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Das Vermächtnis der Wanderhure

Titel: Das Vermächtnis der Wanderhure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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wie einen räudigen Hund, du Verräter!«
    Zu Andrejs Erleichterung beließ er es jedoch bei der Drohung und wies die Ehefrau des Bojaren an, vorauszugehen. Das Weib blickte Andrej furchtsam an und deutete auf zwei Mägde, die ihm nun ein etwa sechs Jahre altes Mädchen und einen vielleicht zwei Jahre jüngeren Knaben präsentierten. Als er zustimmend nickte, schien eine Last von ihr abzufallen, und sie schob dieMägde vor sich her, während der Pope den Frauen mit grimmigem Gesicht folgte.
    Als die Schritte der Gruppe verklungen waren, wagte Andrej, das Schwert abzusetzen. Im gleichen Moment machte Sachar eine Bewegung, als wolle er sein Gefolge rufen, um trotz der mit Brot und Salz besiegelten Gastfreundschaft und ohne Rücksicht auf Weib und Kinder die Worosansker erschlagen zu lassen. Da aber drängten Dimitris tatarische Leibwächter in die Halle, die wohl von Pantelej alarmiert worden waren. Auch ihnen sah man an, dass sie reichlich Branntwein und Kwass genossen hatten. Doch sie waren noch in der Lage, ihre Schwerter zu schwingen, und schienen sich darauf zu freuen, Sachar und seine Leute niederzumetzeln und das Dorf über den Köpfen der Bewohner anzuzünden.
    Nun schien Fürst Dimitri sich stark zu fühlen, denn er fuhr herum und schlug dem Bojaren ins Gesicht. »Jetzt wirst du für deinen Verrat bezahlen, du Hund!«
    Sachar prallte zurück und betastete seine blutenden Lippen. Bevor der Fürst ein weiteres Mal zuschlagen konnte, war Andrej neben ihm. »Halte ein, Herr! Du hast Brot und Salz bei ihm gegessen.«
    »Weil du mich dazu gebracht hast!«, schnauzte Dimitri ihn an und hob die Hand, als wolle er Andrej ein paar kräftige Ohrfeigen versetzen. Dann ließ er den Arm mit einem Fluch sinken und fasste sich an den Kopf, als werde ihm der Schädel zu schwer. Gleichzeitig verfärbte sich sein Gesicht ins Grünliche und er begann zu würgen.
    Während der Fürst sich geräuschvoll erbrach, packte Andrej den Bojaren und schüttelte ihn. »Du Hund hast meinen Herrn vergiftet!«
    »Bei der Heiligen Jungfrau, nein! Dimitri Michailowitsch hat nur zu viel getrunken. Der Branntwein ist sehr stark!«
    »So? Ist er das? Das werden wir gleich sehen! Füll deinen Becheraus dem Krug, der vor Fürst Dimitri steht, und leere ihn so oft, bis kein Tropfen mehr vorhanden ist. Morgen früh wirst du mit deinem ältesten Sohn und fünf Begleitern zu unserem Quartier kommen und uns zwei Tagesreisen weit begleiten.«
    Der Bojar schüttelte sich. »Wenn ich so viel trinken muss, werde ich morgen nicht reiten können.«
    »Dann schnallen wir dich bäuchlings auf dein Pferd. Und jetzt sauf, du Hund, bevor ich es mir anders überlege und dich den Tataren überlasse.«
    Ein entschlossenerer Mann als Sachar Iwanowitsch hätte das Blatt vielleicht noch wenden können. Doch der Anblick der tatarischen Leibwächter, die schon darüber nachzudenken schienen, wie sie ihn am grausamsten zu Tode foltern konnten, hielt den Bojaren von jeglichem Versuch ab, Widerstand zu leisten. Auch schien er anzunehmen, dass Andrej nicht vorhatte, das von ihm erzwungene Gastrecht zu brechen, denn wenn der junge Mann sich ehrlos erwies, würde auch Dimitri von Worosansk bei seinen Verbündeten als ein Mann gelten, dessen Wort nichts wert war.
    Noch während Sachar versuchte, sich an die neue Situation zu gewöhnen, betrat Andrejs Onkel Lawrenti mit einem Dutzend gut gerüsteter und offensichtlich fast nüchterner Waffenknechte den Saal.
    »Was ist geschehen?«, fragte er seinen Neffen.
    Fürst Dimitri wankte auf seinen Berater zu und klopfte ihm auf die Schulter. »Der gute Sachar Iwanowitsch wollte uns verraten, aber zum Glück habe ich es früh genug bemerkt.«
    Lawrentis Blick wanderte zwischen Dimitri, der nach Alkohol und Erbrochenem roch, und Andrej hin und her. Der verbissene Gesichtsausdruck seines Neffen und der Zustand des Fürsten verrieten dem erfahrenen Mann, was sich tatsächlich zugetragen hatte. Doch er nickte gleichmütig, als spräche sein Herr die reine Wahrheit, und befahl zwei Knechten, das Pferd des Fürsten sattelnzu lassen und Dimitri zu dem Anwesen zu begleiten, in dem sie untergebracht waren.
    Die Tataren umringten den Fürsten, als dieser die Halle verließ und sich dabei von zwei Waffenknechten stützen lassen musste. Lawrenti wartete, bis sein Herr und seine Garde außer Sicht waren, und wandte sich dann Andrej zu. »Täusche ich mich, oder hast du eben einen Ansatz von Verstand gezeigt? Das ist gut für dich, doch erwarte von

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