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Das Vermächtnis der Runen: Historischer Roman (German Edition)

Das Vermächtnis der Runen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis der Runen: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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dass der schottische Tartan, der nach der Schlacht von Culloden und dem blutigen Ende des Aufstands sogar verboten worden war, wieder getragen wurde; sogar der König hatte sich in traditionelles Karo gehüllt, als er Edinburgh besuchte. Doch es gab auch Kreise in England, denen diese Entwicklung verhasst war und die den Norden nicht als gleichberechtigten Partner, sondern als niederen Vasallen sahen, der ruchlos ausgebeutet werden konnte, zur Mehrung des eigenen Vermögens.
    »Ich vermutete eine Verschwörung unter meinen Finanziers«, fuhr Sir Walter fort, »möglicherweise in meinem unmittelbaren Umfeld. Zu meiner größten Schande muss ich gestehen, dass ich in jener Nacht, da ich Ballantyne aufsuchte, selbst meinem alten Freund aus Kindheitstagen nicht mehr ganz vertraute, zumal mich die Kugel unmittelbar nach dem Besuch seines Hauses ereilte.«
    »Du … du meinst, er hat …?«
    »Nein.« Sir Walter schüttelte den Kopf. »Inzwischen weiß ich, dass der arme James unschuldig ist. Ist es nicht erstaunlich, was man alles vom Grabe aus herausfinden kann?« Ein jungenhaftes Lächeln spielte um seine Züge, genau wie früher.
    »Du hast dich wirklich nicht verändert, Onkel«, stellte Quentin fest. »Du bist noch immer derselbe schlaue Fuchs wie …«
    Plötzlich verstummte er.
    Und in diesem Moment wurde ihm erst klar, was Sir Walters Täuschungsmanöver jenseits aller Vorteile, die es gebracht haben mochte, angerichtet hatte. Die Freude und die Erleichterung über Walter Scotts unverhoffte Rückkehr fiel wie ein Schleier. Stattdessen schoss Quentin blanke Wut in die Adern, Fassungslosigkeit ergriff von ihm Besitz.
    »Ist dir eigentlich klar, was du uns angetan hast?«, fragte er leise und mit fast versagender Stimme. »Lady Charlotte, deine Kinder, Mary, und auch ich selbst … wir alle haben um dich getrauert, haben deinen Tod beweint!«
    Sir Walter nickte bedächtig.
    Sein Blick war ernst, und der Schmerz, der sich in seinen schlichten und doch so wachen Zügen abzeichnete, besänftigte Quentin ein wenig. »Mein lieber Junge«, sagte Sir Walter, und seine kleinen Augen röteten sich dabei, »ich wünschte so sehr, dass es eine andere Möglichkeit gegeben hätte als diese. Vielleicht gab es sie auch, aber ich sah sie nicht. Hätte ich nicht getan, was ich tat, und der Welt meinen Tod vorgespielt, so wäre fraglos ein neuerlicher Anschlag auf mich verübt worden, und dieser hätte womöglich nicht nur Erfolg gehabt, sondern auch das Leben geliebter Menschen gefährdet. Dies konnte und wollte ich nicht verantworten.«
    »Aber hättest du nicht etwas sagen können? Vielleicht eine Nachricht hinterlassen oder …«
    »Du selbst hast doch gesagt, dass du beobachtet wurdest. Wie hätte ich euch von meinem Überleben in Kenntnis setzen sollen, ohne Gefahr zu laufen, mich dabei zu verraten?«
    Quentin nickte nachdenklich.
    So sehr es ihm widerstrebte, es sich einzugestehen, Sir Walters Argumentation leuchtete ihm ein. Auch wenn sich alles in ihm dagegen wehrte, merkte er, wie seine Wut verpuffte.
    »Was ich tat, tat ich zum Schutz meiner Familie«, wiederholte Sir Walter. »Als ich in jener Nacht zusammenbrach, von der Kugel des Angreifers getroffen, wurde mir jäh bewusst, dass ich viel zu lange untätig gewesen war. Ich hatte meinen Gegnern Zeit gelassen, das Spielfeld vorzubereiten und ihre Figuren in Stellung zu bringen. Und das war ein Fehler gewesen. Ich nahm mir vor, im Falle meines Überlebens alles daranzusetzen, herauszufinden, was hinter all dem steckt und wer mich, meine Familie und mein Lebenswerk bedroht. Also inszenierte ich mein eigenes Ableben, um die Gegenseite aus der Reserve zu locken.«
    »Und?«, fragte Quentin.
    »Nun, zumindest lässt sich sagen, dass seither allerhand geschehen ist«, stellte Sir Walter fest.
    »Das kann man wohl behaupten«, versicherte Quentin. »Immerhin genug, um uns alle aus unserem gewohnten Leben zu reißen.«
    »Auch das bedaure ich sehr. Aber um meine List glaubwürdig erscheinen zu lassen, war es notwendig, dass alles genau so ablaufen musste, als wäre ich tatsächlich aus dem Leben geschieden. Und da ich dich zum Verwalter meines Nachlasses bestellt hatte …«
    »Dann bin ich also nur hier, um deine Täuschung plausibler erscheinen zu lassen?«
    »Glaubst du das denn?«
    »Was soll ich denn sonst glauben?«, fragte Quentin hilflos dagegen. »Die ganze Zeit über, seit ich hier bin, frage ich mich immerzu, wie Onkel Walter es wohl gemacht hätte. Wie hätte er

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