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Das Vermächtnis der Kandari (German Edition)

Das Vermächtnis der Kandari (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis der Kandari (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Tracy Schoch
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Ende des Krieges ist. Im Gegenteil. Alles, was bisher geschah, war nichts als ein vorsichtiger Schlagabtausch. Nun jedoch haben alle ihre Positionen eingenommen. Der nächste Schlag der Brochonier wird hart, gnadenlos und vernichtend sein.“
    Larenia wechselte einen kurzen Blick mit Arthenius, dann stand sie auf und trat leise hinter Felicius: „Ich weiß. Aber was soll ich tun? Telepathie und Empathie sind für mich natürlicher als Sehen oder Hören. Ohne diese Fähigkeiten fühle ich mich blind und taub. Wenn ich meine Kräfte nicht benutze, verschwimmt die Welt für mich hinter einem grauen Nebel, benutze ich sie, verliere ich die Kontrolle.“
    Felicius drehte sich um und sah auf Larenia herab. Ein sanftes Lächeln, das auf alten Erinnerungen beruhte, umspielte seine Lippen.
    „Du kannst es, das weiß ich. Ich vertraue dir und ich habe immer an dich geglaubt. Warum sonst wäre ich dir bis nach Anoria gefolgt?“
    Mit einem letzten Lächeln und einem kurzen Nicken in Arthenius’ Richtung verabschiedete er sich.
     
    Nachdem Felicius gegangen war, stand Larenia lange Zeit nachdenklich und zweifelnd da. Erst als Arthenius sie ansprach, fand sie zurück in die Gegenwart.
    „Larenia? Ist alles in Ordnung?“
    Sie sah auf und begegnete Arthenius’ warmem Blick.
    „Sie setzen alle so viel Vertrauen in mich. Ich möchte sie nicht enttäuschen.“
    Hilflos und unstet wanderte ihr Blick durch das Zimmer. Jahrelange Gewohnheit machte es ihr beinahe unmöglich über ihre Gedanken und Sorgen zu sprechen. Nachdem ihr Vertrauen in ihren Vater, in die Bewahrer, letztendlich ihr Glaube an das Gute in jedem Einzelnen missbraucht und ausgenutzt worden war, fiel es ihr schwer, überhaupt wieder zu vertrauen. Sie wollte nicht verletzt werden. Schließlich drehte sie sich um und blickte aus dem Fenster über die nächtliche Hochebene von Magiara.
    „Was soll ich nur tun?“, flüsterte sie leise und verzweifelt, mehr an sich als an Arthenius gewandt. „Ich kann ihre Erwartungen niemals erfüllen. Ich kann diesen Krieg nicht mit einer Handbewegung, einem Gedanken beenden. Ich habe nicht die Kraft dazu. Und auch nicht das Recht. Wie könnte ich entscheiden, wer leben und sterben wird? Ich kann es nicht. Ich kann es einfach nicht“, sie schloss die Augen und lehnte den Kopf an das kalte Glas der Fensterscheibe, „aber mir bleibt keine Wahl. Ich habe geschworen, meinem Volk zu dienen. Es war meine eigene Entscheidung, die Verantwortung für die Menschen von Anoria zu übernehmen. Ich kann nicht meine Freunde ihrem Schicksal überlassen. Es ist meine Pflicht, auch wenn ich dabei die Welt vernichte.“
    Sie wandte sich wieder um. In ihrem Gesichtsausdruck widerspiegelte sich der Widerspruch zwischen Verpflichtung und Zweifel und dahinter lag so viel Angst, Schmerz und beginnende Resignation, dass Arthenius erschrak: „Nein, ich kann es nicht.“
    „Du darfst nie vergessen, dass auch die Brochonier unglaubliche Macht haben. Und sie haben weniger Skrupel, ihre Kräfte einzusetzen.“
    „Aber wenn wir auf Gewalt mit Gewalt reagieren und auf jeden Angriff ein Gegenschlag folgt, wird es bald nichts mehr geben, wofür es sich zu kämpfen lohnt.“
    Arthenius bemerkte, dass sie versuchte, seine Gedanken und Gefühle nicht wahrzunehmen. Trotz allem gelang es ihr nicht ganz.
    „Noch haben wir die Wahl, der Mittel und auch darin, was wir bereit sind zu opfern, ein paar Leben oder ein Ideal: Freiheit, Gleichheit, das Recht auf Streben nach Glück, Toleranz.“
    „Wenn es nur um mein Leben ginge, gäbe es für mich keine Wahl“, Larenia wich Arthenius’ schmerzerfülltem Blick aus, „aber was bleibt uns ohne Ideale? Bloße Existenz ist manchmal nicht genug.“
    „Und du hast dein ganzes Leben diesen Idealen und der Gesellschaft gewidmet. Darum hast du dich an dem Aufstand beteiligt, darum bist du nach Anoria gegangen und darum quälst du dich jetzt mit Fragen, auf die es keine Antwort gibt. Wenn du deine Rolle als Gildeherrin hinter dir lassen würdest und nicht mehr Larenia von Hamada wärst, was bliebe dann von deiner Persönlichkeit übrig?“
    „Ich hatte keine andere Möglichkeit …“
    „Die hattest du, aber für dich gab es keine Alternative.“
    Einen Augenblick lang starrte Larenia Arthenius aus flammenden Augen an, dann senkte sie den Blick: „Aber was soll ich jetzt tun?“
    „Wir werden kämpfen, solange wir können. Doch irgendwann werden wir vor der Wahl stehen, aufzugeben oder das Risiko einzugehen. Ich weiß,

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