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Das Vermächtnis der Feen (German Edition)

Das Vermächtnis der Feen (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis der Feen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Endres
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Flasche rasch hinterm Rücken. Aber zu spät. O’Reardon streckte die Hand aus. »Woher hast du die?«
    Josie reichte ihm die Flasche mit einem verlegenen Grinsen. »Ich hab sie in meinem Zimmer gefunden.«
    Der alte Herr musterte das Etikett. »Einer meiner guten Malt Whiskeys.« Er kratzte sich nachdenklich am Kopf.
    Josie fühlte sich unbehaglich. »Sie denken doch nicht etwa …«
    Der Professor sah hoch. »Du meinst – dass du …?« Er schüttelte den Kopf. »Nein, wirklich nicht. Ich glaube vielmehr … Schon mal was von einem Cluricaun gehört?«
    Josie kratzte sich nervös am Arm.
    O’Reardon sah sie prüfend an. »In Springwood Manor hat es von jeher Hausgeister gegeben. Sie zeigen sich nicht jedem, aber ich bin überzeugt, dass sie noch da sind. Als ich klein war, habe ich einmal einen Cluricaun unten in der Küche gesehen. Es kommt nicht oft vor, dass sie sich einem Sterblichen zeigen. Aber in besonderen Nächten – und es war eine besondere Nacht, denn es war Samhain – sind die Schleier zwischen den Welten durchlässiger.«
    »Samhain?«
    Der Professor nickte. »Ein altes keltisches Fest, das bis heute noch am 31. Oktober gefeiert wird, du kennst es …«
    »Halloween?«, fragte Josie erstaunt.
    »Genau – oder Allerheiligen. Die Christen haben vielen heidnischen Festen neue Namen gegeben. Samhain ist das Fest des Sommerendes, der Beginn der dunklen Jahreszeit. Es gibt auch noch andere keltische Feste, wie Beltane, vom 30. April auf den 1. Mai, das Frühlings- und Fruchtbarkeitsfest.«
    »Vom 30. April auf den 1. Mai«, wiederholte Josie tonlos. »Die Nacht, in der Edna verschwunden ist.«
    Der alte Herr strich sich über den Bart. »So, so«, murmelte er. »An Beltane also.«
    Gemeinsam gingen sie die Treppe hinunter in die Diele. O’Reardon stellte die leere Flasche auf die Garderobenablage. »Da muss ich wohl ein Auge auf meinen Keller haben. Es ist lange Zeit kein Alkohol mehr verschwunden. Ich glaube, du hast etwas, das die Geister anzieht.«
    »Das glaub ich inzwischen allerdings auch.«
    Der alte Herr sah Josie gespannt an. »Hast du ihn gesehen?«
    Josie überlegte kurz. Sie hatte Rosalinde Stillschweigen versprochen, nicht aber dem Cluricaun.
    »Hmm«, brummelte sie.
    Über das Gesicht des Professors flog ein Lächeln der Erinnerung. »Mein Gott, ich hab mich damals fast zu Tode erschrocken. War damals ein Steppke von höchstens sechs Jahren und kaum größer als der Zwerg. Er deutete mit der Rechten die Höhe des Cluricauns an. »Etwa so. Grüner Zylinder, Schnallenschuhe und große Goldknöpfe.«
    Josie nickte.
    »Dann war er es! Cluricauns sind sehr standorttreu. Sie bleiben in einem Haus, bis das letzte Glied der Familie stirbt.«
    »Und er tankt wie ein Loch«, sagte Josie.
    O’Reardon lachte. »Allerdings. Da werd ich wohl auf das alte Hausmittelchen Achillea zurückgreifen müssen. Damit hat schon meine Mutter die Flaschenvorräte geschützt.«
    Josie blickte ihn fragend an.
    »Schafgarbe, du weißt schon, diese weißen und gelben Blumen, die so fürchterlich stinken. – Ein Sträußchen Schafgarbe um den Flaschenhals, und der Cluricaun hat schlechte Karten. Er verabscheut Achillea wie die Pest.«
    »Wer hat schlechte Karten?« Josies Großmutter kam die Treppe herunter.
    »Der Cluricaun«, sagte Josie.
    »Wer?«
    »Ein Hausgeist!«, ergänzte der Professor.
    »Schon vor dem Frühstück Geistergespräche! Da haben sich ja zwei gefunden!« Kopfschüttelnd verschwand Moma in der Küche.

 
    Auch heute früh hatte Maude draußen gedeckt. Josie genoss die Morgensonne, die hausgemachte Orangenmarmelade und Maudes selbst gebackenes Brown Bread. Wolf lag ausgestreckt neben ihren Gartensessel und blinzelte sie an. Es war kein aufdringliches Betteln, wie Josie es von vielen Hunden kannte. Verstohlen ließ sie ein kleines Stück Brot fallen und ebenso verstohlen leckte es Wolf mit seiner langen rosa Zunge auf.
    O’Reardon griff nach der Zeitung, die neben seinem Teller lag, und kramte die Brille aus der Hemdtasche.
    »Seht euch das an!« Er deutete auf die Schlagzeile. »Krieg. Schon wieder! Immer muss es irgendwo auf der Welt Krieg geben. Warum können sich die Menschen nicht vertragen?«
    Moma goss sich Tee nach. »Weil im Menschen beides liegt, Gut und Böse. Deshalb ist es ja so wichtig, dass wir das Gute in unseren Herzen zum Schwingen bringen.«
    »Du hast recht, Dorothy, sonst gerät die Welt aus den Fugen.« Damit blätterte er den Regionalteil auf.
    Plötzlich spannte

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