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Das Vermächtnis des Martí Barbany

Das Vermächtnis des Martí Barbany

Titel: Das Vermächtnis des Martí Barbany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chufo Lloréns
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raunte mit leiser, aber energischer Stimme: »Der Kirchenbann, Heiliger Vater.«
    Viktor II. runzelte die Brauen, um seine tiefe Besorgnis zu bekunden.
    »Ich dachte nicht daran, so weit zu gehen. Was Ihr mir vorschlagt, ist sehr ernst, Gräfin.«

    »Noch ernster werden die Folgen sein, wenn Ihr nicht schnell handelt.«
    »Bilardi, was haltet Ihr vom Vorschlag der Gräfin von Gerona?«
    Der Kardinalkämmerling, der in abwartender Haltung an einer Seite stand, antwortete in maßvollem und politischem Ton: »Wenn es keine andere Lösung gäbe, würde ich an diese Möglichkeit denken, doch sie ist so schwerwiegend, dass sich das Heilmittel vielleicht schlimmer als die Krankheit auswirkt. Ich halte es für besser, etwas mehr über dieses Thema nachzudenken: Es ist nicht gut, auf der Stelle eine Entscheidung zu treffen.«
    »Und Ihr, Bischof?«
    Guillem von Balsareny stand nun vor der Alternative, entweder die Gräfin zu unterstützen oder eine versöhnlichere Haltung zu zeigen. Schließlich entschied er sich für die erste Möglichkeit.
    »Heiliger Vater! Ich, ein bescheidener Priester, bin nicht der Richtige, um eine Meinung über eine solch hochbedeutsame Angelegenheit zu äußern. Aber da Ihr mich danach fragt und ich mich in den Problemen Kataloniens auskenne, glaube ich, dass die Kirche eine solche Freveltat in ihrem Zuständigkeitsbereich nicht zulassen darf. Was werden die Untertanen denken, wenn man den Mächtigen eine solche Zügellosigkeit gestattet? Wer wird es dann nicht wagen, seine Frau zu verstoßen, wenn er dafür nur einen ganz unbedeutenden Preis bezahlen muss?«
    Ermesenda nutzte die Unterstützung ihres Bischofs.
    »Bedenkt, Heiliger Vater: Wenn Ihr den Kirchenbann über meinen Enkel und seine Beischläferin verhängt, gebt Ihr seinen Untertanen das Recht auf Ungehorsam, und wenn ein Fürst die Auctoritas verliert, ist er seinen Feinden wehrlos ausgeliefert.«
    »Es ist gut, Gräfin. So soll es sein. Guillem, unterrichtet mich genau über alles, was in Barcelona geschieht. Wenn die Befürchtungen zutreffen, die wir alle hegen, exkommunizieren wir dieses törichte Paar. Gräfin, wenn dann alle Macht in Eure Hand gelangt, dürft Ihr nie vergessen, wer sie Euch gewährt hat, und Ihr müsst dementsprechend handeln.«
    »Aber, Eure Heiligkeit...«, griff Bilardi ein.
    Viktor II. erwiderte: »Jetzt ist keine Zeit für Spitzfindigkeiten. Allzu viel steht auf dem Spiel, und die Autorität des Papstes kann in Zweifel gezogen werden.« Dann wandte er sich an Ermesenda. »Rechnet mit meiner Zustimmung und Hilfe, wenn das geschieht, was Ihr vorausahnt.«

    »Zweifelt nie an meiner Person. Ich bin nicht nur eine treue Gläubige, die die Gebote des Gesetzes befolgt, sondern auch eine dankbare Frau.«
    »Dann geht in Frieden, Gräfin, und möge Gott Euch behüten.«
    »Gott sei mit Euch.«
    Während sich Bilardi anschickte, Ermesenda und den Bischof zu ihren Gemächern zu begleiten, ließ die Gräfin den Rand ihres Schleiers über ihr Gesicht hinabgleiten. Hätte Guillem ihren Ausdruck sehen können, so wäre ihm nicht entgangen, dass sich ein triumphierendes Lächeln auf ihren Lippen abzeichnete.

22
    Der Wald von Cerignac
    Toulouse, September 1052
     
    D ie Gruppe war nicht besonders groß. Zwei Reiter trabten vor einem schwerfälligen, vierrädrigen Wagen, an dessen Türen das Wappen der Grafschaft Toulouse prangte. Die heruntergelassenen Vorhänge aus gewachstem Leder ließen das Wageninnere nicht erkennen und schützten die Reisenden zugleich vor dem Staub des Weges. Vor den Wagen waren sechs Pferde gespannt. Auf dem Kutschbock saß ein Kutscher mit der Peitsche in der Hand, und auf dem ersten Pferd ritt ein junger Postillion. Dem Wagen folgten acht Soldaten mit Lanzen und Schilden als Nachhut. Auch sie trugen die Farben von Toulouse auf ihren Satteldecken. Hinter dem letzten Mann, mit einem Strick an seinem Sattelbogen festgebunden, trottete Hermosa, die Stute der Gräfin. Sie hatten die Garonne hinter sich gelassen, die Hochwasser führte, und sie waren schon beinahe den ganzen Tag unterwegs. Zweimal hatten sie die Pferde gewechselt. Der Hauptmann, der die Truppe befehligte, suchte unruhig den Horizont ab, weil er befürchtete, dass sich die Wolken am bedrohlich grauen Himmel plötzlich zerteilten und einen Platzregen ausschütteten, dessen voraussichtliche Folgen ihm Angst einjagten. Da er den Charakter seiner Herrin kannte, wagte er es nicht, einen Halt anzuordnen, um einen Unterschlupf zu suchen, denn

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