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Das Vermächtnis des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)

Das Vermächtnis des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joël Tan
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obwohl du es schon längst sein könntest – unter einem anderen Magister!«
    Dieser Satz versetzte Thymmo einen Stich. Tatsächlich war es mithin das Einzige, was Johann Schinkel ihm bislang verwehrte, obwohl er die Macht hätte, und was er sich doch so sehr wünschte.
    Der Scholastikus bemerkte Thymmos Blick und setzte nach: »Vielleicht ist es Absicht? Ist dir das schon mal in den Sinn gekommen?«
    »Woher wollt Ihr das wissen? Ich habe dem Ratsnotar viel zu verdanken. Er hat mir zu vielem verholfen und immer an mich geglaubt. Eure Worte sind unangebracht!«
    »Nein, dein blindes Vertrauen ist unangebracht, Thymmo. Glaubst du wirklich, der Ratsnotar handelt aus reiner Nächstenliebe? Ein Mann in seiner Position hat immer einen Hintergedanken, einen Plan, den er verfolgt. Und das tut er schon seit geraumer Zeit, nur warst du bisher einfach zu unerfahren, um die Wahrheit zu erkennen.«
    »Das glaube ich Euch nicht. Ihr liegt falsch! Warum sollte alles Berechnung sein? Ich kenne den Ratsnotar. Ein solches Verhalten passt nicht zu ihm. Nennt mir doch nur ein einziges Beispiel …«
    »Du willst ein Beispiel seines fehlerhaften Wesens? In Ordnung. Dann sollst du eines bekommen.«
    Thymmo fühlte ein Schaudern. Wenig überzeugend sagte er: »Ihr könnt nichts sagen, das meine Treue zu ihm erschüttert!«
    »Nun, wir werden sehen«, ließ der Scholastikus selbstsicher verlauten. »Glaubst du tatsächlich, dass es damals vor acht Jahren bei der Wahl zum Kinderbischof mit rechten Dingen zugegangen ist?«
    Thymmo schwieg, ohne eine Miene zu verziehen.
    »Du denkst vielleicht, es war eine gerechte Wahl, die dich damals auf den Thron gesetzt hat. So hat er es dir erzählt, oder? Doch das ist falsch.«
    Seine Gedanken waren nun bei dem Tag vor acht Jahren. Die Erinnerungen waren bildhaft. Jedes Detail so gegenwärtig, als wäre es gestern erst passiert. Seine Aufregung und der Stolz, den er empfunden hatte. Natürlich waren es die Domherren gewesen, die ihn gewählt hatten. Welchen Grund hätte der Ratsnotar auch gehabt, in dieser Sache zu lügen?
    »Ich habe dich zum Kinderbischof gemacht, weil Johann Schinkel mir zuvor eine Gefälligkeit erwiesen hat. Du warst also bloß das Zahlungsmittel, die Tauschware! Nicht mehr.«
    Ohne dass er es wollte, riss Thymmo die Augen auf und machte einen Schritt rückwärts. »Das … das ist … gelogen.«
    »Ist es nicht, leider! Genauso wenig ist es gelogen, dass der Ratsnotar schon seit Jahren so mit dir verfährt. Er benutzt dich, und damit du nicht dahinter kommst, gibt er dir das Gefühl, ihm wahrlich eine Stütze zu sein. Doch all seine vermeintliche Liebe wird zu einem jähen Ende kommen, wenn du eines Tages aufbegehrst und nicht mehr das tust, was er verlangt.«
    Thymmo lief es kalt den Rücken herunter. Sofort kam ihm die morgendliche Situation mit Beke in den Kopf. Stimmte es etwa, was der Scholastikus da sagte? Wollte der Ratsnotar ihn bloß glauben machen, dass er eines Tages ein Domherr würde und später vielleicht sogar als sein Nachfolger antreten konnte? Thymmos Herz weigerte sich noch immer standhaft, das zu glauben, doch die Worte des Magisters drangen tief in ihn und ließen ihn gegen seinen Willen zweifeln.
    »Warum erzählt Ihr mir das? Doch nicht etwa aus Nächstenliebe. Was habt Ihr davon? Erzählt es mir!«
    »Du bist wahrlich nicht auf den Kopf gefallen, Thymmo! Ich sage dir, was ich davon habe: Ich brauche eine rechte Hand.«
    »Was? Ihr habt doch Ehler?«
    Einen Herzschlag lang wirkte der Magister tatsächlich betroffen. Dann aber war dieser Anflug wieder vorbei, und seine Stimme wurde hart. »Ehler ist hasszerfressen und sein Blick dadurch verschleiert. Sein Herz schlägt noch immer für die Nikolaiten, obwohl diese Schuljungenkriege längst Vergangenheit sind. Er taugt nicht mehr als mein Vertreter.«
    Ein ungläubiges Lachen entfuhr Thymmos Mund. Diese Situation war einfach zu grotesk, um sie zu glauben. »Und nun wollt Ihr mir tatsächlich erzählen, dass ich seinen Platz einnehmen soll?«
    »Überleg es dir. Was ich dir anbiete, ist ehrlich und nicht so verlogen wie die vermeintlichen Angebote des Ratsnotars. Du wirst mein Vertreter, und zudem mache ich dich spätestens im nächsten Jahr zum Domherrn.«
    In diesem Moment schaute Thymmo kurz zu Boden und fuhr sich mit der Rechten durchs Haar. Die scheinbar unbeirrbare Selbstsicherheit des Magisters verfehlte ihre Wirkung nicht. Doch er wusste etwas, was sein Gegenüber nicht wusste, und diese Information

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