zur Meisterschaft gebracht«, sagte Brom.
»Ich brauche keine Meisterschaft, nur Sicherheit«, sagte Eragon. Ob man wohl auch die Gedanken eines anderen verändern kann, fragte er sich, wenn man es schafft, in seinen Geist einzudringen? Je mehr ich über Magie lerne, desto mehr Angst bekomme ich davor.
Als sie Saphira erreichten und diese ihnen ruckartig den
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