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Das Vermächtnis des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)

Das Vermächtnis des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joël Tan
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sich unsere Wege. Ihr werdet nicht mit uns nach Hamburg reiten. Euer Erscheinen wäre zu auffällig. Reitet zur Riepenburg, und wartet dort, bis Ihr Nachricht von mir erhaltet – gute Nachricht, so Gott will! Alsbald wird Euch von meinem Gemahl ein Lehen gegeben, wo Ihr mit Eurer Gefolgschaft leben könnt. Euer Weib kann vorerst bei mir auf dem Kunzenhof bleiben, wo sie sicher sein wird. Besonders in ihrem Zustand.«
    Eccard verbeugte sich. »Habt Dank, Herrin!«
    Am heutigen Tage waren ihre Hände einfach zu unruhig für die viel zu komplizierte Stickerei, an der sich die Gräfin gerade versuchte. Eigentlich hatte sie warten wollen, bis der Zeitpunkt besser war, doch sie merkte, dass sie vorher keine Ruhe fand. Drum entschied sie, gleich zu erledigen, was sie sich nach dem gestrigen Gespräch auf dem Gutshof vorgenommen hatte.
    »Meinen Pelzmantel!«, forderte sie vollkommen aus dem Nichts und erhob sich von ihrem behaglichen Sessel am Feuer.
    Sofort gerieten alle Hofdamen in Aufregung. Offenbar hatte die Gräfin vor, nach draußen zu gehen. Sie mussten sich bereitmachen.
    Doch Margarete stoppte ihren Eifer. »Meine Damen, haltet ein. Ich wünsche nur die Gesellschaft von Runa und Margareta.« Dann wandte sie sich an die beiden Genannten. »Bitte folgt mir in den Kunzenhof-Garten.«
    Runa und Margareta fragten nicht nach dem Warum und griffen nach ihren Mänteln, als Mechthild zu ihrer Mutter ging und sie sanft am Finger nahm.
    »Können Freyja und ich mitkommen, Mutter? Wir wollen im Schnee spielen.«
    Jetzt sprang auch Freyja auf, die gerade noch von Runa festgehalten und zur Vernunft gebracht werden konnte, bevor sie die Gräfin mit Bitten und Betteln belästigte.
    Eigentlich wollte Margarete verneinen, schließlich hatte sie ein wichtiges Gespräch zu führen, doch ihre Tochter schaute so flehentlich, dass ihr Mutterherz weich wurde. »Gut, aber nur wenn ihr versprecht zu gehorchen.«
    Die Antwort war ein lautstarkes Gejauchzte und ein aufgeregtes Geplapper. Nur mit Mühe und einigen Ermahnungen gelang es den Dienerinnen, die Mädchen warm anzuziehen.
    Kurz darauf verließen die Gräfin, Runa und Margareta, die mindestens in ebenso viele Lagen Stoff gehüllt waren wie die Kinder, unter den fragenden Blicken der Hofdamen die Kemenate. Im schneebedeckten und noch unberührten Garten angekommen, schritten die Frauen nebeneinander her und atmeten die eiskalte Luft ein. Es dauerte nicht lang, da hatten sie alle gerötete Wangen.
    Die Mädchen rannten Hand in Hand um sie herum und warfen sich dann rücklings in den Schnee, wo sie kichernd anfingen, mit Armen und Beinen zu rudern. Beide Mütter ließen sie gewähren, auch wenn solch ein Verhalten – zumindest für eine Grafentochter – unangemessen war. Doch so konnten sie sich wenigstens ungestört unterhalten, was der eigentliche Hintergedanke der Gräfin gewesen war.
    Gerade wollte die Gräfin beginnen, da sah sie von weitem den Scholastikus am Tor stehen. »Ausgerechnet jetzt«, murmelte sie verstimmt vor sich hin. Noch unterhielt er sich zwar mit jemandem, doch sie konnte sich schon denken, dass er eigentlich zu ihr wollte. Es würde ihr nichts anderes übrig bleiben, als mit dem, was sie den Frauen zu sagen hatte, zu warten, bis er wieder verschwunden war. Deshalb begann sie die Unterhaltung mit dem Offensichtlichsten. »Ich glaube, ich brauche euch nicht zu erklären, was mich derzeit bekümmert.«
    »Nein, Gräfin. Das ist wahrlich nicht nötig«, gab Margareta verdrießlich zurück. »Seit Tagen spricht die Stadt bloß noch von der Fehde!«
    »Wohl wahr«, ließ die Gräfin mit ruhiger Stimme verlauten.
    »Was glaubt Ihr, wird passieren?«, fragte Runa. »Ich meine, was wird Graf Gerhard II. tun?«
    Die Fürstin schaute in den Himmel, aus dem seit einiger Zeit wieder ein paar kleine Schneeflocken fielen. Leise rieselten sie herab und hinterließen weiße Tupfer auf ihrem fellverbrämten Mantel. »Nichts vorerst. Gott sei’s gedankt! Der Schnee ist wohl derzeit als Segen zu bezeichnen – jedenfalls für die Bewohner der Dörfer in unseren Landen. Wie ich Gerhard II. kenne, wird er zunächst die arme Landbevölkerung niedermachen wollen. Er wird ihr Vieh stehlen, plündern und morden, und vor allem wird er die Dörfer in Flammen legen. Doch bei diesem Wetter wird es unlängst schwerer sein, ein Dorf niederzubrennen. Darum lasst uns beten, dass es weiterschneit.«
    Margareta schlug ein Kreuz. »Wird Euer Gemahl etwas unternehmen, Herrin? Ich hörte von der

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