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Das Vermächtnis des Martí Barbany

Das Vermächtnis des Martí Barbany

Titel: Das Vermächtnis des Martí Barbany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chufo Lloréns
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Rashid al-Malik vor sich habe. Als der Mann mit einem Kopfnicken bejahte, gab er ihm den Brief, den er in der Tasche trug. Misstrauisch lehnte der andere den Axtstiel an einen Stein und riss das Siegel auf. Nachdem er das Pergament auseinandergefaltet und das sonderbare Erkennungszeichen am Rand entdeckt hatte, blickte er kurz hoch und musterte eingehend Martís Gesicht. Dann las er langsam das Schriftstück. Martí stellte fest, dass dem Mann ein Ohr fehlte. Als dieser fertig gelesen hatte, ging er zu Martí und gab ihm wortlos die drei zeremoniellen Küsse, ebenso wie es sein Bruder getan hatte.
    Martí schilderte nun die abenteuerliche Episode im Hafen von Famagusta, und als sie sich später im Haus an den Tisch setzten, auf dem ein bescheidenes Mahl stand, erklärte er, welchen Grund seine Reise hatte.
    Sie blieben mehrere Tage dort. Der Gastgeber kümmerte sich tagsüber um seine Angelegenheiten, und am Abend unterhielten sie sich über das Thema, das Martí so brennend interessierte. In einer Nacht, als Marwan schon in den Stall gegangen war, um auszuruhen, erzählte Rashid al-Malik eine höchst sonderbare Geschichte.
    »Nun, wie ich Euch gesagt habe, tritt nördlich vom See, sobald man kaum eine Elle tief gräbt, schwarzer Schlamm aus, dessen einziger Nutzen darin besteht, dass er leicht brennt, wenn man einen Docht hineinsteckt. Allerdings hat er den Nachteil, dass er stark und unangenehm riecht, wenn man ihn im Innern des Hauses verwendet.«
    »Ich will ihn im Freien benutzen, also gibt es diesen Nachteil nicht. Das Problem ist nur, wie man ihn in ferne Länder befördert, denn das muss auf dem Seeweg geschehen.«
    »Ich beschäftige mich damit, Vieh zu kaufen und das zu tun, was ich verstehe: Diese schwarze und dicke Flüssigkeit lässt mich kalt.«
    »Wenn Ihr mir den Stoff zur Verfügung stellt, der aus Eurem Boden austritt, mache ich Euch in wenigen Jahren reich.«
    »Das klingt gut, doch ich möchte Euch etwas anvertrauen, was für
mich viel wichtiger als Geld ist. In diesen Tagen habe ich Euch genau kennengelernt. Ich denke, dass Ihr ein gerechter Mann seid. Ihr seid jung, und was Ihr für meinen Bruder getan habt, bestätigt Eure edlen Gefühle. Außerdem will ich nicht, dass das Geheimnis, das meine Familie über viele Generationen bewahrt hat, mit mir verschwindet, denn ich werde nicht heiraten, und darum setze ich meine Sippe nicht fort.«
    Martís Neugier erwachte.
    »Warum sagt Ihr, dass Ihr Euch keine Frau nehmt? Ihr seid ja noch in der Blüte Eurer Jahre.«
    »Das ist eine lange Geschichte. Die erzähle ich Euch ein andermal. Aber nutzen wir die Gelegenheit, dass Euer Diener uns allein gelassen hat... Alle Mächtigen der Welt möchten sich gewiss das Geheimnis aneignen, das ich hüte, doch wie es der Tradition der Männer meiner Familie entspricht, die dieses Geheimnis von den Vätern auf die Söhne übertragen haben, werden wir es nur offenbaren, wenn die Kette der Überlieferung abreißt. Da ich keine Nachkommen habe, bin ich berechtigt, dies jemandem mitzuteilen, der sich eidlich verpflichtet, es für eine gerechte Sache und stets für das Gute zu benutzen.«
    »Ihr spannt mich auf die Folter.«
    »Wisst Ihr, was das ›Griechische Feuer‹ ist?«
    »Das weiß ich wirklich nicht.«
    »Ich will es Euch erklären. Das ist etwas so Wichtiges, dass beinahe alle Herrscher dieser Welt töten würden, um es zu bekommen... Vor langer Zeit erbte ein Syrer namens Kallinikos von den Chemikern Alexandrias eine Formel, die, wenn sie gut gebraucht wurde, der Menschheit nutzen konnte, wenn sie aber in die Hand eines Schurken fiele, könnte er mit ihr alle Völker der Erde unterjochen. Die Formel ging im Dunkel der Zeiten unter, doch die Männer meiner Familie haben sie bis zu mir übermittelt, denn einer meiner Vorfahren war der Gehilfe des Kallinikos und versorgte ihn mit dem schwarzen Stoff, der unter dem Boden meines, damals ihm gehörenden, Landes ruht.«
    Martís Augen leuchteten in der Dunkelheit.
    »Kallinikos erfand eine dickflüssige Mischung, die sich aus mehreren Stoffen zusammensetzte und die weiterbrannte, wenn sie ins Wasser kam. Sie bestand aus diesem schwarzen Öl, das Ihr hier sucht und das die Mischung auf dem Wasser schwimmen ließ, aus Schwefel, der giftige Dämpfe ausströmte, ungelöschtem Kalk, der, wenn er mit Wasser in Berührung kam, eine solche Hitze erzeugte, dass sie die Masse in Brand
steckte, aus Harz, um die Flammen anzufachen, und Salpeter, der auch unter Wasser brennt.

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