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Das Vermächtnis des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)

Das Vermächtnis des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Vermächtnis des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joël Tan
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düsteren Gänge hinter sich, und erreichte so rasch die großzügige Kammer, die man ihr und Walther zugesprochen hatte. Als die Kinderfrau hinter Margareta und ihr eintreten wollte, hielt Runa sie zurück. »Du kannst gehen. Ich kümmere mich allein um sie.«
    Die Zurückgewiesene schaute etwas zerknirscht, knickste aber wohlerzogen und machte kehrt.
    Als die Schwestern die Tür hinter sich schlossen, war es mit mal ganz still in der Kammer. Nur ein leises Schluchzen war zu vernehmen. In der Mitte der Bettstatt war ein Hügel unter weißen Laken auszumachen, der sich immer dann bewegte, wenn ein Schluchzer erklang. Runa bedeutete Margareta, sich leise auf die Kante der Bettstatt zu setzen, während sie selbst auf der anderen Seite neben dem weißen Hügel Platz nahm. Dann erst fragte sie mit sanfter Stimme: »Hat dich wieder mal ein böser Traum heimgesucht?«
    Der Hügel nickte.
    »Möchtest du vielleicht unter den Laken hervorkommen?«
    Eine schüttelnde Bewegung war die Antwort.
    Runa kannte dieses Verhalten von Freyja schon. Ihr kleines Mädchen wurde regelmäßig von schlimmen Träumen gequält, die dem Kind stets so lebhaft vor Augen waren, dass sie sich noch Stunden danach fürchtete. Oft versteckte sie sich dann. Entweder unter einem Laken, oder sie ging in den Pferdestall. Die Träume unterschieden sich, doch immer kamen zwei Dinge darin vor: zum einen das Feuer, vor dem sie sich zu retten versuchte, und zum anderen die Pferde, die ihre steten Helfer waren. Es war also nicht verwunderlich, dass Freyja auch zu Wachzeiten immerzu im Stall sein wollte. Pferde gaben ihr ein Gefühl der Geborgenheit.
    Die Mutter hob die Hand, um dem Mädchen den Kopf zu streicheln, doch dieses zog sich nach der ersten Berührung zurück. Es war noch nicht soweit. Auch das kannte Runa, denn Freyja brauchte oft einen Moment, um sich zu beruhigen. »Willst du mir vielleicht von dem Traum erzählen?«
    Freyja sagte nichts.
    »Tante Margareta ist auch hier. Willst du ihr vielleicht von deinem Traum erzählen.«
    Nach einem kurzen Zögern sprach das Mädchen doch.
    »Tante Margareta kam auch in meinem Traum vor. Mit ihr bin ich durch die Straßen gelaufen. Hinter uns war ein Feuer, und wir wollten weglaufen, aber plötzlich waren die Flammen überall.«
    Runa bekam eine Gänsehaut. Sofort kamen ihr Bilder von dem großen Brand vor sieben Jahren in den Kopf. Damals war es fast so gewesen, wie Freyja es gerade beschrieb. Hamburg war zu großen Teilen niedergebrannt, und unzählige Menschen ließen in den Flammen ihr Leben. Manchmal fragte sie sich, ob sie Freyja ihre seither verstärkte Angst vor Feuer weitergegeben hatte, ohne es zu merken.
    »Was ist dann passiert?«, fragte nun Margareta.
    »Dann war ich allein. Du warst fort!« Das Mädchen begann erneut zu schluchzen. Doch diesmal ließ es sich streicheln.
    »Und dann, mein Herz?«
    »Plötzlich war neben mir ein Pferd, auf das ich mich raufgesetzt habe. Ich ritt durch die Flammen, und dann war ich an einem Ort, wo ich niemanden kannte.«
    »Aber wo waren denn alle? Wo waren Vater und ich?«
    »Ihr wart nicht da. Ich war allein auf der Burg mit den vielen Mauern.«
    »Haben wir dich denn gesucht?«
    »Nur am Anfang, und dann habt ihr aufgehört, mich zu suchen und mich vergessen.« In der Stimme der Sechsjährigen schwang Verzweiflung, aber vor allem ein nicht zu überhörender Vorwurf mit.
    »Wir haben aufgehört, dich zu suchen?«
    »Ja«
    »Aber das war doch nur ein Traum, mein Liebling.«
    »Nein.«
    Runa war einen Moment lang sprachlos. Warum nur träumte das Kind immer solch schlimme Sachen, wo sie doch sonst immer so fröhlich war. Runa kannte niemanden außer ihrer Tochter, der so träumte.
    Plötzlich zog das Mädchen sich das Laken vom Kopf. »Mutter, du darfst nie aufhören, mich zu suchen!«, beschwor Freyja Runa mit einem Blick, der sie gefrieren ließ. »Du musst immer weitersuchen! Bis du mich findest.«
    Zitternd zog sie das Kind an sich und versprach: »Natürlich, mein Kind. Ich werde nie aufhören, dich zu suchen. Ich verspreche es!«

3
    Eccard und Margareta waren die letzten Gäste des Turniers auf der Burg Kiel. Man hatte sie gut behandelt, doch jetzt wurde es Zeit zu gehen.
    Ihr kleines Gefolge hatte sich bereits im Hof versammelt und zurrte die letzten Gurte fest. Die nächtliche Dunkelheit kämpfte noch mit dem aufkommenden Tageslicht, so früh war es am Morgen.
    Runa zitterte vor Kälte, trotz des dicken Wolltuchs, in das sie gehüllt war, und trotz

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