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Das Vermächtnis der Runen: Historischer Roman (German Edition)

Das Vermächtnis der Runen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis der Runen: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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steht fest.«
    Überrascht wandte sich McCauley nach ihm um – und hätte beinahe laut aufgeschrien. »Sie … Sie sind …!«
    »Darf ich vorstellen, Winston?«, fragte Quentin mit einer gewissen Genugtuung. Meist hatte er das Gefühl, dem schneidigen Feldarzt unterlegen zu sein, nun war es endlich einmal umgekehrt. »Sir Walter Scott – mein Onkel und der Herr von Abbotsford.«
    »Aber ich dachte … Sie wären tot!«, rief McCauley aus, dessen Augen sich tatsächlich weiteten, als würde er ein Gespenst erblicken.
    »Das denken manche in diesen Tagen, und das soll auch so bleiben«, erwiderte Sir Walter. »Habe ich Ihr Wort darauf, Sir?«
    »Na-natürlich«, versicherte McCauley.
    »Gut. Sie sind ein Freund meines Neffen, und er hat Sie mir als Gentleman beschrieben. Das genügt mir.« Sir Walter nickte, damit schien die Angelegenheit für ihn erledigt – seine Aufmerksamkeit gehörte dem Toten, den er nun genauer in Augenschein nahm.
    Der Tote mochte an die zwanzig Jahre alt sein. Seine Augen schienen sie in stillem Vorwurf anzustarren. Quentin spürte Übelkeit in sich aufsteigen, zumal eine der beiden Kugeln, die McCauley abgegeben hatte, den halben Brustkorb zerfetzt hatte. Überall war Blut, das in der feuchtkalten Luft wabernd verdampfte.
    »Ich fürchte, ich kenne diesen Burschen«, meinte Sir Walter.
    »Du kennst ihn?«
    »Nicht dem Namen nach, aber ich glaube, ihn schon des Öfteren in Kelso gesehen zu haben.«
    »Was mag er hier gewollt haben?«, fragte Quentin.
    »Womöglich war er doch nichts weiter als ein gewöhnlicher Einbrecher«, überlegte McCauley. »Vielleicht dachte er, das Haus wäre noch unbewohnt und …«
    »Nun, befragen können wir ihn dank Ihres beherzten Eingreifens wohl nicht mehr«, fiel Sir Walter ihm ins Wort, wobei er sich abermals bückte und dem Toten die Augen schloss.
    »Wozu auch?«, wollte McCauley wissen. »Der Einbrecher ist gefasst, oder nicht? Und der Fall damit geklärt!«
    »Glauben Sie, ein Rätsel ließe sich dadurch lösen, dass man alle Hinweise beseitigt?« Sir Walter deutete auf die noch immer rauchende Pistole in McCauleys Hand. »Sie irren sich, wenn Sie denken, dass dieser fehlgeleitete junge Mann aus eigenem Antrieb gehandelt hat. Ich bin überzeugt davon, dass er in jemandes Auftrag hier gewesen ist, und ich muss herausfinden, wer das ist.«
    »Ich verstehe, Sir.« Ein dicker Kloß wanderte McCauleys Hals hinauf und wieder hinab. »Es tut mir leid.«
    »Wir alle machen Fehler«, räumte Sir Walter ein. »Ich danke Ihnen dennoch, dass Sie meinem Neffen beigestanden haben.«
    »Es war mir eine Ehre, Sir. Nur verstehe ich nicht, was das alles zu bedeuten hat. Warum sind Sie …?«
    »Sie meinen, warum ich anders als dieser arme junge Bursche noch unter den Lebenden weile?«
    McCauley nickte.
    »Eine Kriegslist, Mr. McCauley, nicht mehr und nicht weniger. Als einstiger Feldscher sollten Sie das verstehen.«
    Quentin konnte nicht anders, als beeindruckt zu sein. Sein Onkel hatte die Zeit im Verborgenen in der Tat gut genutzt, um sich allseitig zu informieren. Auch der sonst so selbstbewusste McCauley war dadurch offenbar nur noch stärker eingeschüchtert, denn er sagte kein Wort mehr.
    »Wie auch immer, jemand muss nach Kelso und dem Sheriff berichten«, regte Sir Walter an.
    »Das werde ich übernehmen«, erklärte Quentin.
    »Gut«, stimmte Sir Walter zu. »Außerdem brauchen wir hier in Abbotsford freies Feld. Am besten, du schickst eine Nachricht zu Sophia nach Galashiels, in der du meine liebe Charlotte bittest, noch ein wenig länger dort zu verweilen.«
    »Du … du weißt auch von diesen Dingen?«, fragte Quentin verblüfft.
    Sir Walter lächelte. »Abbotsford ist mein Haus, Junge«, erwiderte er. »Da sollte es dich nicht verwundern, wenn die Wände auch meine Ohren haben.«
    »Also schön«, meinte Quentin. »Und was genau soll ich Tante Charlotte sagen?«
    »Dass es in Abbotsford nicht sicher ist, und dafür brauchst du sie noch nicht einmal zu belügen. Etwas geht hier vor sich, mein Junge. Etwas Dunkles, Bedrohliches, das ich noch nicht zu durchschauen vermag. Aber mein Gefühl sagt mir, dass dies hier« – damit deutete er auf den leblosen Körper des jungen Mannes – »nur die Spitze des Eisbergs ist.«

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    3
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    Loch Leven
Zur selben Zeit
    »Wo, zum Henker, sind Sie gewesen?«
    Diarmid of Scrymgour stand auf der Schwelle des alten Steinhauses, das sich am südlichen Ufer des Loch Leven erhob. Das Feuer, das im offenen Kamin

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