Das Vermächtnis des Ratsherrn: Historischer Roman (German Edition)
beisammensaßen.
Die Frauen hatten sichtlich ihr Bestes getan, um dem Anlass mit ihrem Mahl Genüge zu tun. Sie waren nicht auf ein festliches Essen eingestellt gewesen, und dennoch duftete es nach kürzester Zeit ganz wunderbar im Burgturm.
»Wie war es in Kiel?«, fragte Albert mit vollem Mund.
»Du meinst, außer dem Spott der Ritter, den ich ertragen musste, weil ich mich im Tjost habe schlagen lassen?«
Albert grinste. »Nimm es nicht so schwer. Einer muss verlieren, und nächstes Jahr gibt es wieder ein Turnier in Kiel. Ich hörte, dass du gegen einen Grafen angetreten bist. Wie hieß er doch gleich?«
»Es war Graf Johannes I. von Stotel.«
»Diesen Namen habe ich noch nie gehört. Ist er ein Ehrenmann?«
»Das kann ich dir nicht beantworten. Er kämpft jedenfalls wie einer. Doch er ist abgereist, bevor ich oder die Grafen von Kiel mit ihm haben sprechen oder ihm gratulieren können.«
»Das klingt weniger ehrenhaft und ist überaus unüblich. Aber genug vom Spektakel. Was gibt es Neues aus Plön?«
»Ich war nicht einmal einen Tag lang dort. Graf Gerhard hat mich umgehend weiter zur Burg Linau geschickt.«
»Zu den Scarpenberghs?«
»Ja, doch auch dort war ich nicht lang. Mit dem ersten Tageslicht bin ich von der Burg geritten – ohne mich zu verabschieden.«
Albert zog eine Augenbraue hoch. »Hast du dir dieses unhöfliche Verhalten etwa bei dem Grafen von Stotel abgesehen? Die Ritter werden nicht darüber hinwegsehen.«
»Das weiß ich, und es ist mir gleich. Wenn es nach mir geht, muss ich diesen gottlosen Haufen nie wieder sehen.«
Unter diesen Umständen gab es für Albert noch eine wichtige Frage: »Sag, mein Freund. Wirst du Gerhard II. die Treue halten?«
Eccard nahm einen Schluck Wein bevor er antwortete. »Nein«, war seine knappe Erwiderung.
Alle am Tisch nickten erleichtert, denn jeder wusste, was das bedeutete. Sein Vorhaben war zwar gefährlich, doch deswegen war es nicht weniger richtig.
Endlich sprach Eccard das Offensichtliche aus. »Ich habe mich entschieden überzulaufen, das heißt, wenn Graf Johann II. mich überhaupt als seinen Gefolgsmann will.« Eccard erzählte von dem Erlebten auf der Raubburg Linau, das ihn letztendlich überzeugt hatte. Er haderte ja schon lange mit seiner Verbundenheit zu Gerhard II., und das, obwohl er sich seiner eigenen Missetaten in der Vergangenheit durchaus bewusst war. Aber er hatte sich verändert. »Ich kann keinem Herrn mehr dienen, der solche Taten billigt. Auch ich habe mich zwar in der Vergangenheit einiger Überfälle schuldig gemacht, aber diese Zeit ist nun vorbei. Lang genug bin ich mit den anderen Plackern im Auftrag Gerhards II. durch die Lande gezogen, bloß um dessen Truhen zu füllen. Ich bin es leid.«
»Und ich bin froh, dass du das so siehst«, ließ Albert ehrlich verlauten. »Wie du weißt, ist auch mein Verhältnis zu Graf Gerhard mehr als angespannt. Ein Überlauf scheint auch mir das einzig Sinnvolle zu sein.«
Nun meldete sich auch Ragnhild zu Wort. »Ich bin ebenso erleichtert, Eccard, und habe gehofft, dass du dich irgendwann so entscheidest. Zumal Runa und Walther auf der Burg Kiel bei Johann II. leben und ihm ebenso wie Gräfin Margarete treu ergeben sind. Es wäre mir schleierhaft gewesen, wie unsere Familie in Zukunft zwei Herren hätte dienen sollen, ohne dass es eines Tages zu Problemen gekommen wäre.«
Eccard nickte seiner Schwiegermutter zu, als wäre es selbstverständlich, dass sich Frauen an derartigen Gesprächen beteiligten. Er hatte sich längst daran gewöhnt, dass in seinem Haus so einiges anders lief, als bei anderen Rittern, wo die Weiber stets hinausgeschickt wurden, wenn die Männer sich derartigen Themen widmeten. Hier auf der Riepenburg besprach man alles stets gemeinsam.
Selbst Margareta, die früher eher still und zurückhaltend gewesen war, beteiligte sich normalerweise am Geschehen. Nun wurde Aluschs Stimme laut. »Sag, Eccard, wann ist der richtige Zeitpunkt, um mit Graf Johann zu sprechen?«
»Das ist eine gute Frage und zugleich eine gute Gelegenheit, euch von einer weiteren Neuigkeit zu berichten, die ich auf der Burg Kiel erfahren habe, und die vielleicht eine Antwort auf diese Frage sein wird.«
»Eine weitere Neuigkeit?«, fragte Alusch.
»Wir werden wohl alsbald nach Hamburg reisen.«
»Was sagst du? Wann? Und warum?«, fragte Albert erstaunt. Nachdem er die Stadt mit seiner Familie verlassen hatte, gab es wahrlich nicht mehr viel Grund, nach Hamburg
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