Das Vermächtnis der Kandari (German Edition)
Druide, den François und Larenia in Navalia getroffen haben, oder?“
„Ja, das war er. Wir trafen ihn ein Stück vor der Stadt“, Arthenius’ Blick wurde hart, „Larenia hat ihn getötet.“
„Na und? Was hätte sie deiner Meinung nach tun sollen?“
„Es geht nicht um das, was sie getan hat, sondern darum, wie sie es tat“, Verzweiflung und Schmerz kehrten schlagartig zurück und widerspiegelten sich allzu deutlich in Arthenius’ Gesicht, „sie hat ihn gedemütigt, gequält … Und sie hat es offensichtlich genossen“, er stützte den Kopf in die Hände und schloss die Augen, „du hast es nicht gesehen. Den Triumph in ihren Augen und die Gleichgültigkeit, nachdem sie den Druiden umgebracht hatte.“
„Du wusstest, dass sie dazu fähig ist“, bemerkte Felicius vorsichtig, „du hast gesehen, wie Larenia die Druiden in Arida getötet hat.“
„Das war anders“, dieses Mal schrie er fast, „damals hatte sie keine andere Wahl. Sie hat getan, was nötig war, um Anoria zu beschützen, und sie hat sehr darunter gelitten. Du hast es selbst gesehen, Felicius. Es war ihr nicht gleichgültig. Dieses Mal jedoch hätte sie sich anders entscheiden können.“
„Vielleicht hat sie die Kontrolle verloren. Das wäre nicht das erste Mal gewesen“, argumentierte der Heiler ruhig und vernünftig, doch Arthenius schüttelte entschieden den Kopf.
„Glaubst du, daran hätte ich nicht auch schon gedacht? Ich hätte jede Erklärung akzeptiert, jede, egal wie unglaubwürdig sie geklungen hätte. Aber so war es nicht“, zitternd holte er Luft, „alles, was ich in ihr gesehen habe, was ich an ihr geliebt habe, fällt in sich zusammen. Sie wollte, dass ich es sehe. Sie wollte mich verletzen, egal auf welche Weise. Und das ist ihr auch mit tödlicher Präzision gelungen“, erschöpft lehnte er den Kopf an die Wand, „es tut so unglaublich weh. Warum hat sie das getan? Warum!?“
Felicius seufzte lautlos, ohne zu antworten. Das war es, was er in den Jahrhunderten, die er Larenia und Arthenius beobachtet hatte, befürchtet hatte. Sie hatten sich so eng aneinander gebunden, dass der eine das Leben ohne den anderen kaum noch ertragen konnte. Arthenius jedenfalls würde es nicht können. Was Larenia betraf, so war sich Felicius nicht sicher. Er wusste nicht, was sie plante. Vielleicht hätte er Larenias Motive erraten können, doch er hatte kein Recht dazu, sich einzumischen. So blieb er still neben seinem Bruder sitzen. Auch Arthenius sprach kein Wort mehr. Langsam begann das rötliche Fackellicht zu erlöschen und schließlich rollte sich Felicius gähnend auf der Bank zusammen und schlief ein. Arthenius jedoch saß noch lange schweigend in der Dunkelheit. Endlich aber schien er eine Entscheidung getroffen zu haben. Lautlos stand er auf. Er warf noch einen letzten Blick auf seinen Bruder, der sich in diesem Moment im Schlaf bewegte, allerdings ohne aufzuwachen, bevor er den Thronsaal mit schnellen Schritten verließ.
Nachdem Philipus den Thronsaal verlassen hatte, ging er zielstrebig und vollkommen lautlos durch die Gänge der Burg in Richtung Innenhof. Beiläufig nahm er eine Fackel aus einer der Halterungen an der Wand, bevor er in die Nacht hinaustrat.
Es war eine bewölkte Neumondnacht und die Finsternis war selbst für die Augen eines Kandari undurchdringlich. Philipus verlangsamte seine Schritte und hob die Fackel, die er in der rechten Hand hielt. Im flackernden Licht der Flamme konnte er den kleinen, an jeder Seite von hohen Mauern begrenzten Hof gut überblicken, dennoch dachte er einen Moment lang, Philipe habe sich geirrt. Dann aber sah er Larenia, die bewegungslos und zusammengesunken auf einer Bank in der hintersten Ecke des menschenleeren Hofes saß. Obwohl Philipus’ Schritte auf dem Pflaster widerhallten, als er auf sie zuging, sah sie nicht auf. Auch als er die Fackel an der Wand hinter ihr befestigte und sich neben sie setzte, reagierte sie nicht. Lange Zeit saßen sie so da. Larenia hatte den Kopf in die Hände gestützt und lautloses Schluchzen schüttelte ihren Körper. In all den Jahrhunderten hatte Philipus Larenia nie weinen sehen. Es erschütterte ihn, sie jetzt so zu erleben. Er hatte sich an ihre reservierte, überlegen wirkende Haltung gewöhnt, er erwartete sie geradezu. Es war so leicht, sich von dieser Fassade täuschen zu lassen.
Schließlich seufzte er leise: „Ach, Lari.“
Langsam ließ sie die Hände sinken und wandte ihm ihr Gesicht zu. In ihren blauen Augen
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