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Das Vermächtnis der Feen (German Edition)

Das Vermächtnis der Feen (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis der Feen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Endres
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wohlbekannt. Doch gieren sie nach unsrem Land. Uns fällt die Decke auf die Mützen. Wie sollen wir uns anders schützen, als mit dem tödlich bösen Blick, mit einem magisch faulen Trick?«
    Josie stockte der Atem. Es waren also tatsächlich die Sidhe gewesen, die die Unfälle auf der Baustelle verursacht hatten.
    Kaum hatte der Zwerg ausgesprochen, prasselte es von allen Rängen Wortmeldungen. Beschwerde reihte sich an Beschwerde. Straßen wurden durch Sidhegebiet gebaut, durch eine von Kobolden bewohnte Höhle hatte man einen Tunnel geschlagen. Aber auch da, wo die Kultstätten bewahrt wurden wie in New Grange, geschah das auf eine Weise, mit der man die Ruhe der Anderweltbewohner empfindlich störte. Es hagelte bittere Klagen über die vielen Touristen, den Lärm, den Müll, das Getrappel Tausender von Füßen. Josie senkte den Blick. Sie persönlich war an all dem zwar völlig schuldlos, dennoch schämte sie sich für ihre Artgenossen.
    »Nun lasst mich auch mal etwas sagen«, meldete sich ein bärtiger Zwerg, dem eine so große Kartoffelnase im Gesicht saß, dass er kaum darübersehen konnte. »Man muss sich doch auch einmal fragen, warum das alles kann gescheh’n. Es sind vorbei die alten Tage, da Barden durch die Dörfer geh’n und von der Anderwelt berichten. Doch das Vergessen der Geschichten …« Er hielt inne, da Seufzen durch die Reihen wogte, und fuhr dann unglücklich fort: »wird uns bald ganz und gar vernichten.«
    Nun erhob sich eine der schönen Sidhoir. Ihre helle Stimme klang bedrückt und melancholisch. »Die Menschen sind nicht mehr geübt in der Magie der Illusion, sich eine Vorstellung zu machen von nie gesehnen Wundersachen. Es herrscht ein rüder, trister Ton. Das Böse scheint mit Macht zu walten in vielen der verarmten Seelen. Es scheint sie gut zu unterhalten, zu sehen, wie sich andre quälen. Des schwarzen Fürsten Kraft nimmt zu. Sein Heer wächst an und gibt nicht Ruh, eh hier das letzte Licht verglommen – eh uns das Dasein ist genommen.«
    Als sie sich wieder setzte, herrschte gedankenvolles Schweigen. Auch Josie dachte über die Worte der schönen Rednerin nach. Es stimmte leider. Wer las heute eigentlich noch Märchen? Und wer glaubte heute noch an Feen oder Magie? Und auch das stimmte: Viel zu häufig dienten Horrorgeschichten zur Unterhaltung, selbst in der Fantasy-Literatur gab es immer mehr Blut und Tod.
    Die Königin hörte allen Rednern aufmerksam zu, griff ab und zu schlichtend ein oder machte eine beipflichtende Bemerkung. Als der Letzte gesprochen hatte, blickte sie in die Runde. »Will jemand nun noch etwas sagen, gibt es noch weit’re wicht’ge Fragen?«
    Ein kleiner Kerl mit schief sitzendem Zylinder stand auf. Josie erkannte ihn sofort. Es war MoDain, der mit wichtiger Miene um sich sah. »Ich möchte auch noch etwas sagen. Auch ich hab etwas zu beklagen. Die Schepsel werden immer schlimmer, sie gönnen mir den Weinbrand nimmer. Als ich mir einen zwitschern wollt’ in meinem Keller unten, hat das Gesindel Achillea um jeden Flaschenhals gebunden.«
    Für einen Moment lockerte sich die Stimmung im Saal. Einige Sidhe gaben spöttische Zwischenrufe ab, andere lachten, wieder andere schüttelten über so viel Unverstand die Köpfe. Josie konnte sich kaum ein Grinsen verbeißen. Doch jemand anderes fand MoDains Auftritt gar nicht lustig.
    Rosalinde sprang wie eine Furie auf. »Wir haben wirklich andern Kummer, du Trunkenbold, du Tropf, du dummer!«
    MoDain verkrümelte sich, vor sich hin grummelnd, wieder auf seinen Sitz.
    Die Königin sorgte mit einer beschwichtigenden Handbewegung für Ruhe. »Uns drücken andre Sorgen – in der Tat. Wir bitten nun Myrddin, den Magier, um seinen weisen hilfreich Rat.«

 
    Myrddin trat vor.
    Augenblicklich herrschte andächtige Stille. Das weiße Haar, das in Zöpfe geflochten über seine Schultern hing, sowie die tiefen Kerben in seinem gleichmäßigen Gesicht schienen nur eine Maske zu sein, hinter der sich ein junger Mann verbarg. Die Amsel saß noch immer auf seiner Schulter und Josie war jetzt überzeugt, dass es Druid Dubh war, denn sie hatte den Brustfleck entdeckt.
    Der Magier verneigte sich. Dann breitete er die Arme aus und schloss die Augen wie zu einem stummen Gebet.
    »Narrandas Völker!«, hob er an. »Unsere Mittel sind am Ende. Wir brauchen menschlich helfend Hände, denn in der rauen Welt der Dinge hat nichts Bestand aus Geisterhand. Es sind die Mythen, die uns tragen. Doch leben sie vom Weitersagen.«
    So

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