Das Vermächtnis des Kupferdrachens ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)
habe etwas gehört.« Wulfer legte den Zeigefinger an die Lippen und beugte sich vor, um besser zu hören.
»Was ist?« Yannos’ heißer Atem streifte sein Ohr.
Der Ältere zuckte mit den Schultern. »Weiß nicht, vielleicht habe ich mich geirrt.« Er sah sich suchend nach Zer-ras um, der missmutig vor sich hin flüsternd auf dem Boden kauerte.
»Kommt jetzt, aber leise. Ihr bleibt hinter mir. Haltet so viel Abstand wie möglich. Es reicht, wenn ihr mich gerade noch sehen könnt. – Und denkt daran, immer hinter den Steinen Deckung zu suchen! Ich weiß nicht, wie gut die Zyklopen in der Dunkelheit sehen können, sicher ist jedoch, Durim kann es! Wenn es zum Schlimmsten kommt, dann denkt daran, was wir besprochen haben.«
»So ein Blödsinn – was soll denn jetzt noch passieren?«, murmelte Yannos. Er spürte den durchdringenden Blick von Wulfer und errötete heftig. »Ja, ja, ich hab den Plan verstanden.«
So leise wie möglich verließen die drei Zwerge – hinter jedem Stein und dürren Busch Deckung suchend – den Schutz der Höhle. Die rohen Knüppel in ihren Händen gaben ihnen das Gefühl, nicht wehrlos zu sein, auch wenn sie alle wussten, dass sie als Waffen gegen Zyklopen, einen Wolf und Durims Axt lächerlich waren. Die Minuten dehnten sich zu Stunden. Yannos kniff die Augen zusammen. Obwohl Wulfer kaum zwanzig Schritte vor ihm war, hatte der junge Zwerg Schwierigkeiten, ihm zu folgen, so geschickt nutzte der erfahrene Jäger jede Deckung aus.
Wenn wir wieder zu Hause sind, werde ich auch ein berühmter Jäger. Wulfer zeigt mir sicher ein paar Tricks. Und dann werden sie, wenn sie abends im »Silberquell« zusammensitzen, über mich erzählen, wie ich allein einen grauen Felsenbären erlegt habe – oder einen weißen Hirsch, nur mit meinem Messer ...
Der Stein unter seinem Stiefel gab nach. Yannos warf die Arme in die Luft, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren. Mit einem dumpfen Ton schlug seine Keule gegen die Felswand, und ein paar Steine rutschten herab.
Wolfsgeheul erfüllte die Luft und ließ Yannos erschauern. Unfähig zu denken oder auch nur ein Glied zu bewegen, stand er wie angewurzelt da, starrte in die Dunkelheit und wartete auf den jagenden Tod.
Durim jubelte auf, nahm die Schlinge vom Kopf des Grauen und ließ ihn los. »Jetzt haben wir sie. Los, was steht ihr da wie zwei Holzklötze? Lauft ihm hinterher!«
Yannos hörte den flinken Lauf des Wolfes und den schweren Schritt der beiden Zyklopen. Durims gehässige Stimme hallte in seinen Ohren wider. Plötzlich knackte ein dürrer Ast, Steine kamen ins Rutschen, und keine zehn Schritte vor Yannos tauchte Wulfer aus der Deckung auf. »Für Thor!«, rief er und rannte los. Der Wolf heulte auf und hetzte der fliehenden Gestalt nach.
Zitternd presste sich Yannos in eine Nische. Als Wulfer den Plan für den schlimmsten Fall erklärte, hatte Yannos nur gelacht. So weit würde es nie kommen – und jetzt rannte Wulfer für seine unfreiwilligen Begleiter um sein Leben.
Wulfer stolperte über Wurzeln und Steine und hörte das Hecheln des Wolfs und die polternden Schritte der Zyklopen hinter sich. Es gab kein Entrinnen! Nur noch ein paar Schritte, jeder Fußbreit, den er zwischen die anderen und seine Verfolger bringen konnte, war ein Gewinn. Hoffentlich verhielten sie sich ruhig und erregten nicht die Aufmerksamkeit des Wolfes, denn sonst war es auch um sie geschehen.
Wulfer schlug einen Haken um einen verkrüppelten Baum. Ein kleines Fellknäul flitzte – in seiner Nachtruhe gestört – in die Finsternis davon. Da verfing sich Wulfers Stiefel in einer Wurzel, und er fiel hart auf die Knie. Bevor er sich wieder aufrappeln konnte, flog ein schwarzer Schatten auf ihn zu. Er spürte den heißen Atem im Nacken, und der stechende Geruch, der Raubtieren eigen ist, stieg ihm in die Nase. Wulfer ballte die Hände zu Fäusten und schloss die Augen. Als ihn vier kräftige Pfoten niederwarfen und sein Gesicht auf die Steine schlug, stöhnte er leise auf. Ihm war, als schwebe er über dem Tal und könne seinen Körper sehen, über dem der riesige Wolf mit leuchtenden gEiben Augen stand, das Maul über dem ungeschützten Nacken des Zwerges geöffnet, um ihm jederzeit das Genick brechen zu können. Der klebrige Speichel tropfte auf seinen Hals und rann träge die Haut entlang.
Schwere Schritte näherten sich und verstummten dann. Wulfer konnte die Zyklopen spüren, die den Zwerg unschlüssig musterten. Der Wolf ließ ein tiefes Knurren hören,
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