Das Vermächtnis der Feen (German Edition)
starrte Druid Dubh an wie ein Gespenst.
Ein grauer Schleier hatte sich über das Gesicht ihres Besuchers gelegt. Josie fühlte die tiefe Erschütterung, die aus ihm sprach. Gleichzeitig drängte sich ihr die Frage auf, was sie, um alles in der Welt, mit einer Königin in einem fernen und wohl kaum realen Land zu tun hatte.
Aber da fuhr Druid Dubh schon fort, sein Ton wurde schneidend. »Es stärkt die dunklen Feindeskräfte bös fantasierend Menschenwort. Und tödlich grauer Nebelschleier verhüllt den lichten Zufluchtsort.«
Josie setzte eben zu einer Frage an, als der Vogelmann weitersprach. »Kommt auf die Grüne Insel, nach Eirinn!«
»Eirinn? Da-das ist Irland!«, stotterte sie. »Das geht doch nicht. Ich meine, wie …?«
»Vertraut und alles wird gelingen! Vermeidet doch vor allen Dingen verzagte Zweifel und Bedenken! Die Fibel wird die Kraft Euch schenken, zu sammeln Eure Energie, die in Euch ruhende Magie.«
Josie sah ratlos auf die Fibel. »Magie?«
Der Vogelmann nickte ernst. »Doch nutzt sie nur, wenn Ihr in Not! – Dies sei Euch stets ein streng’ Gebot!«
»Aber …«
Der Vogelmann unterbrach sie mit einer Handbewegung. »Fragt nicht zu viel! Ihr wisst genug, das muss für heut genügen. Vertraut auf Euer Herz allein, so wird sich alles fügen.«
Damit breitete er seinen Mantel aus, um sich emporzuschwingen.
»Warte!«, rief Josie, ihre Stimme überschlug sich. »Was ist mit Edna – Edna O’Leary?«
Druid Dubh senkte die Arme. Ein bitterer Zug umspielte seine Mundwinkel.
»Dies Weib, mit rechtem Erbe zwar begabt …«, er schüttelte verdrossen den Kopf, »hat durch schädlich’ Schrift und Sagen dem Erzfeind Kraft noch zugetragen. Sie packten es zu Recht am Kragen. Nun …«
»Nun …?«, wiederholte Josie bang.
»Nun muss das Tochterkind sich schützen, die Fibel soll ihm dabei nützen.«
Josie riss die Augen auf. »Amy?«
»Wohlan, so war ihr Name!«
»Und wer ist dieser – Erzfeind?«
Druid Dubhs Miene gefror. »Der üble Teufel Dykeron, der Herrscher über Dorchadon. Das Schwarze Reich wird’s auch genannt, ein unheilvolles, dunkles Land.«
Obwohl Josie von Dorchadon ebenso wenig gehört hatte wie von dem geheimnisvollen Narranda, verursachte ihr Druid Dubhs Beschreibung ein Frösteln.
»Aber was wird jetzt aus Edna?«, setzte sie zaghaft an.
»Wir werden tun, was wir vermögen, doch Euer Einsatz ist vonnöten, denn in den Fehden zwischen Welten ganz besond’re Regeln gelten.«
Der Vogelmann spannte seinen schwarzblau glänzenden Federumhang auf.
»Verzeiht dem Boten, es ist Zeit. Doch sei Euch dieser Rat Geleit: Folgt Ihr des Herzens Imagination, dann steht Gelingen Euch zum Lohn. Vertraut darauf! Und geht nicht irr, scheinen die Dinge noch so wirr.«
Ehe Josie auch nur die geringste Chance gehabt hätte, ihn ein weiteres Mal zurückzuhalten, stieg Druid Dubh hoch. Nur einen Augenblick später schwebte er mit aufgefächertem Mantel über ihr, vom Aufwind getragen wie eine der Möwen, die am vergissmeinnichtblauen Himmel ihre Runden zogen.
Wie in Stein gehauen starrte sie ihm nach, bis er sich als kleiner schwarzer Punkt im Äther verlor.
Benommen steckte Josie die Fibel wieder an die Gürtelschlaufe. Das Herz leuchtete noch immer. Purpurrot. Schlagartig durchfuhr sie eine verstörende Gewissheit: Das Abenteuer ging jetzt erst richtig los.
Das Geräusch eines Rasenmähers holte sie in die Wirklichkeit zurück. Ein Blick auf die Uhr sagte ihr, dass sie sich beeilen musste, wenn sie zum abgemachten Zeitpunkt vor dem Hotel sein wollte, um Amy beim Hundeausführen Gesellschaft zu leisten. Hoffentlich war es Amy gelungen, unbemerkt das Haus zu verlassen.
Aber sie hatte sich unnötig Sorgen gemacht. Amy wartete schon, heute wieder den Boxer und den Retriever von neulich im Schlepptau.
»Gott sei Dank, du bist da!«, rief Josie.
Amy reichte ihr mit einem fragenden Stirnrunzeln die Leine des Retrievers. »Warum sollte ich nicht?«
»Die Polizei. Wenn du wüsstest, was ich heute schon alles mitgemacht hab!« Damit eröffnete Josie den Bericht über ihre Begegnung mit der Polizei.
Amy hörte mit düsterer Miene zu, während sie Richtung Hundespielplatz gingen. »Zum Teufel mit denen«, knurrte sie. »Warum lassen die mich nicht einfach in Ruhe? Dauernd klingelt jemand, und das Telefon geht auch ständig. Ich geh natürlich nicht ran, bin ja nicht blöd. Aber es nervt!«
Josie zerrte ihren Hund von einer Ecke weg. »Hast du keine Angst, dass die demnächst die
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