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Das Vermächtnis des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)

Das Vermächtnis des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joël Tan
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Entfernung zum Stall gelang es Jons, die panische Stute zum Stehen zu bringen. Gleich darauf begann sie, sich um sich selbst zu drehen. Ihr schrilles Wiehern weckte einen bestürzenden Gedanken in Jons, und ein suchender Blick bestätigte, was er sowieso schon geahnt hatte. Das Fohlen hatte es nicht geschafft. Obwohl es das mutigere der beiden Jungtiere gewesen zu sein schien, war es einfach noch zu klein gewesen, um über den herabgestürzten Balken zu springen. Den Jungen erfasste eine tiefe Traurigkeit. Er hätte die Mutterstuten zuerst rauslassen müssen. Sacht streichelte er ihren Hals. »Es tut mir so leid«, flüsterte er der wiehernden Stute zu.
    Erst ein plötzliches Geschrei ließ Jons zur Burg aufsehen – ebenso wie Albert und Erich, die bis zu diesem Moment keinen Gedanken daran hatten verschwenden können, warum niemand wie gefordert mit Wassereimern herbeigeeilt gekommen war. Jetzt sahen sie den Grund:
    Ritter griffen die Burg an! Sie kamen aus dem Wald geschossen; den Torwächter hatten sie bereits niedergemacht. Jetzt hielten sie geradewegs auf die Brücke zu. Die Männer Eccards waren so überrascht, dass sie gerade mal ihre Schwerter ziehen konnten. Schon prallten die Gegner vor der Brücke aufeinander. Das Klirren von Schwertern erklang und das Geschrei eines Mannes, der schon jetzt verwundet wurde. Langsam aber sicher stießen die Feinde zum Burgturm vor. Noch konnten die Gefolgsleute Eccards die Angreifer einigermaßen abwehren, doch das würde nicht lang so gehen – die Eindringlinge waren drei oder vier Mann in der Überzahl.
    Mit schreckstarren Augen schauten Erich und Albert zum Turm – einen Wimpernschlag lang unfähig sich zu bewegen. Was geschah hier? Eben noch waren sie dem fast sicheren Tode entkommen, und jetzt bot sich ihnen dieses unwirkliche Bild.
    Albert verstand als Erster, denn plötzlich erschien ihm alles ganz logisch: Die Lichter im Wald waren tatsächlich Klingen gewesen, und der Stallbrand hatte bloß der Ablenkung gedient, um einen Angriff der Burg zu erleichtern. Fassungslos sah er eines der mitgeführten Wappen. »Die Ritter Scarpenbergh! Sie kommen, um sich an Eccard zu rächen!«, entwich es ihm.
    In diesem Moment kam Jons auf Albert und Erich zugaloppiert und sprang, noch während die Stute lief, vom Pferd. »Herr, seht nur, die Frauen!« Der Junge zeigte mit seinem Finger auf eine Stelle des Burgturms, die ungefähr drei Mannslängen von der Brücke entfernt war. Eine Magd, Alusch und Ragnhild drückten sich gerade an dem Gemäuer des Turms entlang und kletterten nun, von den kämpfenden Rittern unbemerkt, in den Graben hinab.
    »Jons, lauf zu den Frauen, und bringe sie in den Wald. Hast du verstanden? Lauft tief hinein und kommt vor morgen nicht wieder heraus – egal was ihr hört!«
    Der Junge blickte Albert mit offenem Mund an.
    Dieser schoss jetzt auf den Jungen zu und schubste ihn grob in Richtung Burg, während er schrie: »Geh schon!«
    Jons rannte los.
    Derweil eilten Erich und Albert zunächst in dessen Wohnhaus. Hier statteten sie sich mit Messern, einer Axt und einem Knüppel aus – mehr Waffen waren nicht zu finden. Dann rannten sie auf den Burgturm zu, Albert mit schnellen Schritten und der alte Erich hinterher, so schnell ihn seine müden Beine noch trugen.
    Albert hatte sein Ziel klar vor Augen, doch bevor er die Angreifer von hinten attackierte, sah er noch, wie Jons Alusch und Ragnhild half, aus dem Graben zu klettern. Die Magd, die eben noch hinter ihnen gewesen war, hatte es nicht geschafft. Einer der Ritter war auf die drei Frauen aufmerksam geworden und hatte im letzten Moment das junge Mädchen zu fassen bekommen. Was er nun mit ihr anstellte, war so grausam, dass Albert besser nicht hinsah. Sein letzter Blick galt Alusch, Ragnhild und Jons, wie sie es in den Wald schafften. Diese Gewissheit gab ihm Kraft. Er beschleunigte seinen Schritt bis zu seinem ersten Gegner, hob die schwere Axt in seinen Händen hoch über den Kopf und ließ sie in den Rücken des Ritters am Brückenanfang fallen, der seinen herannahenden Feind nicht hatte sehen können. Mit einem Ruck zog Albert die Axt wieder heraus und nahm sich den nächsten Mann vor. Er war kein geübter Kämpfer. Seine Waffe war weder so wendig wie ein Schwert, noch so geschickt geführt. Dennoch, die bloße Hoffnung, dass er und die fünf Männer es schaffen konnten, die Ritter zu besiegen, wenn sie nur zusammenhielten, ließ ihn aufschreien und wild um sich schlagen.
    In diesem Moment kam

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