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Das Vermächtnis der Runen: Historischer Roman (German Edition)

Das Vermächtnis der Runen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis der Runen: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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zuzubereiten, die der Herzog so zu schätzen wusste, als sie etwas hörte. Es war leise und verhalten, und es dauerte einen Moment, bis ihr klar wurde, dass es eine menschliche Stimme war, die sie vernahm – und die ihren Namen rief.
    »Serena …?«
    Sie hielt in ihrer Arbeit inne. Die Rübe, die sie geschält hatte, entglitt ihrem Griff und fiel in den Topf.
    »Serena, Kind … bist du da?«
    Die Stimme schien einem alten Mann zu gehören. Sie war dünn und brüchig, aber auch irgendwie angenehm – und sie drang aus dem ersten Stock.
    Serenas Herzschlag beschleunigte sich.
    Was sollte sie tun?
    Die Duchessa war nicht da, die sie hätte fragen können. Was also sollte sie unternehmen?
    Aus Furcht davor, etwas Falsches zu tun, beschloss sie, die Stimme zu ignorieren. Mit bebenden Händen griff sie ins Wasser und nach den Rüben, schälte weiter in der Hoffnung, dass die Sache damit beendet …
    »Serena! Ich weiß, dass du dort unten bist, Kind! Komm zu mir, ich bitte dich!«
    Wieder ließ sie ihre Arbeit sinken und seufzte.
    Mit Ignorieren würde es nicht getan sein.
    Der Herzog verlangte nach ihr, das konnte sie nicht einfach leugnen. Sie musste daran denken, dass er alt war und gebrechlich. Womöglich brauchte er ihre Hilfe …
    »Serena! Komm zu mir, Kind!«
    Sie hielt es nicht länger aus.
    Rasch legte sie das Messer beiseite, wischte sich die Hände an ihrer Schürze. Von widerwilligem Gehorsam getrieben, huschte sie hinaus auf den Gang und folgte ihm bis zur Treppe. Vorsichtig spähte sie hinauf in den ersten Stock, ließ ihren Blick über die verbotenen Stufen schweifen.
    »Komm nur«, sagte die Stimme. »Es ist alles in Ordnung.«
    Und obwohl alles in ihr sie davor warnte, setzte Serena ihren Fuß auf den kalten Marmor und stieg zögernd hinauf.

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    15
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    Atlantischer Ozean
7. Februar 1826
    Die Tage auf See vergingen wie im Flug. Saint John’s, wo die Fairy Fay für eine Nacht angelegt hatte, hatten sie längst hinter sich gelassen und Kurs auf den offenen Atlantik genommen. Obschon die See grau und unruhig war, waren sie von schweren Stürmen verschont geblieben, und die um diese Jahreszeit starken Winde trieben den Segler rasch durch die Wellen, Europa entgegen.
    Selbst im Hinblick auf die blinde Passagierin hatten sich die Wogen geglättet, und die zum Aberglauben neigenden Seeleute hatten sich daran gewöhnt, dass nun zwei Frauen an Bord ihres Schiffes reisten, sodass die Stimmung an Bord gut war.
    Wann immer das Wetter es zuließ, hielten sich die Passagiere auf Deck auf, wo sie spazieren gingen und sich unterhielten. Kapitän McCabe ließ sie unter der Voraussetzung gewähren, dass sie seinen Leuten nicht in die Quere kamen. Mary blieb bei diesen Spaziergängen meist bei Brighid, während sich Quentin an McCauley hielt; er und der Arzt hatten sich im Lauf der vergangenen Tage angefreundet, und auch zwischen Mary und ihrem Schützling schienen freundschaftliche Bande gewachsen zu sein. Quentin sah es mit Freude – nicht nur, weil seine Frau zum ersten Mal nach langer Zeit wieder an etwas Anteil nahm, sondern auch, weil er sie hin und wieder sogar lächeln sah.
    Was Brighid selbst betraf, so hatte sich ihr Zustand nicht gebessert. Noch immer konnte sie sich an kaum etwas erinnern, das vor ihrer Passage mit der Fairy Fay geschehen war. Ihr Name und einige – wie sie sagte – dunkle Eindrücke waren alles, was ihr von ihrem früheren Leben geblieben zu sein schien. Ein dunkles Rätsel, das Mary in langen Gesprächen mit ihr zu entwirren suchte.
    Bislang vergeblich.
    Auch McCauley tat sein Möglichstes, um zu helfen, obschon sich die Mittel an Bord eines Frachtschiffs in engen Grenzen hielten. Immerhin verabreichte er ihr kleine Dosen einer Tinktur, von der er annahm, dass sie sich wohltuend auf ihr Befinden ausüben und ihr Erinnerungsvermögen zur Rückkehr ermutigen würden. Mehr konnte jedoch auch er nicht tun, und das frustrierte ihn sichtlich.
    »Es ist eine Schande«, knurrte er, während Quentin und er an der Reling standen und über die sich beständig hebende und senkende Dünung blickten. »Da ruft man mich nach Edinburgh, um vor gelehrten Häuptern zu sprechen, aber dieser bemitleidenswerten Person kann ich nicht helfen.«
    »Sie haben doch getan, was Sie konnten«, beschwichtigte Quentin. »Außerdem haben Sie die Kosten für Brighids Passage übernommen, das war mehr als großzügig von Ihnen.«
    »Es war das Mindeste, das ich tun konnte«, verbesserte McCauley ihn und

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