Das Vermächtnis des Kupferdrachens ("Drachenkronen"-Trilogie) (German Edition)
nicht bereit, sich seine Beute streitig machen zu lassen. Da erklang Durims verhasste Stimme durch die Nacht.
»Rührt ihn nicht an, ich muss ihn erst verhören!«
Wulfer lauschte dem Hufschlag des Pferdes, das seinen Peiniger immer näher brachte. Nur widerwillig ließ der Wolf von seiner Beute ab, als Durim ihn scharf anzischte. Er band den Grauen an einen verkrüppelten Baum, ehe er sich dem am Boden liegenden Zwerg zuwandte. Seine Stiefel knarzten, als er die reglose Gestalt umrundete. Durim entzündete eine Fackel und hielt sie so nahe an den Verletzten, dass sich seine Haare kräuselten.
»Steh auf!« Er trat Wulfer heftig gegen die Schulter. Stöhnend drehte sich der Getretene um und setzte sich auf. Gesicht und Hände waren von dem Sturz blutig geschürft, sein linker Arm hing reglos herab. Durim hatte ihm mit seinem Tritt die Schulter ausgekugelt.
»So sieht man sich wieder!« Durim verzog das Gesicht zu einem grausamen Grinsen. »Ist doch schön, dass ich dir jetzt demonstrieren kann, was mit einem Ausreißer so alles passiert.« Er spuckte zwischen Wulfers Beine. »Glaub mir – das wirst du noch bereuen. Nur schade, dass Rodalio euch Ratten lebend zurückhaben will.« Er zuckte mit den Schultern. »Na egal, ich komm auch so auf meine Kosten. Du hast Pech, der alte Magier ist weit und wird dir nicht helfen.« Ohne Vorwarnung schlug er Wulfer mit der Faust ins Gesicht. Blut sickerte aus der geplatzten Oberlippe und tropfte in seinen Bart.
Yannos schlug die Hände vors Gesicht. Tränen stiegen ihm in die Augen. »Das hab ich nicht gewollt, Wulfer, verzeih mir, es ist alles meine Schuld«, wimmerte er fast lautlos. »Ich hab uns verraten. Ich hab die Verfolger auf unsere Spur gehetzt. Oh Thor, warum musste das passieren?«
Nur wenige Schritte weiter kauerte Zerras hinter einem Busch und beobachtete die grausame Szene. Er zitterte vor Angst und sah aus, als müsste er sich gleich übergeben.
Hoffentlich sterbe ich vor Angst, wenn sie mich entdecken, bevor sie mir etwas antun können, dachte er. Mühsam schluckte er die aufsteigende Galle nieder, seine Knie gaben nach, und er sank zu Boden, von lautlosem Schluchzen geschüttelt.
»Als Erstes willst du mir sicher verraten, wo sich deine Freunde versteckt halten, oder?«
Wulfer schüttelte den Kopf. Drohend stellte Durim ihm den Stiefel aufs Knie.
»Sie sind nicht mitgekommen«, versicherte Wulfer eilig und in ängstlichem Ton. Durim sah ihn misstrauisch an.
»Wir haben uns sofort getrennt, damit wenigstens einer durchkommt, wenn wir verfolgt werden. Sie sind über die Berge nach Norden, und ich wollte nach Süden, um Hilfe zu holen.«
»Du belügst mich doch!« Durim trat ihm so heftig gegen das Knie, dass Wulfer aufschrie.
Yannos stöhnte. »Ich kann es nicht. Ich hab ‘s versprochen, doch ich kann nicht zusehen, wie sie ihn foltern. Ich muss ihm helfen.«
»Doch, doch, es stimmt. Du kannst die Gegend hier ja absuchen. Schick deinen Wolf los. Er wird nichts finden!«
Durim räusperte sich vernehmlich und spuckte eine grünliche Masse auf den Boden. »Ihr kommt euch wohl verdammt schlau vor? Du hast soeben das Schicksal deiner Freunde besiegelt. Du meinst wohl, es wäre zu spät, um sie in den Bergen zu verfolgen, doch da irrst du dich. Der Wolf wird sie aufspüren, und dann werde ich sie einfangen. Los, steh auf, wir haben noch einen weiten Weg.«
Vorsichtig versuchte Wulfer, sich zu erheben, doch der stechende Schmerz in Schulter und Knie raubte ihm die Sinne. Die Welt verschwamm, und er knickte zusammen. Durim gab ihm eine Ohrfeige. »Aufstehen hab ich gesagt!«
Müde schüttelte Wulfer den Kopf. »Ich schaff es nicht.«
»Los, zieh ihn hoch«, herrschte Durim den kleineren Zyklopen an.
Der Einäugige griff nach dem schlaff herabhängenden Arm des Zwerges und zog ihn mit einem Ruck hoch. Wulfers Schmerzensschrei hallte von den Felswänden wider, er taumelte ein paar Schritte, dann gab das verletzte Knie wieder nach, und er fiel zu Boden.
»Du störrischer kleiner Zwerg!« Der Zyklop packte ihn mit fleischiger Hand am Genick und stellte ihn wieder auf die Beine. Als Wulfer zum zweiten Mal das Gleichgewicht verlor, ließ ihn der Zyklop wie einen Sack fallen.
»Durim, sein Knie ist hin. Der kann keine Lasten mehr tragen. Soll ich ihn erledigen?« Langsam hob er die mit eisernen Spitzen besetzte Keule.
»Nein!«, brüllte Yannos auf. »Du darfst ihn nicht töten!« Von Tränen halb blind stolperte er aus seinem Versteck, schwang seinen
Weitere Kostenlose Bücher