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Das Vermächtnis der Runen: Historischer Roman (German Edition)

Das Vermächtnis der Runen: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis der Runen: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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er hin und wieder verspottet wurde und die so gar nichts mit der seriösen Juristerei gemein hatte; und er misstraute dem Erfolg, den sie ihm eingetragen hatte.
    Zumal in Zeiten wie diesen.
    Das Scotchglas in der Hand drehend, kehrte Sir Walter zu seinem Sessel zurück. In Nächten wie diesen spürte er sein steifes Bein, das ihm von einer Krankheit aus Kindertagen geblieben war, und das Gehen fiel ihm schwerer als an anderen Tagen. Dankbar dafür, sich wieder setzen und am Feuer wärmen zu können, ließ er sich in den Ohrensessel sinken. Eine Weile lang blickten die beiden ergrauten Männer in die Flammen, deren Widerschein flackernde Schatten auf ihre Gesichter warf.
    »Denkst du noch manchmal an früher zurück?«, fragte Ballantyne nach einer Weile.
    »Wie weit zurück meinst du? Falls du von unserer gemeinsamen Schulzeit sprichst, an die kann ich mich kaum erinnern.«
    »Nein«, wehrte Ballantyne mit einer wegwerfenden Handbewegung ab, »ich spreche von der Zeit, als wir den Verlag gründeten. Als mein Bruder noch lebte. Und als die Welt nicht groß genug für uns zu sein schien.« Ein wehmütiges Lächeln glitt über seine Züge. »Alles schien damals möglich.«
    »Und?«, fragte Sir Walter lächelnd. »War es das etwa nicht?«
    »Fürwahr, man möchte es meinen.« Ballantyne nickte. »Der ungeheure Erfolg deiner Bücher, das plötzliche Interesse an unserem schottischen Erbe, der Besuch des Königs in unserer Stadt und nicht zuletzt der Fund des Königsschwerts.«
    »Erinnere mich nur nicht daran«, bat Sir Walter stöhnend und mit einem Augenzwinkern.
    »Willst du leugnen, dass es eine gute Zeit war?«
    »Nein«, lenkte Sir Walter ein, »das möchte ich nicht.«
    Ballantyne hob sein Glas. Im Schein des Kaminfeuers nahm der bernsteinfarbene Scotch ein verheißungsvolles Leuchten an. »Auf die alten Zeiten«, sagte er. »Und auf John.«
    »Auf deinen Bruder«, bestätigte Sir Walter, und beide tranken.
    Der Scotch schmeckte stark und erdig, nach Tabak und Honig und nach alter Eiche. Solange er ihnen in der Kehle brannte, schwelgten die beiden Freunde in süßen Erinnerungen. Doch sobald das Brennen nachließ, rückte die Gegenwart wieder ins Bewusstsein.
    »Wer hätte damals geglaubt, dass es so weit kommen könnte?«, fragte Ballantyne in die Stille.
    »Sieh an.« Mit dem Finger fuhr Sir Walter über den Rand seines Glases und ließ es leise singen. »Du hast mich also nicht nur zu dir bestellt, um über alte Zeiten zu plaudern.«
    »Nein«, gab Ballantyne zu. Als ob er sich Mut antrinken müsste, leerte er auch noch den Rest seines Glases und sah seinen Freund dann durchdringend an. »Die Lage ist ernst, Walter.«
    »Ist sie das?«
    »Selbst dir kann nicht entgangen sein, dass sich dunkle Wolken über Schottland zusammengezogen haben. Die Finanzkrise, die in London ihren Anfang nahm, hat Schottland inzwischen erreicht, und sie macht auch vor uns Büchermenschen nicht halt!«
    Sir Walter lächelte, scheinbar gelassen. »Mein lieber Freund, ich mag bisweilen in Gedanken versunken sein und meinen Lebensunterhalt damit verdienen, mir Geschichten aus glorreicher Vergangenheit auszudenken, aber das bedeutet weder, dass ich von gestern noch dass ich ein Träumer bin. Ich weiß sehr gut, was in der Welt dort draußen vor sich geht.«
    »Dann weißt du auch, dass wir handeln müssen.«
    »Handeln?« Sir Walter hob eine buschige Braue. »Was bedeutet das? Den Verlag verkaufen? Mit allen Rechten an meinem Werk? Damit wäre alles zerstört, was wir in den vergangenen zwei Jahrzehnten aufgebaut haben.«
    »Das weiß ich«, beschwichtigte Ballantyne. »Aber es gibt eine andere Lösung, die …«
    »Nein!«, wiederholte Sir Walter, noch lauter diesmal. Es war eine der seltenen Gelegenheiten, bei denen er die Stimme erhob. Seine von Falten zerfurchte Stirn hatte sich gerötet. »Ich weiß, was du sagen willst, aber das kommt nicht in Frage! Wenn wir Geld brauchen, so finden wir einen anderen Ausweg.«
    »Was willst du tun? Dir noch mehr Geld leihen? Von wem? Du wirst in diesen Tagen in ganz Schottland niemanden finden, der …«
    »Was ist mit Constable?«
    »Constable?« Ballantyne lachte freudlos auf. »Der alte Archibald ist in nicht weniger großen Nöten als wir. Auch er war gezwungen, sich bei privaten Finanziers in London Geld zu beschaffen, und die Zinsen sind dabei, ihn aufzufressen. Wie es heißt, ist er schon jetzt mit einer halben Million Pfund verschuldet. Ich will nicht, dass uns das auch passiert.«
    »Das

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