Das Vermächtnis des Kupferdrachens ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)
du bist tot«, zischte er sie grimmig an. Die Alte bewegte sich nicht. »Los, geh die Treppe hoch in Garlos Zimmer, aber leise!« Avia stolperte die steile Stiege hinauf. Sie sagte kein Wort, doch in ihrem Blick lag so viel Hass, dass der Elb den Wunsch verspürte, sie auf der Stelle zu erstechen. Seradir warf sie in Garlos Zimmer unsanft aufs Bett und fesselte sie. Bevor er ging, schob er ihr noch einen Knebel in den Mund. Dann schloss er die Tür ab und steckte den Schlüssel ein. In Laminas Zimmer zu kommen war nicht so leicht, da der Schlüssel innen steckte. Schnell war Seradir klar, dass es nicht ohne Krach gehen würde. Mit einem kräftigen Fußtritt löste er das Problem und eilte besorgt ans Bett, in dem Lamina bleich und mit eingefallenen Wangen lag. Ihr Atem ging flach. Er schulterte ihren schlaffen Körper und eilte die Stufen hinunter. Noch war alles ruhig. So schnell er konnte, lief er zu den Pferden. Es war gar nicht so einfach mit der Bewusstlosen in den Sattel zu steigen und dann noch ihren störrischen Hengst am Zügel zu führen. Die ersten Stunden konnte er nur im Schritttempo reiten, da Laminas Pferd jede Bemühung, eine andere Gangart einzuschlagen, mit dem Versuch bestrafte, Seradir die Zügel aus der Hand zu reißen. Endlich gab das Tier den Widerstand auf und ließ sich führen. Kurz darauf begann Lamina sich unruhig hin-und herzuwerfen. Sie stöhnte und murmelte unverständliches Zeug. Der Elb hatte Mühe, sie vor einem Sturz vom Pferd zu bewahren. Er konnte nur hoffen, dass ihre Flucht lange unbemerkt blieb und sie nicht verfolgt wurden.
Sie hatten Glück. Die Arbeit in der Grotte hatte Taphos und die anderen Bewohner von Dijol so lange aufgehalten, dass der Morgen bereits graute, als sie die gefesselte Avia fanden und von der Flucht erfuhren. Die Alte spuckte Gift und Galle und schwor bitterliche Rache, doch Taphos gab ihr eine schallende Ohrfeige.
»Halt die Klappe! Wir haben anderes zu tun. Es ist ohnehin fraglich, ob wir sie noch rechtzeitig einholen könnten. Jetzt müssen wir unsere Habseligkeiten in Sicherheit bringen, bevor sie mit ihren Soldaten zurückkommt. Wenn die Piraten mitspielen, werden wir ihnen einen überraschenden Empfang bereiten!«
»Falls Tom und seine Männer bis dahin zurück sind«, antwortete Avia düster und rieb sich die schmerzende Wange.
»Es gibt ja nicht nur Tom auf dem Thyrinnischen Meer. Ich werde schon Männer auftrEiben, die mit uns kämpfen wollen.«
Astorin nimmt die
Verfolgung auf
Die Luft begann zu flimmern, erst kaum merklich, dann immer heftiger. Die Landschaft verschwand hinter bunten Schlieren, die sich langsam verdichteten und die Form eines Tores annahmen.
Der Zyklop, der mit einem jungen Reh auf der Schulter von der Jagd zurückkehrte, blieb mit offenem Mund stehen und starrte ängstlich und neugierig auf die seltsame Erscheinung. So etwas hatte er noch nie erlebt.
Aus dem nebligen Tor trat eine hochgewachsene, dürre Gestalt in einem schwarzen Gewand, gefolgt von einem ebenso schwarzen, riesigen Hengst. Dem Zyklopen rann ein Schauer über den Rücken.
»Die Dämonen kommen!«, flüsterte er und zog sich ins dichte Gebüsch zurück.
Der Magier malte ein paar Zeichen in die Luft, und das Tor löste sich langsam wieder auf. Behände schwang er sich auf seinen Rappen, beugte sich weit vor und schien dem Tier etwas ins Ohr zu flüstern. Die Augen des Pferdes leuchteten rot auf, und es wieherte leise. Seine Muskeln zeichneten sich deutlich unter dem glänzenden Fell ab. Es stand reglos da. Erst als Astorin ihm mit der flachen Hand auf die Flanke schlug, ging ein leichtes Zittern durch den Körper. Aus dem Stand verfiel es in Galopp und jagte in halsbrecherischem Tempo die Abraumhalde herab.
»Ich schwör euch: Kein Pferd kann so schnell laufen«, erzählte der Zyklop später seinen ungläubig dreinschauenden Zuhörern. »Die Hufe haben nicht einmal den Boden berührt! Und dann der Reiter!«, rief er mit ängstlich gesenkter Stimme. »Ich sage euch, das war kein Mann, das war ein Dämon!«
*
Rolana, Thunin und Lahryn nahmen die Packpferde am Zügel und trieben ihre Tiere ins flache Wasser. Sie waren so zwar viel langsamer, doch wenn die Verfolger ihre Spur dadurch verlieren würden, hätten sie viel gewonnen.
Der Fluss wand sich in weiten Bögen zwischen den Hügeln entlang. An manchen Stellen waren seine Ufer so dicht bewachsen, dass die Reiter außer Bäumen und Buschwerk nichts um sich herum erkennen konnten.
»Wir kommen zu weit
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