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Das Vermächtnis der Runen: Historischer Roman (German Edition)

Das Vermächtnis der Runen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis der Runen: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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traditionsreiche Herkunft noch nicht zwangsläufig Gewinn bedeuten – weder bei einem Pferd noch bei einem Unternehmen.«
    »Ich weiß«, versicherte Ballantyne, dem jäh nur zu bewusst wurde, worauf der andere hinauswollte. »Aber ich versichere Ihnen, dass Sie Ihr Geld bekommen, Mr. Chamberlain.«
    »Nun, erstens ist es nicht mein Geld, von dem wir hier sprechen, werter Ballantyne, sondern das von Menschen, die in Vertrauen auf Ihre Rechtschaffenheit in Ihr Unternehmen investiert haben«, belehrte ihn der Anwalt kühl. »Und zweitens habe ich mir gedacht, dass Sie genau das sagen würden. Deshalb habe ich Sie hierher gebeten, um Ihnen an einem einfachen Beispiel zu verdeutlichen, was ich meine.«
    »›Gebeten‹ trifft es nicht ganz«, wandte Ballantyne ein. »Sie ließen mir mitteilen, dass ich mich unverzüglich in London einzufinden hätte, weil sie meiner Firma andernfalls das Wasser abgraben würden.«
    »Und diese Gefahr ist noch längst nicht gebannt«, versicherte Chamberlain ungerührt. »Sehen Sie, es gibt zwei verschiedene Wege, um einen Sieg zu erringen: Entweder man legt die Hände in den Schoß und wartet einfach ab, bis er einem zuteil wird – eine wenig schweißtreibende, dafür auch nicht sehr erfolgversprechende Methode. Oder aber man greift zu und holt sich den Sieg. Und ich darf Ihnen versichern, dass ich zu dieser Vorgehensweise neige.«
    »Das glaube ich Ihnen aufs Wort«, versicherte Ballantyne, der sich zunehmend unwohl fühlte. Den eisigen Wind spürte er kaum noch, Schweißperlen traten ihm auf die fliehende Stirn.
    »Als Sie und Sir Walter zu mir kamen und mich um Geldmittel baten, habe ich versprochen zu helfen. Und tatsächlich gelang es mir, Investoren zu finden, ehrbare Geschäftsleute, die bereit waren, Geld zu geben, um ihr angeschlagenes Unternehmen zu retten. Im guten Glauben und im Vertrauen darauf, dass Ihre Zusicherungen sich bewahrheiten und die Verkäufe neuer Bücher Walter Scotts schon in Kürze neues Geld in die Kassen bringen und den Investoren eine gute Dividende eintragen würden.«
    »So wäre es auch gewesen«, versicherte Ballantyne, »wenn nicht …«
    Die Reiter waren jetzt so nahe herangekommen, dass man kein Fernrohr mehr brauchte, um ihnen zuzusehen. In gestrecktem Galopp jagten sie einen sanft ansteigenden Hang hinauf, auf dessen Kuppe mehrere Birkenstämme zu einem Hindernis aufgebaut worden waren. Mit halsbrecherischer Geschwindigkeit hielten die Reiter darauf zu, im nächsten Moment nahmen Mark of Runes und der ihn bedrängende Schecke das Hindernis mit atemberaubenden Sprüngen. Der zweite Schecke jedoch, der ihnen in kurzem Abstand folgte, verweigerte den Sprung. Er scheute und bäumte sich wiehernd auf, sein Reiter flog aus dem Sattel.
    »Wenn nicht was?«, fragte Chamberlain scharf und deutete auf die Hügelkuppe. »Dieser da hätte das Rennen womöglich gewinnen können, wäre er nicht soeben vom Pferd gefallen. Auf falsche Entscheidungen und vergebene Möglichkeiten werden keine Dividenden ausbezahlt, Mr. Ballantyne!«
    »Das ist mir klar«, versicherte dieser, traurig und aufgebracht zugleich. »Aber mit dem Tod Sir Walters war nicht zu rechnen! Noch in der Nacht, in der er starb, versicherte er mir, dass ich mir keine Sorgen zu machen bräuchte, und dann …« Er verstummte, biss sich auf die Lippen.
    »Sie haben mein Mitgefühl«, versicherte Chamberlain kaltschnäuzig, »und deshalb habe ich auch all diese Wochen verstreichen lassen, um Ihnen ausreichend Gelegenheit zu geben, Ihren Geschäftspartner zu betrauern …«
    »Walter Scott war weit mehr als ein Geschäftspartner für mich«, versicherte Ballantyne. »Er war mein Freund!«
    »… und die finanziellen Angelegenheiten zu ordnen«, fuhr der Anwalt ungerührt fort. »Nun allerdings werden die Geldgeber unruhig. Sie fürchten, dass die Investitionen, die sie getätigt haben, verloren sein könnten.«
    »Unsinn«, widersprach Ballantyne, »das sind sie keinesfalls! Der Verlag hält die Rechte an fast allen Werken Walter Scotts, und die Lager sind voller frisch gedruckter Bücher. Wenn Sie mich jetzt allerdings dazu zwingen, meine Anteile zu verkaufen, so erreichen Sie das genaue Gegenteil, denn das würde das Ende des Verlags bedeuten und damit auch Ihrer Investitionen.«
    »Niemand spricht davon, den Verlag zu verkaufen«, versicherte Chamberlain. »Schon als wir uns im vergangenen Jahr trafen … Warten Sie, wann genau ist das gewesen?«
    »Im November«, erwiderte Ballantyne

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