Das Vermächtnis der Kandari (German Edition)
sich in sein Bein, aber er fühlte den Schmerz nicht.
Nach und nach schwanden seine Kräfte. Sein Blick verschleierte sich und er nahm seine Umgebung nur noch verschwommen war. Er musste seine Barriere aufrechterhalten, das war sein einziger Gedanken, alles, was ihn noch bei Bewusstsein hielt. Langsam sank er auf die Knie herab. Schattenhafte Gestalten bewegten sich um ihn herum. Er blinzelte, aber er konnte nichts erkennen. Und dann wusste er nichts mehr.
Einige Zeit später, die Sonne stand inzwischen hoch am Himmel, erwachte Felicius. Er konnte sich nicht erinnern, was geschehen war. Alles, was er wahrnahm, war blendend helles Licht und der besorgte Klang leiser Stimmen. Er lag am Boden und jemand stützte seinen Kopf, aber er konnte nicht sagen, wie er dahin gekommen war. Langsam klärte sich sein Bewusstsein. Aus irgendeinem Grund konnte er kaum atmen und sein rechtes Bein schmerzte. Und er fühlte sich so schrecklich müde. Er schloss die Augen und ließ den Kopf zurücksinken …
Nur wenige Augenblicke später erwachte er erneut. Als er dieses Mal die Augen aufschlug, blickte er in Philipes Gesicht. Sorgenvoll sah dieser auf ihn herab, aber sobald er merkte, dass Felicius die Augen öffnete, wirkte er sichtlich erleichtert.
„Er wacht auf.“
Ein zweites Gesicht tauchte in seinem Gesichtsfeld auf. Zu seiner Überraschung erkannte Felicius Julius. Warum war es nur so kalt? Er hätte gern gewusst, wie er hier im Schnee gelandet war.
„Sollten wir ihn nicht von hier wegbringen?“, Julius’ Stimme zitterte, aber er bemühte sich, sachlich zu klingen.
„Nein.“ Warum klangen sie nur so besorgt? Philipe sah ihn jetzt scharf an: „Felicius! Hörst du mich?“
Er klang so drängend und ängstlich, dass Felicius sich mit einiger Mühe auf ihn konzentrierte und zu sprechen versuchte. Aber er brachte keinen Ton hervor. Stattdessen begann er zu husten und ein dünnes Rinnsal Blut rann von seinem Mundwinkel über sein Kinn herab und tropfte in den weißen Schnee.
„Versuche nicht, zu sprechen. Ein Pfeil steckt in deiner Lunge. Und ich kann ihn nicht herausziehen.“
Julius kniete sich neben ihn und fragte zaghaft: „Was soll jetzt passieren? Kannst du ihm nicht helfen, Philipe?“
„Nein. Ich kann ihn am Leben halten, doch heilen kann ich derartige Verletzungen nicht.“
„Dann müssen wir ihn nach Askana bringen.“
Felicius begriff nicht, worüber sie sprachen. Es fiel ihm schwer, einen klaren Gedanken zu fassen. Gedämpft fühlte er Kälte und Schmerz, aber es schien jede Bedeutung verloren zu haben. Jetzt sah er, wie Philipe den Kopf schüttelte.
„Das hat keinen Sinn“, verzweifelt sah er von Julius zu Felicius, „warum mussten sie gerade ihn angreifen? Felicius ist der Einzige von uns mit Heilfähigkeiten. Und menschliche Hilfe nützt hier nicht mehr.“
Er stützte den Kopf in die Hände und dachte einen Augenblick lang nach.
„Ich werde ihn nach Magiara bringen. Vielleicht kann Larenia ihn retten.“
Felicius konnte ihrem Gespräch nicht länger folgen. Er war so unglaublich müde. Alles, was er wollte, war schlafen. Er schloss die Augen und einen Augenblick später versank sein Denken in Dunkelheit.
Es war ein Fünftagesritt bis Magiara, doch Philipe wollte die Strecke in drei Tagen zurücklegen. Er wusste, dass das Leben seines Freundes davon abhing. So ritt er Tag und Nacht, bis sein Pferd vor Müdigkeit stolperte. Dann hielt er für kurze Zeit an, nur um so schnell wie möglich weiterzueilen. Für Felicius konnte er nicht viel tun. Ausgeprägte Heilfähigkeiten waren selten bei den Kandari, obwohl, das behaupteten zumindest die Bewahrer, das lange Leben seines Volkes durch natürliche Regenerationsfähigkeiten zustande kam. Einige erlernten eine gewisse Kontrolle über diese Gabe und konnten so ihre eigenen Wunden und Krankheiten heilen. Aber wenige besaßen so ausgeprägte Kräfte, dass sie anderen helfen konnten, wie es Felicius tat. Larenia konnte es ebenfalls, das vermutete und hoffte Philipe jedenfalls.
So hastete er vorwärts. Felicius’ Zustand verschlechterte sich. Am Abend des zweiten Tages verlor er das Bewusstsein und erwachte nicht mehr. Aber Philipe konnte ihm nicht anders helfen, als noch schneller zu reiten.
Am Abend des fünfzehnten Tages des Monats, des dritten seit dem Angriff, erreichte Philipe Magiara. Inzwischen war er selber erschöpft und einem Zusammenbruch nahe, als er vor der Treppe des Zauberturms vom Pferd sprang und Felicius zu Boden gleiten
Weitere Kostenlose Bücher