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Das Vermächtnis des Martí Barbany

Das Vermächtnis des Martí Barbany

Titel: Das Vermächtnis des Martí Barbany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chufo Lloréns
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Valerosa am Horizont auftauchten.

    Sie warteten noch eine Weile, bevor sie an Bord gingen.
    Als das beschwerliche Manöver, das ganze Gefolge auf die Barkasse zu schaffen, ausgeführt war, tauchten die Ruderer ihre Riemen ins Wasser und ruderten in dem vom Steuermann angegebenen Rhythmus auf die Schwimmboje zu, die mit den Farben der Grafschaft bemalt war und die man mit einer Kette an einem großen, auf dem sandigen Grund ruhenden Stein festgebunden hatte. Als die Barkasse den Treffpunkt erreichte, warf die Galeere schon den Anker aus. Die beiden Seefahrzeuge lagen nun längsseits, und vom Deck der Galeere ließ man eine Strickleiter hinunter, die bis zum Manntau des kleinen Schiffs glitt. Ohne sich um das Protokoll zu kümmern, stürzte sich Graf Ramón Berenguer I. wie wahnsinnig auf die erste Sprosse der schwankenden Strickleiter, denn er wollte nicht abwarten, dass sie von einem Ritter seiner Eskorte festgehalten wurde. Ihm folgten alle Übrigen. Als sie an Bord stiegen, brachten die Ritter ihrem Herrn eine stürmische Ovation dar. Endlos und herzlich tauschten die Eskorte des Grafen und die Neuankömmlinge Umarmungen und Glückwünsche aus.
    Nachdem Ramón Berenguer alle Ritter nacheinander umarmt hatte, nahm er Gilbert d’Estruc beiseite.
    »Wo ist die Gräfin?«, fragte er ungeduldig.
    »Sie macht sich in ihrer Kajüte zurecht, um Euch zu empfangen. Ihr sollt, hat sie mir gesagt, nicht zu ihr kommen, bevor Euch ihre Dame benachrichtigt.«
    »Dann erzählt mir inzwischen alles, mein guter Gilbert.«
    »Herr Graf«, antwortete Gilbert, dessen Gesicht von den Strapazen der Fahrt gezeichnet war, »dieser Bericht muss lang und umständlich ausfallen. Es wird genug Zeit geben, damit Ihr von unseren Missgeschicken während all dieser Tage erfahrt. Doch etwas möchte ich Euch schon jetzt sagen: Wenn die Gräfin nicht solchen Mut und solche Standhaftigkeit bewiesen hätte, würde diese Gruppe von kampferprobten Männern und beherzten Seeleuten heute vielleicht nicht hier sein, um davon zu erzählen.«
    »Erzählt mir, was geschehen ist, um Gottes willen! So wird mir das Warten erträglicher.«
    D’Estruc erklärte seinem Herrn Punkt für Punkt, was Almodis während des schrecklichen Piratenangriffs getan hatte.
    »Ich darf Euch gewiss versichern, Herr Graf, dass Ihr nicht nur eine Gattin gewonnen habt, sondern auch einen tapferen Ritter, der Eure Kriegsscharen ehren wird.«

    Das Kabinentürchen öffnete sich, und Doña Lionor erschien.
    »Verehrter Herr«, sagte sie mit einer Verbeugung, »Gräfin Almodis wird Euch jetzt empfangen.«
    Mit den Gefühlen eines jungen Mannes, der sein erstes Liebesstelldichein hat, trat der mächtige Herrscher Barcelonas in die Kajüte.
    Das Paar blieb lange Zeit in der Kapitänskajüte. Als es Nacht wurde, kam die Schaluppe des Grafen, die von erleuchteten, mit Leuten überladenen Fischerbooten umringt wurde, zur Küste. Dort wartete das Volk, das von dem Ereignis erfahren hatte, geduldig darauf, seine neue Herrin bis zur Sant-Jaume-Kirche zu begleiten. Sie trugen Kerzen und Öllampen, und man überschüttete die Ankömmlinge mit so lebhaften Ovationen, dass sich Almodis, als sie ins Schloss kam, genötigt sah, hinauszutreten und die Menge zu grüßen. Die Wache musste sich größte Mühe geben, um mit ihren Hellebarden das begeisterte Volk zurückzuhalten.
    Ein einziger Mensch blieb dem allgemeinen Jubel der Volksmenge fern: Pedro Ramón, der älteste Sohn Ramón Berenguers und seiner ersten Gattin, der verstorbenen Elisabet von Barcelona, beobachtete von einem kleinen seitlichen Balkon im zweiten Stock, hinter einem dicken Vorhang verborgen, die Gesichtszüge der Konkubine, die sich seine Rechte anmaßen wollte und die in diesem Augenblick mit erhobener Hand auf die Beifallsrufe des Pöbels antwortete.

ZWEITER TEIL
    Land und Meer

29
    Eine abgelehnte Bitte
    Barcelona, 1053
     
    M artí beschloss, die günstige Lage zu nutzen: Da sich die Geschäfte, die er mit Bernat Montcusí gewissermaßen gemeinsam betrieb, sehr gut entwickelten, wollte er es wagen, eine Bitte – mit der er einen Hintergedanken verknüpfte – an die mächtige Persönlichkeit zu richten. Er saß in dem kleinen Zimmer, in dem er gewöhnlich über seine Geschäfte nachdachte, und klingelte mit dem Glöckchen. Sofort erschien Caterina.
    »Ist Omar nicht da?«
    »Er ist ausgegangen, gnädiger Herr.«
    »Nennt mich nicht ›gnädiger Herr‹, Caterina, das gefällt mir nicht. Weißt du, wohin er gegangen

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