Das Vermächtnis der Feuerelfen
schon sein, möchte ich meinen.«
»Könnte ich, will ich aber nicht«, knurrte Durin unwirsch. »Wärst du ein echter Freund, hättest du dich nicht feige verkrochen, sondern wärst mir zu Hilfe geeilt, als dieses Seeungeheuer aufgetaucht ist.«
»Es bestand zu keiner Zeit Grund zur Sorge«, schnatterte Saphrax und begann seelenruhig, sein Gefieder zu putzen.
»Kein Grund zur Sorge?«, brauste Durin auf. »Wir hätten alle tot sein können. Wie kannst du so etwas behaupten? Du warst doch gar nicht dabei.«
»Doch!«
»Wie?«
»Ich war dabei.«
»Ach ja? Und wo warst du, wenn ich fragen darf? Als Rochen sicher auf dem Meeresgrund? Als Ratte im Rumpf der Annaha oder als …?«
»Ich war der Mhorag.«
»Du … du warst was?« Fassungslos starrte Durin Saphrax an.
»Der Mhorag. Das Seeungeheuer.«
»Sag mal, bist du jetzt völlig verrückt geworden?« Durin schnappte nach Luft. »Was sollte das?«
»Anders hätte ich ihn nicht retten können.«
»Wen?«
»Na, den Jungen.«
»Den Jungen?« Durin fehlten die Worte. »Heißt das, du … du hast das nur getan, um diesen Heylon zu retten?«
»Nicht nur. Auch um die Matrosen ein wenig einzuschüchtern, damit sie ihn nicht gleich wieder über Bord werfen.« Saphrax blinzelte Durin zu. »Hat doch gut geklappt - oder?«
»Ich … ich …« Durin verstummte und vergewisserte sich rasch, dass niemand in der Nähe war. »Verdammt noch mal, nichts ist gut!«, zischte er wütend. »Dieser Kerl hat hier nichts zu suchen. Mein Auftrag lautete, das Mädchen zu holen - allein.« Er machte eine Pause, um Atem zu schöpfen, und fuhr dann fort: »Maeve wird ziemlich verärgert sein, wenn Caiwen mit ihm dort auftaucht. Sie wird mich dafür verantwortlich machen, dass er mitgekommen ist. Mich! Sag mal, verstehst du nicht, dass er uns nur Ärger machen wird? Er hätte auf dem Riff bleiben sollen oder meinetwegen auch ertrinken. Alles - nur nicht mit nach Arvid kommen.«
»Also ich fand ihn sehr nett.« Durins Wut schien Saphrax nicht zu beeindrucken.
»Nett?« Durin schlug sich mit der flachen Hand vor die Stirn. »Ist das alles? Du hast ihn gerettet, weil du ihn nett findest?«
»Ja.«
»Bei den Toren der Anderwelt!« Durin schüttelte den Kopf. »Ist
dir klar, dass du damit gegen meinen ausdrücklichen Wunsch gehandelt hast?«
»Ich bin dein Freund, nicht dein Sklave!« Saphrax senkte den Kopf, spreizte die Flügel leicht ab und öffnete drohend den Schnabel. »Du kannst mir nichts befehlen. Vergiss das nicht.«
»Trotzdem kannst du nicht so eigenmächtig handeln«, empörte sich Durin. »Nicht wenn es um meine Aufträge geht. Wie soll ich dir jemals wieder vertrauen, wenn du solche Sachen machst, Saphrax?«
»Ist doch nicht schlimm, jemandem das Leben zu retten«, konterte Saphrax selbstbewusst und fuhr dann etwas sanfter fort: »Schon gar nicht, wenn er so nett ist.«
»Ach vergiss es!« Durin gab auf. Mit Saphrax konnte man einfach nicht vernünftig reden.
»Hast du gespürt, wie ängstlich sie waren?«, fragte Saphrax nach einer Weile.
»Wer?«
»Na, die Matrosen im Boot. Die hatten richtig Angst vor mir.«
»Nicht nur die Matrosen«, knurrte Durin.
»Oh, das … das tut mir leid.« Saphrax neigte den Kopf leicht zur Seite. »Ich wollte dich nicht erschrecken.«
»Wie rührend.« Durin war noch viel zu wütend, um jetzt einzulenken.
»Das war ein wunderbares Gefühl«, schwärmte Saphrax weiter. »Eigentlich wollte ich den Jungen nur ins Boot legen und verschwinden, aber dann … dann musste ich das einfach noch kurz auskosten. Schade, dass es so schnell vorbei war.«
»Nun, immerhin hast du erreicht, was du wolltest. Dem netten Jungen geht es schon viel besser.«
»Das freut mich.« Saphrax plusterte sich auf. »Ich glaube, ich werde öfter mal die Gestalt eines Ungeheuers annehmen.«
»Tu, was du nicht lassen kannst.« Durin richtete sich auf und wandte sich zum Gehen. »Aber sag mir vorher Bescheid, damit
ich dir nicht irgendwann mal aus Versehen die Kehle durchschneide.«
Ohne sich noch einmal umzublicken, humpelte Durin über das Deck zur Treppe, die zur Kapitänskajüte hinunterführte. Der Kapitän hatte ihn gebeten, mit Caiwen und Melrem zu speisen. Der Gedanke an das kostbare Geschirr und die steifen Tischmanieren dämpfte seine Freude über die Einladung etwas, aber nach dem kargen Essen auf der Insel kam ihm ein opulentes Mahl gerade recht, und außerdem war er neugierig zu erfahren, was dort besprochen wurde.
»Du solltest sie allein
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