Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Vermächtnis der Feen (German Edition)

Das Vermächtnis der Feen (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis der Feen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Endres
Vom Netzwerk:
sich wieder zurück und suchte den Blick des Professors im Rückspiegel. »Kann ich mir den Stein mal ansehen?«
    »Da muss ich dich enttäuschen. Mein Urahn Conall soll den Stein irgendwo auf dem Grundstück versteckt haben. Wo, hat er aber niemandem verraten. Und seither ist der Stein – falls es ihn je gegeben hat – verschollen. Der gute Conall muss überhaupt ein komischer Kauz gewesen sein, der sich mit Alchemie und Zauberei beschäftigt hat. Es sind in der Bibliothek sogar noch einige Bücher mit persönlichen Anmerkungen von ihm erhalten.«
    »Alchemie?«
    »Eine Geheimlehre«, schaltete sich Moma ins Gespräch ein. »Damals waren Wissenschaft und Aberglaube noch kaum voneinander zu trennen. Man suchte zum Beispiel nach Möglichkeiten, künstlich Gold herzustellen oder ein Mittel für die ewige Jugend zu finden. – Na, was das angeht, sind wir heute auch nicht viel weiter.« Sie fasste sich gequält an die Stirn. »Wenigstens gibt es Schmerzmittel. Nach diesem peinlichen Auftritt bei der Polizei hab ich mörderische Kopfschmerzen.«
    Als der alte Wagen kurz darauf geräuschvoll über den Kiesweg der Einfahrt fuhr, trottete ihnen schon Wolf entgegen. Sein Schwanz peitschte durch die Luft, als Josie ausstieg und ihn tätschelnd begrüßte.
    Auf der Schwelle blieb Josie stehen. Sie legte den Kopf in den Nacken und betrachtete das Wappen über der Tür aus der Nähe. Den Mittelpunkt der gut erhaltenen Steinmetzarbeit bildete eine Harfe, die über einem Schwert zu schweben schien, darüber war ein Schriftzug eingemeißelt. Sie buchstabierte leise: »Verbum mihi gladius.« Josie sah sich nach dem Professor um, der ihr mit Moma nachkam. »Das ist Latein. Stimmt’s?«
    Der alte Herr stellte sich, die Hände in den Hosentaschen, neben sie und folgte ihrem Blick. »Ja, ganz recht. Die Sprache der Gelehrten. Es ist der Wahlspruch unserer Vorfahren. Dazu muss man wissen, dass die Barden in angesehenen Zünften vereinigt waren, die alle ihre eigene Parole hatten.« Er lächelte Moma zu, die blass neben ihnen stand. »Wie steht’s mit deinem Latein, Dorothy? Kannst du den Spruch noch übersetzen?«
    Josies Großmutter presste, sichtlich von Kopfschmerz geplagt, die Hand an die Stirn. Trotzdem blickte sie nach oben. Ihre Augen tasteten die uralte Schrift ab. »Wort, Schwert … Das Wort ist mir Schwert , wir würden heute wahrscheinlich eher sagen: Mein Schwert ist das Wort.«
    »Ausgezeichnet!«, sagte der Professor. »Mein Schwert ist das Wort. Ich habe oft darüber nachgedacht, warum man diesen Spruch gewählt hat, denn eigentlich war es den Barden nicht gestattet, Waffen zu tragen. Sie verstanden sich nicht als Krieger, sondern – heute würde man wohl sagen – als Intellektuelle. Aber vielleicht ist genau das der springende Punkt. Dass Worte wie Schwerter sein können, haben wir ja vorhin erst hautnah erfahren müssen.« Kopfschüttelnd verschwand er im Haus.
    »Ich werde gleich ein Aspirin schlucken und mich ein wenig hinlegen«, sagte Moma, als sie die Diele betraten.
    Aaron O’Reardon sah sie mitfühlend an. »Soll Maude den Lunch später servieren?«
    Moma hob abwehrend die Hand. »Nein, danke, das ist nicht nötig. Ich bin noch pappsatt vom Frühstück.«
    »Schade, Maude hat heute mein Lieblingsgericht gekocht. Bacon and Cabbage.«
    »Was ist das?«, fragte Josie, während sie Wolf, der ihnen ins Haus gefolgt war, mit beiden Händen zwischen den Ohren kraulte.
    Der Professor hob genießerisch die Augenbrauen. »Kochschinken mit Kohl.«
    »Aha!« Josie schluckte. »Eigentlich habe ich auch noch keinen großen Hunger.«
    »Dass ihr Frauen den ganzen Tag mit ein paar Frühstückshappen auskommt …« Vor sich hin grummelnd verschwand der Professor Richtung Küche.
    Moma zog sich zurück und Josie rannte in ihr Zimmer, um zu sehen, ob Rosalinde da war. Sie hatte, bevor sie losgefahren waren, heimlich das Sahnekännchen vom Frühstückstisch hochgetragen und für sie hingestellt.
    Das Kännchen stand, bis auf den letzten Tropfen geleert, auf dem Hocker, auf dem es Josie hinterlassen hatte. Rosalinde jedoch zeigte sich nicht. Allerdings hatte sie, wie Josie jetzt auffiel, alle Sachen aus dem Koffer, akkurat zusammengelegt, im Schrank verstaut. Josies Bett war aufgeschüttelt und zurückgeschlagen und ein kleiner Strauß Lavendel stand auf dem Nachttisch.
    »Danke!«, rief Josie, in der Hoffnung, dass die Zwergin sie hören konnte.
    Obwohl der Tag herrlich war und verführerischer Blumenduft durchs offene

Weitere Kostenlose Bücher