Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Vermächtnis der Feen (German Edition)

Das Vermächtnis der Feen (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis der Feen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Endres
Vom Netzwerk:
Gold’ne Land verfinstern. Und denk nur an die Bibliothek – der Verfall hat in jüngster Zeit dramatisch zugenommen.«
    »Der Verfall der Bücher?« Josie sah ihn mit großen Augen an. »Willst du damit sagen …«
    Wolf machte eine Kopfbewegung, die Josie als ein Nicken deutete. »Es ist nicht damit getan, die alten Überlieferungen aufzuschreiben. Sie müssen weitergegeben werden. Nur in den Herzen und Köpfen der Menschen bleiben sie lebendig. Sonst nützt auch ihre Aufzeichnung nichts, speisen sie sich doch allein aus menschlicher Imagination. Geschieht dies nicht mehr, vergehen sie. Auf Dearmadon zu Nebeln – und in der Bibliothek zerfallen die vergessenen Bücher zu Staub.«
    »Aber Wolf!« Josie blieb für einen Moment stehen. »Die Insel Dearmadon, Riamh Mhuir, das Niemalsmeer, der Drache! Das ist alles Anderwelt! Aber Springwood Manor ist real!«
    »Die Bibliothek der O’Reardons …« Wolf hielt kurz inne, um dann sehr betont weiterzusprechen. » Meine Bibliothek, darf ich wohl sagen – immerhin habe ich sie eingerichtet –, ist keine gewöhnliche Bibliothek. Durch den magischen Stein war sie von jeher mit der anderen Seite verbunden. Das dürfte dir wohl kaum entgangen sein.«
    Josie nickte. Das war also die Erklärung für den mysteriösen Zerfall der Bücher! Himmel, war das alles kompliziert! Und wieder drängte sich ihr die Frage auf, die sie von Anfang an beschäftigt hatte: Welche Rolle spielte sie bei all dem? Ob sie beim Großen Trusadh mehr erfahren würde?
    Druid Dubh marschierte sichtlich ungeduldig auf der weißen Freitreppe auf und ab, als seine Schützlinge endlich vor dem Palast erschienen. Noch während Josie und Wolf zwischen den beiden Drachen die Marmorstufen emporschritten, öffnete sich das Tor. Vorbei an den versteinert blickenden Wächtern betraten sie eine Halle mit ovalem Grundriss, deren kunstvolle, mit Rosenornamenten dekorierte Deckenkonstruktion auf weißen, rundherum angeordneten Marmorsäulen ruhte, zwischen denen wundervoll ornamentierte Türen abgingen. Josie blickte sich verzaubert um.
    »Hier entlang!« Der Vogelmann riss sie aus ihrer Bewunderung und steuerte auf die prächtigste und größte der Türen zu, die dem Hauptportal genau gegenüberlag.
    Mit nervösen Händen strich Josie ihr zerknittertes Kleid glatt, nestelte die Purpurschärpe zurecht, und kämmte sich mit gespreizten Fingern durch die Haare. Bestimmt sah sie nach der Exkursion von eben nicht gerade aus, wie es eine königliche Audienz verlangte. »Wie seh ich aus?«, zischte sie Wolf zu.
    Wolf schenkte ihr einen prüfenden Blick. »Wunderschön. Dein Erbe lässt sich nicht verleugnen.«
     
    Geräuschlos öffneten sich die Flügel der Tür, ohne dass jemand erkennbar Hand an sie legte. Josie trat zögernd einen Schritt vor und blieb fasziniert im Türbogen stehen.
    Ein weiträumiger, kreisrunder Saal tat sich vor ihr auf, der sich zu einer gewaltigen Gewölbedecke aufschwang, in deren Mitte, durch einen kunstreich geschliffenen Kristall von der Größe eines Mühlsteins, Licht fiel. Licht, das sich in Tausenden Facetten brach und den fensterlosen Raum mit der Farbenpracht des Regenbogens überschwemmte.
    Die beeindruckende Architektur und das herrliche Spiel der Farben waren schon überwältigend genug, doch die zahllosen Augenpaare, die die Eintretenden mit skeptischen Blicken empfingen, raubten Josie den Atem. Für einen Moment fürchtete sie umzukippen. Sie lehnte sich taumelnd an Wolf und fühlte am Druck seines sehnigen Körpers, dass auch er Halt suchte.
    Was immer sie erwartet hatte – die Szenerie übertraf ihre kühnsten Fantasien.
    In einem Halbrund zogen sich, ansteigend wie bei einem Hörsaal, Sitzreihen fast bist unter die Decke. Wie viele es waren, konnte Josie unmöglich ausmachen. Aber es waren sehr viele. Gegenüber an der einzigen freien Wand stand ein hochlehniger Sessel aus Marmor, dessen einzige Bequemlichkeit in einem purpurroten Samtkissen bestand. Josie war sich sicher, dass es sich um den Thron handelte.
    Ihre Augen wanderten zurück zur Tribüne. Sämtliche Plätze waren besetzt. Sie empfand es als äußerst unangenehm, die geballte Aufmerksamkeit auf sich zu spüren. Um jedoch keine Schwäche zu zeigen, erwiderte sie die unverhohlen neugierigen, teilweise sogar feindseligen Blicke so gleichmütig, wie es ihr nur möglich war.
    Das war also die Versammlung der Sidhe! Obwohl die kunterbunte Ansammlung skurriler Gestalten nichts mit den Parlamenten, die Josie kannte,

Weitere Kostenlose Bücher