Das Vermächtnis der Montignacs
wer sind Sie?«, fragte die Stimme.
»Gareth Bentley«, erwiderte er und beschloss, keine weiteren Fragen mehr zu beantworten. »Mit wem wollten Sie denn sprechen?«
»Oh, Gareth, gut â Sie wollte ich sprechen. Hier ist Quentin Lawrence. Ihr Vater hat Ihnen sicherlich gesagt, dass ich mich bei Ihnen melde.«
»Quentin Lawrence«, sagte Gareth vor sich hin und versuchte, sich zu erinnern, woher er den Namen kannte. Irgendwo war er schon einmal darüber gestolpert.
»Ich wollte mit Ihnen über den kommenden Montag sprechen«, fuhr Lawrence fort. »Es geht um eine Anklage wegen Betrugs, oben in Newcastle, was bedeutet, dass wir schon am Sonntagabend den Zug nehmen müssen. Sie werden während der Verhandlung mitschreiben, aber ebenso müssten sie sich um das Gepäck und die Fahrkarten kümmern. Könnten Sie vielleicht am Sonntagnachmittag bei mir vorbeikommen, sagen wir, so gegen vier Uhr? Ich gebe zu, es ist ein bisschen ein Sprung ins kalte Wasser, aber der hat ja noch nie jemandem geschadet.«
Gareth hörte zu, hatte jedoch keine Ahnung, wovon dieser Mann sprach. »Tut mir leid«, sagte er. »Ich fürchte, Sie sind falsch verbunden.«
»Unsinn«, erwiderte Lawrence. »Sie sind doch Rodericks Sohn, oder nicht?«
»Doch, aber â«
»Oder haben Sie noch einen Bruder?«
»Nein.«
»Dann sind Sie auch der Richtige. Sie sind mein neuer Referendar und hören jetzt bitte auf, herumzufackeln. Ich möchte nur sicherstellen, dass â¦Â«
Während Lawrence weiter über Fahrpläne und Vier-Sterne-Hotels redete, erinnerte Gareth sich wieder, wo ihm der Name schon einmal begegnet war. Seine Mutter hatte ihn am Morgen erwähnt, als sie versucht hatte, ihn aus dem Bett zu locken. Lawrence war der Mann, der in der Kanzlei sein Mentor werden sollte. Für ein, zwei Sekunden entwickelte er eine ganz neue Art Respekt vor seinem Vater, der es geschafft hatte, seinen Plan umzusetzen, ohne ihn, Gareth, nach seiner Meinung zu fragen. Was für ein Glück, dass er spätabends noch in den Unicorn Ballrooms gewesen war und Alexanders Freund getroffen hatte, denn sonst hätte er jetzt keine andere Wahl, als sich zu fügen.
»Es tut mir leid, Mr Lawrence«, begann er, wurde jedoch umgehend unterbrochen.
»Sir Quentin, bitte«, korrigierte der Mann ihn mit hörbarem Stolz.
»Es tut mir leid, Sir Quentin«, setzte Gareth noch einmal an, »aber ich glaube, da liegt ein Missverständnis vor.«
»Ein Missverständnis?«, fragte Sir Quentin unwirsch. »Das wäre mir aber neu. Ihr Vater hat mich um einen persönlichen Gefallen gebeten, um Sie â«
»Das ist mir durchaus bewusst, Sir Quentin. Nur wusste mein Vater da noch nicht, dass ich in der Zwischenzeit eine andere Stelle gefunden habe.«
Beleidigtes Schweigen am anderen Ende. »Wollen Sie etwa in eine andere Kanzlei eintreten?«, fragte Sir Quentin so entgeistert, als hätte Gareth gerade verkündet, bei der nächsten Wahl für die Labourpartei zu stimmen.
»Nein, keine andere Kanzlei. Es geht um eine völlig andere Laufbahn.«
»Eine Laufbahn auÃerhalb der Rechtssprechung?«, fragte Sir Quentin konsterniert.
»Richtig.«
»Jetzt seien Sie aber nicht albern, mein Junge. Sie haben doch in Cambridge Jura studiert, oder? Genau das habe ich auch getan, und schauen Sie mich an. Warum, in Gottes Namen, wollen Sie eine andere Laufbahn einschlagen? Was ist denn das für ein Unfug? Schuster bleib bei deinen Leisten, sage ich immer, dann geht auch nichts schief. Also, wir treffen uns Sonntag so gegen vier und â«
»Es tut mir leid, Sir Quentin«, wiederholte Gareth liebenswürdig, »die Chance, die Sie mir geben wollen, weià ich zu würdigen, aber annehmen kann ich sie leider nicht. Ich habe meinem neuen Arbeitgeber schon mein Wort gegeben.«
»Ihrem neuen â?«
»Trotzdem vielen Dank, ich weià das Angebot wirklich zu schätzen. Ich danke Ihnen auch für den Anruf, aber jetzt muss ich mich verabschieden.« Sachte legte Gareth den Hörer auf und schnitt dem Telefon eine Grimasse. Dann wartete er gespannt, ob etwas passieren würde, und prompt klingelte das Telefon wieder. Wäre so etwas möglich gewesen, hätte man sagen können, dass es aufgebracht klang. Gareth entschied, sich nicht mehr zu melden. Er fixierte den Apparat und
Weitere Kostenlose Bücher