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Das Vermächtnis der Montignacs

Das Vermächtnis der Montignacs

Titel: Das Vermächtnis der Montignacs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Boyne
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gefolgt, aber ich glaube, ich war noch nicht angekleidet. Heute bin ich froh, dass ich ihm nicht nachgeeilt bin.«
    Raymond rutschte ein wenig tiefer. Ihm war kalt, und er wünschte, Stella würde sich zu ihm legen, sodass er sie in den Armen halten konnte, während sie die Geschichte erzählte. Aber sie sah ihn nicht einmal an und schien kaum noch zu wissen, dass er da war.
    Â»Hinterher habe ich nicht weiter darüber nachgedacht«, fuhr Stella fort. »Ich weiß noch, dass ich ein Bad genommen und mich angekleidet habe. Auf dem Weg nach unten traf ich auf Margaret, unsere alte Kinderfrau, die mir vorhielt, dass ich zu viel Zeit im Bett verbringe, und erklärte, in meinem Alter habe sie nie länger als bis acht Uhr morgens schlafen dürfen – was man halt so sagt. Nur wollte ich es mir an dem Tag nicht anhören, und es kam zu einem Streit, den wir aber nur halbherzig führten. Margaret dachte immer, sie müsse die Rolle meiner Mutter spielen, obwohl sie wusste, dass ich nie über die Stränge schlagen würde. Und ich hatte sie viel zu gern, um richtig wütend auf sie zu werden. Trotzdem ging es hin und her, bis plötzlich die Eingangstür aufflog, und Owen ins Haus stürzte. Sein Gesicht war leichenblass, und die Haare standen ihm zu Berg …« Stella hielt inne, dachte an diesen Moment des Grauens zurück und spürte, dass ihre Kehle eng wurde. Dann sprach sie weiter. »Auf seiner Jacke war Blut. Viel Blut. Es wirkte fast schon lächerlich, Raymond, als hätte er einen Eimer voll roter Farbe über sich gekippt. Margaret und ich waren verstummt und starrten ihn mit offenem Mund an.
    â€ºWas ist denn mit dir passiert‹? fragte Margaret, und ich weiß noch, dass ich spürte, wie mir das Blut aus den Adern wich. Zuerst dachte ich, er hätte einen Unfall gehabt und es wäre sein Blut, aber dann dachte ich, wenn er so viel Blut verloren hat, müsste er Schmerzen haben und zusammenbrechen und nicht vor uns stehen – denn das machte ja keinen Sinn.
    â€ºEs geht um Andrew‹, sagte er. ›Er ist verletzt.‹
    Wahrscheinlich haben er und Margaret noch mehr Worte gewechselt, aber daran erinnere ich mich nicht mehr. Ich weiß nur noch, dass ich irgendwann auf der Treppe saß und mich am Geländer festhielt und Margaret ans Telefon stürzte, um einen Arzt zu rufen, und anschließend aus dem Haus rannte, um nach Andrew zu sehen.«
    Stella brach in höhnisches Gelächter aus und schüttelte den Kopf. Raymond sah sie verblüfft an. Für ihn war es so eine Tragödie, dass ihm Tränen in den Augen brannten.
    Â»Stell dir vor, was sie getan hat, bevor sie losrannte? Du wirst es nicht glauben.«
    Â»Was?«
    Â»Sie hat den Erste-Hilfe-Kasten aus der Küche geholt. Du weißt schon, ein Kistchen mit Heftpflaster und einem Fläschchen Jod. Damit ist sie in den Wald gelaufen, auf der Suche nach meinem Bruder, als hätte ihm irgendetwas davon noch helfen können. Da hatte er so viel Blut verloren, und sie dachte, ein paar Heftpflaster würden ihn retten.«
    Â»Wenn so etwas passiert, werden die Menschen rasch kopflos«, warf Raymond ein. »Ich erinnere mich an meinen Cousin Charlie, dessen Blinddarm eines Nachmittags durchgebrochen ist und –«
    Â»Es war das Gewehr«, sagte Stella leise und überging die Geschichte von Raymonds Cousin Charlie. »An dem Tag hatte er es zum ersten Mal benutzt und den Umgang mit ihm noch nicht gelernt. Das war typisch Andrew. Ungestüm bis ans Ende. Hielt nie inne, um nachzudenken. Platzte in Zimmer hinein, ohne anzuklopfen, sprach ohne Überlegung, und statt sich eine Stunde lang hinzusetzen, das Gewehr zu studieren und sich daran zu gewöhnen, lud er es einfach und zielte auf das erste Kaninchen, das ihm über den Weg gelaufen war. Und dann ist die Kugel im Lauf stecken geblieben und explodiert. Die Metallteile trafen ihn mitten ins Gesicht.«
    Raymond zuckte zusammen.
    Â»Man konnte sein Gesicht kaum noch erkennen«, erklärte Stella ruhig. »Obwohl ich ihn natürlich nicht gesehen habe. Owen hat es mir erzählt. Es war entsetzlich.« Wieder hielt sie inne und dachte nach, ehe sie sich für ihr Schlusswort entschied. »Es war der Beginn der schlimmsten Zeit meines Lebens. Hinterher dachte ich, wenn ich das ausgehalten habe, dann kann ich alles aushalten. Und so war es auch.«
    Sie stellte ihr Glas ab und

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