Das Vermächtnis der Feen (German Edition)
auffordernd zu. »Wie heißt du eigentlich?«
Der Zwerg sah schwankend zu ihr hoch. Für einen Moment schien er zu zaudern. »Mo… MoDain«, brabbelte er schließlich mit schwerer Zunge.
»MoDain«, wiederholte Josie. »Das ist doch kein Name.«
Rosalinde lachte. »Ihr habt ganz recht! Doch würde er ihn niemals nennen und sei er noch so sehr bezecht. Denn den, der seinen Namen weiß, müsst er als Meister anerkennen.«
»Weißt du, wie er wirklich heißt?«
Rosalinde schüttelte den Kopf. »Doch MoDain ist sein Name nimmer. Denn MoDain heißt nur: Wer-auch-immer.«
Josie lächelte. Kein Wunder, dass der Cluricaun seinen Namen nicht preisgab, Rosalinde hätte ihn sicher mit Vergnügen unter die Fuchtel genommen. Sie wandte sich wieder an den Cluricaun. »Und was wolltest du hier, mitten in der Nacht?«
Der kleine Alte zupfte sich verlegen am Bart. »Das Schep-Schepselkind wollt ich beseh’n, von dem im Um-Umlauf Märlein sind, die von Mund zu Munde geh’n.« Wieder verbeugte er sich tief, so tief, dass er beinahe ins Stolpern geriet.
Josie horchte auf. »Wer spricht denn über mich?«
Der Cluricaun klammerte sich sicherheitshalber am Bettpfosten fest. »Ihr seid in all-ller Munde.«
Mit einem abfälligen Blick auf den Zwerg mischte sich Rosalinde wieder ins Gespräch. »Es stimmt schon, was der Saufbold sagt, die Neugier hat ihn wohl geplagt. Denn seit der große Trusadh naht, durchs Gold’ne Reich Gerüchte weh’n, dass zu dem großen Völkerrat ein Schepselkind ist auserseh’n, welches das Wagnis könnt’ besteh’n.«
»Der große – was?«
»Der Trusadh ist der große Rat. Die Königin zusammenbat Narrandas Völker, Stämme, Rassen, um endlich einen Schluss zu fassen.«
»Eine Versammlung?«
»Es werden diesmal alle kommen.« Rosalinde blickte betrübt auf ihre Fußspitzen. »Ist auch die Hoffnung fast zerronnen.« Dann straffte sie sich. »Nun schlaft! Ihr müsst jetzt wieder ruh’n, wir haben hier nichts mehr zu tun.« Sie zog den Cluricaun am Ärmel. »Komm, alter Schlucker, folge mir, du warst schon viel zu lange hier!« Damit zerrte sie den Zylinderzwerg zu der offen stehenden Tür in der Vertäfelung.
Trusadh, Wagnis …? Verdammt! Wut brodelte in Josie hoch. Ihr lagen tausend Fragen auf dem Herzen und niemand redete Klartext mit ihr?
»Moment mal!«, rief sie. »Allmählich hab ich die Nase definitiv voll! All diese Andeutungen! Ich hab nicht die blasseste Ahnung, wie ich überhaupt nach Narranda kommen soll – geschweige denn, was mich dort erwartet.«
Rosalinde blieb stehen, und während der Cluricaun, den sie nach wie vor fest am Schlafittchen hielt, um Gleichgewicht kämpfte, drehte sie sich mit sehr ernstem Gesicht noch einmal um. »Ich sag es nicht, um Euch zu necken – den Weg müsst Ihr allein entdecken.«
Sie versetzte dem betrunkenen Hausgeist einen ungeduldigen Rempler. »Auf, auf!« Unter unwilligem Brummeln ließ sich MoDain durch die Tür schieben. Dann schloss sich das Paneel und die nächtlichen Besucher waren verschwunden.
Josie seufzte, ihr war klar, von den beiden würde sie auch nicht mehr erfahren als von Druid Dubh.
Ein Knall riss sie aus ihrem Unmut. Es folgten ein gelallter Fluch und Gepolter, als würde jemand eine Treppe hinunterkugeln. Offenbar hatte der gute MoDain die Nase doch ein wenig zu tief in die Flasche gesteckt.
Josie ließ sich zurück ins Kopfkissen fallen.
Elfen, Moosboggels, eine Bean Tighe und ein sturzbetrunkener Cluricaun waren ein bisschen viel für einen einzigen Tag! Sie knipste das Licht wieder aus und zog die Decke über den Kopf. Und selbst wenn jetzt das Ungeheuer von Loch Ness in ihrem Zimmer auftauchen würde – sie würde es einfach nicht beachten.
Am nächsten Morgen wurde Josie durch Sonnenstrahlen und das Zwitschern der Gartenvögel geweckt. Rosalinde zeigte sich nicht, als Josie in ihre Sachen schlüpfte. Vermutlich kümmerte sie sich um den Cluricaun. Bestimmt hatte er sich alle Knochen gebrochen. – Konnten sich Geister überhaupt etwas brechen?
Beim Hinausgehen stolperte sie. Sie konnte sich gerade noch am Abschlussbrett der Vertäfelung festhalten. Verdammt! MoDains leere Whiskeyflasche! Der Cluricaun hatte sie einfach liegen lassen. Josie hob sie grimmig auf.
Als sie kurz darauf die Treppe hinunterlief, kam ihr der Professor entgegen. »Morgen! Gut geschlafen?«
»Teilweise«, antwortete Josie. Unentschlossen, ob sie ihm von ihren nächtlichen Besuchern erzählen sollte, versteckte sie die
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