Das Vermächtnis der Feen (German Edition)
allen auf den Magen geschlagen.
»Hoffentlich ist mit Brian nichts Schlimmes passiert«, sagte der Professor, während er lustlos in dem Karamellpudding stocherte, den es zum Nachtisch gab.
Moma strich ihm beruhigend über den Ärmel. »Er ist jung. Junge Knochen heilen schnell. Mach dir nicht so viele Sorgen!«
Josie beobachtete ihre Großmutter. Wenn sie mit dem Professor sprach, veränderte sich ihre Stimme, klang weicher – liebevoller. Josie stolperte für einen Moment über diesen Gedanken. Doch!, dachte sie dann. Liebevoller!
Moma lächelte ihrem Tischnachbarn aufmunternd zu. »Das Konzert heute Abend wird dich ablenken, Aaron.«
»Welches Konzert?«, erkundigte sich Josie.
»In Saint Patrick spielt eine Gruppe auf historischen Instrumenten«, sagte Moma. »Wir haben das Plakat gesehen und Karten vorbestellt.« Sie hielt inne, und ergänzte dann schnell: »Wenn du möchtest, ruf ich an und lass für dich auch eine zurücklegen.«
Josie entging die Halbherzigkeit in Momas Angebot nicht. Ganz offensichtlich wollten die beiden allein ausgehen.
Sie verbiss sich ein Schmunzeln. »Nee, danke. Ich habe noch so viel zu lesen. Außerdem will ich Taddy eine E-Mail schreiben. Darf ich den PC benutzen?«
»Aber sicher doch«, sagte der Professor. »Du weißt ja, wo er steht.« Er hüstelte unsicher. »Soll ich nicht besser Maude fragen, ob sie heute Abend hierbleibt?«
»Danke, aber ich brauch wirklich keinen Babysitter mehr. Und außerdem hab ich doch Wolf.« Wolf, der zu ihren Füßen lag, klopfte mit dem Schwanz, als Josie seinen Namen nannte. Plötzlich fiel ihr etwas ein. »Sagt mal, ihr wart doch heute in Glasglean. Habt ihr im Pfarramt noch etwas herausgefunden?«
»Stimmt, darüber haben wir ja noch gar nicht gesprochen.« Moma seufzte. »Diese schreckliche Sache mit dem Unfall …«
Josie sah sie erwartungsvoll an. »Und?«
Ihre Großmutter schob den Dessertteller von sich weg. »Viel weiter bin ich nicht gekommen. Alan O’Leary …«, sie räusperte sich, »ich meine, mein Vater, hat schon ziemlich alles zusammengetragen, was noch nachvollziehbar war. Leider sind die Tauf- und Sterbebücher der Saint Mary’s Church bei einem Brand 1798 vernichtet worden, sodass nur noch vorhanden ist, was danach aufgezeichnet wurde.«
Der Professor nickte. »Wir haben mit der Suche nach Mollys Mutter angefangen. Schließlich kannten wir Mollys Geburtsdatum. Und wir sind tatsächlich fündig geworden. Der Pfarrer war sehr hilfsbereit. Er hat die alten Bände freundlicherweise aus dem Archiv geschleppt. Der Ärmste hat sich dabei völlig eingestaubt.«
»Ja«, sagte Moma. »Ein netter Mann – allerdings durften wir uns dafür auch einen Vortrag über den maroden Glockenturm von St Mary’s anhören.« Sie zwinkerte. »Und so ganz nebenbei hat er uns dann noch den Opferstock gezeigt.«
O’Reardon lächelte sie verschmitzt an. »Die Spende wird dir am Jüngsten Tag sicher strafmildernd angerechnet.«
Josie wurde allmählich ungeduldig. »Und was habt ihr rausgefunden?«
Moma nahm den Faden wieder auf. »Mollys Mutter war eine gewisse …« Sie stockte. »Mein Gott, diese unaussprechlichen gälischen Namen kann sich doch kein Mensch merken!«
»Eine gewisse Caoimhe aus Droichgal«, ergänzte der Professor. »Den Ort kenne ich allerdings nicht. Und sie hat auch ihren Nachnamen nicht angegeben, ebenso wenig den Namen des Kindsvaters.«
»Aber warum denn?«, fragte Josie.
»Nun, ich vermute stark, das Kind war unehelich. Damals eine Heidenschande, wenn nicht rasch geheiratet wurde. Damit der Name der Familie nicht beschädigt wurde, hat man schwangere Mädchen in solchen Fällen oft von zu Hause weggejagt. Wenn sie Glück hatten, konnten sie irgendwo als Dienstmagd unterschlüpfen. Molly wurde 1820 geboren, ihre Mutter Caoimhe starb nur ein Jahr später an Diphterie.«
Josie zog die Stirn in Falten. »Wieder ein viel zu früher Tod nach der Geburt eines Mädchens.«
»Ja, das ist wahr«, sagte ihre Großmutter befangen. »Und ich muss zugeben, die Häufung solcher Fälle gibt einem wirklich zu denken.«
Ganz in Gedanken zeichnete Aaron O’Reardon mit dem Finger Buchstaben auf die Tischdecke.
»Was machst du da?«, erkundigte sich Moma.
»Droichgal«, murmelte er. »Dass mir das nicht gleich aufgefallen ist! Droichead heißt Bridge, Droichgal könnte eine schlampige Kurzform von Droichead Gael sein – die alte gaelische Bezeichnung für Galbridge.«
Moma runzelte die Stirn. »Das Ganze wird
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