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Das Vermächtnis der Feen (German Edition)

Das Vermächtnis der Feen (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis der Feen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Endres
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das Buch entnervt zu. Gut, dann würde sie eben zuerst die E-Mail an Taddy schreiben! Sie stemmte sich hoch und ging zum Schreibtisch, wo sie zunächst die Terrassentür öffnete. Nur einen Fingerbreit, um ein wenig frische Luft hereinzulassen, die das würzige Aroma des Torffeuers abmildern sollte.
    Bezaubert blickte sie in den Garten. Die Abenddämmerung hatte den Tag in eine graue Decke gehüllt, unter der er dem neuen Morgen sanft entgegenschlummerte. Im Hintergrund der Wald. In seinen dunklen Wipfeln schwebte, noch halb verborgen, weiß und geheimnisvoll, der Mond. Josie überrieselte ein seltsamer Schauer. Vollmond!
    Wolf, der ihr auf leisen Pfoten gefolgt war, hob den Kopf und stieß einen Laut aus. Einen gedehnten, inständigen Laut, der Josie durch und durch ging. Ein Heulen, das nicht klagte, sondern vielmehr wie ein Jubel klang. Ein Jubel, mit dem man etwas begrüßte, auf das man lange gewartet hat.
    Fröstelnd zog Josie die Vorhänge wieder zu. Wolfs kluge dunkle Bernsteinaugen blickten zu ihr hoch. Und sie konnte sich des befremdenden Gefühls nicht erwehren, er lächle.
    Als könne sie die beängstigende Ahnung, die ihr schon den ganzen Abend wie ein lästiger Käfer im Nacken saß, damit loswerden, schüttelte sie sich unwillkürlich. Dann schaltete sie den Computer ein.
    Taddy hatte erst gestern wieder angerufen, leider war Josie nicht da gewesen, und durch die Zeitverschiebung hatte sie ihn auch noch nicht zurückrufen können. Ihr Vater war über Amys Verschwinden, und darüber, dass Edna noch immer nicht aufgetaucht war, mehr als beunruhigt, denn er machte sich große Sorgen, dass auch Josie etwas zustoßen könnte.
    Sie überlegte eine ganze Weile, was sie ihrem Vater an Informationen zumuten konnte, ohne dass er sie für völlig übergeschnappt halten musste, und entschied sich dann, ihm zu schreiben, dass Amy mittlerweile über ein Foto in der Zeitung gesucht wurde. Ansonsten berichtete sie noch von Arthur und der Digitalisierung von O’Reardons Bibliothek.
    Sie hatte die E-Mail eben weggeschickt, als es läutete. Josie zuckte zusammen. Wer kam denn um diese Zeit noch nach Springwood Manor? Wolf trottete schnurstracks zur Tür. Josie pfiff ihn leise zurück. Unschlüssig, was sie tun sollte, blieb sie angespannt sitzen und horchte, ob sich das Klingeln wiederholen würde. Es dauerte nicht lang, und der altmodische Glockenton erklang erneut. Hatten Moma und der Professor den Schlüssel vergessen? Aber für ihre Rückkehr war es definitiv zu früh! Zögernd erhob sie sich, öffnete leise die Bibliothekstür und schlich auf Zehenspitzen in die Diele. Vorsichtig spähte sie aus dem kleinen Fenster neben der Außentür. Das Außenlicht brannte, sodass sie den Eingangsbereich genau überschauen konnte. Aber da war niemand. Eigenartig. Wolf stand schnuppernd neben ihr, schien aber nicht beunruhigt. Vielleicht war die Klingel ja von allein losgegangen. Momas alte Türanlage hatte auch manchmal einfach so geläutet – irgendetwas mit Überspannung.
    »Was meinst du?«, fragte sie den großen Hund.
    Wolf wedelte schwach mit dem Schwanz und zockelte zurück in die Bibliothek. Die Gelassenheit ihres vierbeinigen Begleiters beruhigte Josie etwas. Sie ging in die Küche, um sich ein Glas Wasser zu holen. Als sie eben den Kühlschrank schloss, huschte am Küchenfenster ein Schatten vorüber. Hatte vielleicht jemand beobachtet, wie Moma und der Professor weggefahren waren? Und hatte derjenige durch Klingeln nur ausprobieren wollen, ob jemand daheim war? Ihr Herz raste im Takt galoppierender Pferdehufe. Verdammt! Die Terrassentür stand noch offen! Mit einem verzweifelten Griff schnappte sie sich aus der Spüle Maudes großes Fleischmesser und schlich zurück in die Bibliothek. Vielleicht schaffte sie es, die Terrassentür zu schließen, ehe der Einbrecher bemerkte, dass sie nur angelehnt war.
    »Wolf!«, zischte sie. Der große Hund, der es sich eben wieder vor dem Kamin gemütlich machen wollte, trottete gemächlich zu ihr hin. »Ein schöner Wachhund bist du«, flüsterte Josie vorwurfsvoll. »Komm!«
    Sie hatte erst wenige bange Schritte zurückgelegt, als sich der schwere rote Vorhang bewegte. Kreidebleich blieb sie stehen. Dann zeichnete sich die Kontur eines Körpers ab. Verdammt, da drang jemand ein! Josie stand da wie aus Erz gegossen. Verdammt! Wenn sie das Messer benutzen wollte, musste sie es jetzt tun. Wie fremdgesteuert ging sie vorwärts, holte aus – und ließ mit einem Wutschrei den Arm

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