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Das Vermächtnis des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)

Das Vermächtnis des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joël Tan
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mittlerweile zu Runa gegangen war und ihre Schultern hielt. Voller Hoffnung schauten sie den Grafen an.
    In diesem Augenblick legte Margarete von Dänemark ihre Hand auf seinen Arm. Ein Blick seiner Gemahlin genügte; sie brauchte ihre Bitte nicht vorzutragen. An seine Männer gerichtet befahl er: »Sattelt morgen in aller Früh die Pferde, und macht euch bereit. Wir ziehen zur Burg Linau.«
    Die Strecke von Hamburg nach Linau war an einem halben Tag zu schaffen, und doch kam sie Walther ewig vor. Sein Herz wollte sich nicht beruhigen und schlug unaufhörlich in einem schnellen Takt. Was würde ihn auf der Burg erwarten? War Freyja wirklich dort? Und sollte es zum Kampf kommen, würden sie dann siegreich sein? Die Männer des Grafen waren dafür gerüstet.
    Es war bereits weit nach der Mittagsstunde, da sahen die Männer die Feste auf ihren drei Inseln. Umgeben von einem Wassergraben und hohen Palisadenzäunen, wirkte sie fast uneinnehmbar.
    »Macht Euch bereit!«, befahl Johann II. mit beherrschtem Gesichtsausdruck. Er war gefasst und nicht im Geringsten ängstlich. Seine Erfahrung schützte ihn davor. Nun galt es, auf die Burg zu gelangen – wenn möglich ohne Kampf, doch wenn nötig mit Gewalt! Ein letztes Wort richtete der Graf an seinen ehemaligen Spielmann. »Ihr bleibt ganz hinten, verstanden?«
    Dieser nickte und wendete sofort sein Pferd, um an das Ende des Gefolges zu galoppieren. Hinter den Bewaffneten ritt er dann auf die hochgezogene Zugbrücke zu. Klappernd, klirrend und schnaufend kamen Pferde und Reiter davor zum Stehen.
    Walthers Brust begann unter seinem hämmernden Herzschlag fast schon zu schmerzen, so aufgeregt war er. Von seinem Platz aus konnte er sehen, dass oberhalb des hölzernen Torhauses ebenso wie aus dem mächtigen, steinernen Turm auf der Hauptburg Männer herunterspähten. Man hatte sie also bereits bemerkt. In ihren Gesichtern war grenzenloses Erstaunen zu sehen, denn wer da vor ihnen stand, erkannte selbst der Dümmste an Wappen und Farben. Walther konnte nur erahnen, was für eine Verwirrung jetzt im Inneren der Burg herrschte, und er rechnete fest damit, dass ihnen der friedliche Einlass verwehrt blieb. Welchen Grund sollten die Männer von Graf Johanns Vetter auch haben, ihrem Feind zu öffnen? Trotzdem versuchte es der Schauenburger.
    »Lasst sofort die Brücke runter!«, ertönte seine laute Stimme, während er die Hand auf seinen Schwertknauf legte.
    Es war plötzlich still auf dem Burghügel. Die Männer Johanns II. starrten gebannt das Torhaus und die aufrechte Brückenplatte an, auf dessen oberster Kante sich plötzlich zwei zwitschernde Vögel niederließen. Eine ganze Weile lang war nichts außer ihrem Gesang zu hören. Dann ließ ein lautes Knacken und Knarren sie erschrocken aufflattern. Die Brücke bewegte sich, ihre Ketten klirrten. Als das Holz krachend den Boden berührte, wurde eine Wolke von Staub und Dreck aufgewirbelt. Das Pferd des Grafen tänzelte verängstigt ein paar Schritte zurück. Dann war es wieder still.
    Der Staub legte sich, und die Sicht durch das Torhaus wurde frei. Aus der Mitte der Vorburg-Insel starrte sie bloß ein einziges Paar Augen an. Es waren jene von Ludolph Scarpenbergh, Marquardus’ Bruder.
    Laut und deutlich sprach er: »Tretet ein, aber lasst Eure Waffen stecken. Wie Ihr seht, bin ich selbst unbewaffnet.« Er streifte seinen Mantel zurück, um seine Worte zu bekräftigen.
    Johann II. gab seinen Männern ein Handzeichen, auf dass sie ihre Waffen strichen und ihm langsam über die Brücke auf die erste Insel der Burg folgten. Dabei schauten sie sich wachsam um, jederzeit bereit, einen möglichen Hinterhalt abzuwehren. Doch es geschah nichts dergleichen.
    Der Graf blieb vor Ludolph Scarpenbergh stehen und blickte auf ihn herab. Blicke wurden gewechselt, doch der Kieler sagte nichts zu ihm, sondern trieb sein Pferd einfach weiter.
    In diesem Moment ergriff der Ritter die Zügel von Johanns Pferd. »Da Ihr Gäste auf meiner Burg seid, wäre es wohl angemessen, mir zu sagen, was Ihr hier wollt, Graf.«
    Sofort ritten die Männer des Schauenburgers näher heran und umringten ihn und den Ritter.
    »Lasst augenblicklich mein Pferd los, Scarpenbergh.«
    Ludolph tat es zwar, stellte seine Frage aber erneut. »Sagt mir, was Ihr wollt. Es muss kein Blut fließen.«
    »Das liegt ganz bei Euch. Wir werden uns auf der Burg umsehen. Es ist von Interesse für mich, wen Ihr noch so Euren Gast nennt.«
    Der Ritter lachte spöttisch, trat zur Seite und

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