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Das Vermaechtnis des Caravaggio

Das Vermaechtnis des Caravaggio

Titel: Das Vermaechtnis des Caravaggio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Dempf
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stehen sollen
für die Figur. Das Gesicht änderte Michele sicherlich, sobald es öffentlichen
Charakter erhalten sollte.
    „Wir sollten es dem Großmeister
senden.“
    „In diesem Zustand? Das wäre eine
Provokation!“
    „In eben diesem Zustand. Vielleicht
etwas ergänzt, sodass die Köpfe wiedererkannt werden können. Er soll sehen, wer
mich ins Meer treibt!“
    Ohne lange zu warten, langte er
nach einem Pinsel und hob die Palette vom Boden auf.
    „Den David an Kardinal Borghese,
den Johannes an den Großmeister. Ein ausgewogenes Programm, das beide gegen
mich aufbringen wird.“
    Michele lachte unbändig, und
Nerinas und Enricos Blick trafen sich. Sie zuckte mit den Schultern. Was das zu
bedeuten hatte, wussten sie beide nicht. Trotzdem fiel ihr Blick auf das
Gemälde zurück. Michele arbeitete an dem Soldaten, in dem sie Fra Domenico
erkannte, am Henker, der die Züge Pater Leonardus’ aufwies, während  er die
Salome, Auftraggeberin und Nutznießerin dieses Mordes, unberührt ließ. Warum
hatte sie ihr Gesicht? Gehörte sie zu den Menschen, die Michele verfolgten und
zu schaden versuchten, zu den langsamen Mördern Caravaggios? Sicherlich nicht. Die
Antwort musste irgendwo in Micheles Vergangenheit liegen.
8.
    „Hatte ich Euch nicht verboten,
Kontakt mit diesem Schmierfinken aufzunehmen?“
    Die Stimme Papst Pauls V. zerbrach
im Falsett und kippte in ein Quieken um, das Scipione Borghese nun doch zu
köstlich fand. Wut und Erregung passten nicht zu seinem phlegmatischen
Temperament, das die Gläubigen, die ihn ja nur von Weitem sahen, mit tiefer
Frömmigkeit verwechselten.
    „Nun seht Euch das Bild wenigstens
an, Heiliger Vater, Oheim“, besänftigte Scipione Borghese den Papst, obwohl er
in diesen Situationen wenig geneigt war, seinem Oheim beiseite zu stehen. Doch
diesmal fühlte er sich verpflichtet. Mit in seinem Arbeitszimmer im Palazzo
Borghese befanden sich Kardinal Ferdinando Gonzaga, dessen schmächtige,
unscheinbare Figur beinahe unter der Würde zu verschwinden drohte, sowie
Kardinal Del Monte, der mit unbeweglicher Miene und gelassen in einem der
Sessel thronte, als sei er hier der Hausherr.
    „Um mir den Geist zu verderben? Um
mir den reformatorischen Beelzebub in den Kopf zu holen? Nein, mein lieber
Scipione.“
    „Ihr solltet es trotzdem tun.“
    Überrascht sah der Papst auf. Der
Satz stammte aus dem Munde Kardinal Del Montes. Und Scipione Borghese wusste, dass
sein Oheim zumindest eine gewisse Unterstützung für seine eigene Position von
dieser Seite erwartet hätte.
    „Kennt Ihr die Schmiererei bereits?
Seid Ihr eingeweiht, wo mir, dem Heiligen Vater, der Blick verweigert wird?“
    „Zu Eurem Schutze, Oheim. Trugt Ihr
nicht eben noch Bedenken bezüglich der Inhalte?“
    Eine großzügige Handbewegung
wischte den Einwand seines Neffen beiseite.
    „Wer, wenn nicht der Papst, darf
seine Meinung stündlich ändern“, fuhr Paul V. dazwischen und musterte die
Anwesenden mit einem misstrauischen Blick.
    Scipione Borghese schlug die Augen
nieder, um darin das Glitzern des Triumphs zu verbergen. Jetzt hatte er seinen
Oheim dort, wo er ihn haben wollte.
    “Warum schweigt Ihr, Kardinal
Gonzaga? Ihr steckt doch mit meinem Neffen unter einer Decke. Oder seid Ihr
ebenfalls diesem abergläubischen Zauber verfallen, den ein Mann wie Caravaggio
uns als religiöse Kunst auftischt?“
    Ferdinando Gonzaga machte nicht
einmal einen Versuch, über seinen Schutzwall aus Robe und Purpur hinauszusehen.
Er hielt den Einwurf keiner Antwort für Wert. Unmerklich zuckte er mit den
Schultern. Vermutlich verachtete er den bäuerischen Geschmack des Papstes,
überlegte Scipione Borghese, und wollte nicht in ein Fettnäpfchen treten.
    „Jetzt macht zu! Präsentiert uns
das Bild!“, drängte der Papst, der sich vor Nervosität nicht ruhig in seinem
Sessel halten konnte. Er räusperte sich mehrmals, um seine angegriffene Stimme
zu beruhigen.
    Scipione Borghese schritt gelassen zur
Staffelei und entfernte eigenhändig das Tuch, mit dem es verhängt war. Vor
ihren Augen einhüllte sich ein Bild, das den jungen David zeigte, wie er dem
besiegten Goliath den Kopf abgeschnitten hatte und diesen jetzt mit einer
Mischung aus Triumph und Abscheu präsentierte.
    „David mit dem Haupt Goliaths,
lautet der Titel“, sagte Scipione Borghese.
    Aufmerksam sah Scipione in die
Runde und beobachtete die Reaktionen der Anwesenden. Sein Oheim starrte zuerst
auf das Bild, schüttelte den Kopf, wandte sich ab und trat nochmals

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