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Das Vermächtnis der Feen (German Edition)

Das Vermächtnis der Feen (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis der Feen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Endres
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sich seine Haltung, seine Augen jagten über die Zeilen. Dann nahm er abrupt die Brille ab. »Es ist nicht zu fassen!«
    Josie und ihre Großmutter sahen ihn erschrocken an.
    »Ryan, mein Neffe!« Er klopfte zornig mit dem Brillenbügel auf das Blatt. »Er baut einfach weiter!«
    »Arthurs Vater?«, erkundigte sich Josie.
    »Genau der«, brummte der Professor. »Der Sohn meines Bruders Richard. Baut ein Großkino mitten in die Landschaft, noch dazu in einen Rath . Ohne Rücksicht auf Verluste.«
    »Das muss die Baustelle sein, an der ich gestern vorbeigeradelt bin, die haben noch am Abend dort gearbeitet«, sagte Josie.
    »Eine Schande für unsere Familie ist das. Ausgerechnet ein O’Reardon! Eine Schande!«
    »Gehört deinem Bruder das Gelände?«, fragte Moma.
    »Dieses Gelände gehört keinem Menschen, und wenn er zehnmal im Grundbuch eingetragen ist. Es ist tabu! Es ist ein Rath !« Der alte Herr bebte vor Zorn.
    »Und?« Moma rührte in ihrer Tasse.
    »Wie mir scheint, weißt du nicht, was ein Rath ist.« Er atmete tief, als wolle er sich damit beruhigen. »Ein Rath ist eine antike Wallanlage, die vermutlich kultischen Zwecken diente. Die Ältesten stammen noch aus der Bronzezeit. Raths sind wichtige Kulturdenkmäler!«
    Ach so, dachte Josie. Jetzt verstand sie, warum Arthur sich so über das Bauprojekt aufgeregt hatte.
    »Und überdies …« Der Professor zögerte und fuhr dann umso nachdrücklicher fort. »Und überdies sagt man, dass sie von Sidhe bewohnt werden. Das weiß hier jedes Kind.«
    »Ich bitte dich, Aaron!«, sagte Moma. »Wir leben doch nicht mehr im Mittelalter!«
    »Dorothy, entschuldige, aber davon verstehst du nichts!« Seine Stimme klang ungewöhnlich ruppig. »Wir sind hier in Irland und da gibt es nun mal bestimmte Spielregeln zwischen den Welten.«
    Josies Großmutter setzte sich gekränkt zurück. »Und die wären?«
    »Achtet, was den Sidhe gehört, dann achten die Sidhe, was den Menschen gehört. Man baut nicht in Sidhe-Gebiet! Punktum! Es ist ein alter und guter Brauch, ihren Frieden nicht zu stören. Kein Bauer hätte es früher gewagt, einen solchen Ort zu pflügen, geschweige denn zu bebauen. Und kluge Bauherren respektieren diese Orte bis heute. Als zum Beispiel der Shannon-Airport gebaut wurde, hätte eine der Trassen mitten durch Feengebiet geführt. Der Architekt, ein Engländer natürlich, verstand einfach nicht, warum sich die Baugesellschaft weigerte, den Platz zu planieren. Schließlich hat man dann doch noch eine andere Streckenführung gefunden. Ryan aber denkt nicht daran, solche Rücksichten zu nehmen. Er hat das Land für ein Butterbrot aufgekauft. Der ehemalige Grundbesitzer war froh, dass er es loswurde – eben weil es Sidhe-Gebiet ist, das niemand haben will. Das Großkino ist ja nur der Anfang! Es soll ein ganzes Gewerbegebiet mit einem Einkaufszentrum und einer Diskothek entstehen. Jahrelang lief das Genehmigungsverfahren. Die Gemeinderäte waren sich alles andere als einig. Auf der einen Seite profitiert Galbridge natürlich von einer guten Infrastruktur. Auf der anderen Seite wird nicht nur viel Natur zerstört, sondern auch noch ein Gebiet angetastet, das – selbst, wenn man nicht an die Sidhe glaubt – doch zumindest Kulturerbe ist!« Er schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. »Und das ist Rath Doire nun mal!«
    »Aber warum wurde es dann überhaupt genehmigt?«, erkundigte sich Moma.
    »Warum?« Die Augen des Professors funkelten. Josie wunderte sich, wie viel Wut in dem sonst so sanft wirkenden Mann steckte. »Das kann ich dir sagen: Die Abstimmung war mehr als knapp. Es brauchte nur die einfache Mehrheit. Und Geld stinkt nicht!«
    »Bestechung?«, fragte Moma.
    »Allerdings, davon gehe ich aus!« O’Reardon holte tief Luft. »Aber Ryan wird schon sehn, was er davon hat, und eine erste Lektion hat er auch schon bekommen!«
    Josie hing an seinen Lippen. »Wieso?«
    »Gleich in der ersten Woche wurde ein Arbeiter tödlich verletzt. Eine der Planierraupen ließ sich auf einmal nicht mehr steuern, der Mann wurde mit dem Rücken zur Böschung buchstäblich überrollt.«
    Moma setzte erschrocken die Teetasse ab. »Das ist ja furchtbar!«
    »Allerdings. Danach hatte Ryan ein Problem! Die einheimischen Arbeiter sind ihm alle abgesprungen. Ich dachte schon, der Sturkopf kommt endlich zur Vernunft. Aber nein!« O’Reardon klopfte wieder auf die Zeitung. »Jetzt schreiben sie, dass er mit Gastarbeitern vom Festland weiterarbeitet. Und weil er so viel Zeit

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