Das Vermächtnis des Kupferdrachens ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)
Drachen nieder, doch die Spitzen waren zu schwach, um seinen dicken Panzer zu durchdringen. Der Drache schüttelte sich nur unwillig, und sein Schwanz peitschte zornig auf den Felsboden. Plötzlich schnellte er mit seinem langen Hals nach vorne, bekam zwei der Männer zu fassen und hob sie in die Luft. Er schien es zu genießen, wie ihre Schmerzensschreie verhallten, als ihre Knochen knirschend zwischen seinen spitzen Zähnen barsten. Genüsslich leckte er mit seiner gespaltenen, schwarzen Zunge das Blut auf, das ihm übers Kinn rann.
*
Nass und schwer hingen die Wolken über den Silberbergen. Der Wind trieb den Regen an die Fenster und klatschte dicke Tropfen gegen die bleigefassten grünen SchEiben. Die Tropfen zersprangen und folgten in Rinnsalen ihren Vorgängern, um sich in großen Pfützen auf den Steinplatten im Hof wieder zu treffen. Es war erst Nachmittag, doch der Tag war so trüb, dass in der Burg bereits die Kerzen angezündet wurden, um ein wenig Licht und Wärme in den nassen Herbsttag zu bringen.
Lamina lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und schob seufzend eine kupferrote Haarsträhne aus dem Gesicht. Die Schriftstücke türmten sich auf ihrem Sekretär.
Cordon räusperte sich. »Gräfin, sollen wir für heute Schluss machen? Ihr solltet Euch schonen. Ich finde, Ihr arbeitet viel zu viel.«
»Nein, Cordon, wir müssen heute noch den Bericht über die Höfe im Norden durchgehen. Die Pächter warten auf Nachricht, und ich muss endlich einen Überblick über die Viehbestände und Getreidevorräte für den Winter bekommen. Den Überschuss könnten wir mit der nächsten Karawane nach Ehniport bringen, dort steigen die Preise wegen der schlechten Ernte im Süden.«
»Ich muss Euch bewundern Gräfin. Ihr habt in den wenigen Monaten viel gelernt, und ich sage Euch, keine Grafschaft wird erblühen wie die Eure.«
Sie legte dem alten Verwalter die Hand auf den Arm. »Ach Cordon, ich danke dir, dass du das sagst. Manchmal war ich schon ganz verzweifelt und dachte, ich würde es nie lernen, doch mit euer aller Hilfe werden wir dafür sorgen, dass es in der Grafschaft nie wieder Hunger und Elend gibt.«
Kaum hatte sie sich wieder über die endlose Reihe von Zahlen gebeugt, da wurde die Tür aufgestoßen, und Seradir trat ein. Er trug Jagdkleidung und hatte den dicken Regenumhang über dem Arm. Der lange Bogen war wie gewöhnlich auf dem Rücken befestigt. Ein schmaler Silberreif bändigte sein blauschwarzes Haar.
»Ich bin fertig. Ich hatte gehofft, der Regen ließe nach, aber das Wetter hat heute kein Einsehen mit mir. Länger will ich nicht warten. Ich reite noch diese Stunde los.«
Lamina breitete die Arme aus. »Lieber Freund, willst du nicht doch bis zum Morgen warten?«
»Nein, ich möchte rechtzeitig zum Ehrentag meiner Schwester die Baumstadt erreichen. In zwei Wochen bin ich zurück und bringe dir gute Nachrichten. Ich bin mir sicher, dass der Druide dem Vertrag zustimmen wird. Die Eiben haben sich lange genug vor der Welt verschlossen. Die Zeit bleibt nicht stehen, und der Handel ist für beide Seiten gut. Die Eiben bekommen von unserem Getreide, und unsere Wachen erhalten die besten Bögen westlich des Thyrinnischen Meeres.« Seradir wurde rot. »Ich meine natürlich dein Getreide und – also ich wollte damit nicht sagen ...«
Lamina unterbrach ihn. »Du hast nichts Falsches gesagt. Du gehörst zu Theron wie alle meine Freunde, und ich freue mich, wenn du dich hier nicht fremd fühlst und gerne wiederkommst.« Sie umarmte ihn und küsste ihn zärtlich auf beide Wangen. »Die Götter seien mit dir. Ich freue mich jetzt schon auf deine Rückkehr.«
Der Elb legte ihr die Hände um die Taille und erwiderte ihren Kuss. Tiefe Zuneigung brannte in seinen dunklen Augen mit dem seltsam violetten Ton. Rasch wandte er den Blick ab, aus Angst, sie könne zu viel darin lesen. Nie hätte er geglaubt, dass ihm eine Menschenfrau einmal so viel bedeuten würde. Seradir war noch jung. Mit seinen einhundertundfünfzehn Jahren hatte er gerade erst das Mannesalter erreicht, in dem die jungen Krieger ihre ersten Pflichten bei der Jagd und bei Patrouillenritten erfüllen müssen. Er kam sich so unerfahren vor. Lamina war immerhin schon einmal verheiratet gewesen, hatte ein Kind geboren und begraben, war inzwischen Witwe und wieder schwanger. Sie war eine Gräfin und Landesherrin und doch gerade erst zwanzig Jahre alt! Die Schnellebigkeit der Menschen machte ihn ganz schwindelig.
Sie ist so jung und wunderschön,
Weitere Kostenlose Bücher