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Das Vermächtnis des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)

Das Vermächtnis des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joël Tan
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fort, und in spätestens acht Jahren ist das einst Nutzlose zu etwas Wertvollem geworden. Vielleicht wertvoller als Eure Münzen, wenn Ihr versteht, was ich meine.«
    Der Mann lehnte sich zurück. Soweit hatte er noch nicht voraus gedacht. »Verstehe …! Kein schlechter Gedanke.«
    »Bitte verzeiht, wenn ich ungefragt spreche. Aber ich wüsste einen Ort, der besondere Beobachtung verspricht. Ich kenne dort jemanden, der ein Interesse an Eurer Beute haben könnte.«
    »Wo ist dieser Ort?«
    »Im Bistum Verden.«
    Dann wandte der Gastgeber sich an den Mann, mit dem er zuerst gesprochen hatte. »Gut, die beiden gehen mit Euch, er hier geht mit ins Bistum Verden, und in ein paar Jahren werden wir sehen, ob Euer Plan aufgeht. Vergesst nicht, solange seid Ihr mir was schuldig.«

TEIL III
    Hamburg, Kiel und Buxtehude
Frühling, im Jahre des Herrn 1299

1
    »Nun macht schon, ihr elenden Hunde! Das Holz wird schließlich nicht von alleine auf die Wagen laufen. Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit, euch beim Faulenzen zuzuschauen …!« Der Mann schrie und schimpfte eigentlich unentwegt, doch das fiel hier kaum auf.
    Der Ton am Hafen Hamburgs war mindestens so rau wie das heutige Wetter. Nachdem es die letzten Wochen zwar kalt, aber eigentlich durchweg sonnig gewesen war, zeigte sich der Himmel nun bleigrau. Es war, als hätte der Herrgott selbst etwas gegen ein gutes Anlaufen des Handels im Jahre des Herrn 1299. Seit das Geschäftsjahr wie immer am St. Peterstag, dem zweiundzwanzigsten Februar, begonnen hatte, fiel ein endloser Nieselregen, der den eklig stinkenden Schlamm am Hafen aufweichte.
    Ausgerechnet heute, wo die lang erwarteten Schiffe mit dem ersten friesischen Holz nach der Winterlage in Hamburg anlegten, musste es so ungemütlich draußen sein, dachte der Mann wütend mit einem Blick gen Himmel. Er würde noch mindestens bis zum Abend hier stehen und die Arbeiter antreiben müssen. Schon jetzt wünschte er sich wieder in sein Haus auf der Grimm-Insel zu seiner Frau.
    Die Männer auf den Schiffen schufteten ohne Unterlass. Immer wieder verzurrten sie die dicken, glitschigen Balken an Deck, damit der Tretkran diese über ein Geflecht von Rollen, Eisenketten und Seilen in seinem Inneren anheben und auf die am Kai bereitstehenden Pferdewagen laden konnte. Der dritte Wagen war fast voll. Nur noch zwei Balken passten drauf, bevor der Wagenführer zu Godeke von Holdenstede fahren konnte, wo das Holz in den Kellergewölben gelagert werden sollte.
    Doch einen Moment lang war der Kranführer unaufmerksam. Und nur dieses eine Mal waren die Taue ein kleines bisschen weniger fest als gewöhnlich. Ganz plötzlich geriet das Holz am Kranende ins Rutschen. Ein bedrohliches Geräusch kündigte an, was gleich passieren würde.
    »Der Balken, er rutscht!«
    »Weg hier!«
    Die Männer hatten zum Glück früh genug bemerkt, dass die Seile das Holz nicht würden halten können. Nur einen Augenblick später sauste der Balken auf den schwer beladenen Pferdewagen herab. Die Seitenwände der Ladefläche brachen mit einem berstenden Geräusch entzwei. Holzteile mit scharfen Enden flogen durch die Luft. Dann setzten sich die übrigen Balken in Bewegung. Erst langsam, schließlich immer schneller, rollten sie mit einem donnernden Geräusch über den Hafen.
    »Bringt euch in Sicherheit!«, schrie der Mann, der die Arbeiten überwachte, und hechtete im letzten Moment zur Seite. Dabei stieß er sich schmerzhaft das Knie, doch er war in Sicherheit. Im Augenwinkel sah er noch, wie ein mächtiger Baumstamm knapp an ihm vorbeirollte und kleine Splitter aus zwei Holzkisten machte, die er überrollte.
    Im gleichen Moment ging das Pferd vor dem zertrümmerten Wagen durch und rannte angsterfüllt den Hafen entlang. Zwei Männer schafften es gerade noch, sich mit einem Sprung ins Hafenbecken in Sicherheit zu bringen, wo sie aber augenblicklich zu ertrinken drohten und panisch um Hilfe schrien. Ein weiterer Mann jedoch wurde von den wirbelnden Hufen erfasst und blieb reglos am Boden liegen.
    Sofort erhob sich der Aufseher wieder und griff nach einem hölzernen Ruder, welches eigentlich für eine Schute zum Entladen von Schiffen gedacht war. Damit rannte er zur Hafenkante, versuchte, es den Ertrinkenden zu reichen, und schrie: »Holt die Männer aus dem Wasser! Bringt Seile, schnell!«
    Auf seinen Befehl hin wurden die Männer gerettet, doch für den Arbeiter, der unter die Hufe des wildgewordenen Gauls geraten war, kam jede Hilfe zu spät.
    Es dauerte

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