Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Vermächtnis der Montignacs

Das Vermächtnis der Montignacs

Titel: Das Vermächtnis der Montignacs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Boyne
Vom Netzwerk:
höflich und sprachen leise, was im Widerspruch zu ihrem mächtigen Körper stand. Sie plauderten über Fußballergebnisse oder Zigarettenpreise, während sie einen zu einem verlassenen Stück Brachland außerhalb Londons schafften und die Arme auskugelten; sie schnitten einem ein Ohr ab und reichten einem dann ein Taschentuch, um den Blutstrom zu stillen. All das war für sie bedeutungslos, nur ein Weg zu ihrem Lohn, mit dem sie Frauen kaufen und Schulden bezahlen konnten. Wie enttäuscht musste der hier gewesen sein, als er erfuhr, der junge Mann mit dem weißen Haar würde eine zweite Chance bekommen . Vier Wochen hat er, um die ersten zehntausend aufzutreiben , hatte Delfy vermutlich gesagt. Wenn nicht, gehört er dir.
    Aus dem Spielkasino zu seiner Rechten hörte Montignac die Geräusche der Beteiligten: die aufgeregten Stimmen der Spieler, die knappen Ansagen der Croupiers, die mit ihren Rechen die Jetons auf dem Filzbelag zusammenharkten und verteilten, während sie die Spieler taxierten, die Runde um Runde verloren und dennoch versuchten, vor ihren Freunden gleichmütig zu tun, als hätten sie endlos sprudelnde Geldquellen zur Verfügung. Wie Montignac wusste, wirkte niemand selbstzufriedener als der Mann, der gerade sein letztes Hemd verlor, obwohl sich demjenigen dabei der Magen umdrehte und er sich selbst hasste, weil er immer und immer wiederkam und doch die ganze Zeit wusste, dass die Hoffnung, zu gewinnen, aussichtslos war. Eigentlich könnten sie alle eine Menge Zeit sparen, dachte Montignac, wenn sie beim Betreten des Clubs eine Tasche voller Geld abgäben, kehrtmachten und wieder nach Hause führen. Dann könnte man auf die Croupiers als Mittelsmänner verzichten. Gewinner gab es nicht, das hatte er am eigenen Leib erfahren. Selbst diejenigen, die an einem Abend Glück hatten, kehrten am nächsten zurück, um das, was sie gestern eingenommen hatten – und noch mehr –, wieder zu verspielen. Nur das Haus gewann immer; deshalb machten Männer wie Nicholas Delfy ein gutes Geschäft.
    Im Grunde, erkannte Montignac, hatte er nur zwei Alternativen: kämpfen oder untergehen.
    Plötzlich hatte er einen Moment der Klarheit, seine Anspannung und die Furcht um sein Leben lösten sich auf, und er fragte sich, wie er sich Depressionen gestatten konnte? Wenn er so weitermachte, würde er das Geld nie auftreiben und nie in der Lage sein, seine Haut zu retten. Er war schließlich Owen Montignac und hatte in seinem Leben schon ganz andere Probleme in Angriff genommen. Er dachte an seine Vergangenheit, seine Eltern, an Andrew, Stella und seinen Onkel Peter und hielt sich vor Augen, was sie ihm angetan, was sie versucht hatten, ihm anzutun, und wie er darauf reagiert hatte. Dann sah er sich hier allein an der Bar sitzen, einen Mann, in sein Glas Whisky starrte. Das war nicht der Mann, zu dem er geboren war. Er war besser als das.
    Er stand auf, leerte sein Glas und war schon im Begriff zu gehen, als eine Hand seinen Arm packte. Er fuhr herum, voller Panik, Delfy könnte seine Meinung geändert haben und auf sofortige Begleichung der Schulden bestehen. Doch vor ihm stand weder Delfy noch einer seiner Schläger, sondern sein ältester Freund Alexander Keys, der ihn mit breitem Lächeln ansah.
    Â»Owen«, sagte er, »ich dachte, du hättest diesem Ort für immer und ewig abgeschworen.«

9
    Vor fünf Wochen, wenige Tage vor dem Tod seines Onkels, hatte Montignac seinem Freund beim Verlassen des Clubs geschworen, das Spielen ein für allemal aufzugeben. An Orten wie den Ballrooms habe er mittlerweile genügend Zeit vergeudet, sagte er lachend und gab vor, im Lauf des Abends dreißig oder vierzig Pfund verloren zu haben, obwohl es in Wahrheit um eine zwölfhundert mal so hohe Summe ging. Aber das hatte er Alexander nicht anvertrauen können, denn wenn man so gut wie bankrott war, musste man seine finanzielle Not vor anderen verbergen. Das war der Trick, wollte man weiterhin als liquide gelten. Darüber hinaus musste man gerade dann, wenn man es sich am wenigsten leisten konnte, seinen Freunden gegenüber großzügig bleiben. An jenem Abend bestand Montignac darauf, Alexander in ein teures Restaurant auszuführen und zum Dinner einzuladen.
    Â»Alexander«, sagte Owen überrascht und nicht ganz glücklich über die Begegnung, »was tust du hier?«
    Â»Ich bin mit ein paar Freunden

Weitere Kostenlose Bücher