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Das Vermächtnis des Rings

Das Vermächtnis des Rings

Titel: Das Vermächtnis des Rings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Bauer
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Morgenluft. Das Knarren der Räder bildete den Rhythmus dazu.
    Kerlon bekam ich nicht mehr zu sehen. Und es war schon spät am Vormittag, als ich hörte, er hätte sich auszahlen lassen und die Karawane in aller Eile verlassen. Die Männer taten das Gleiche wie ich: Sie zweifelten an seinem Verstand.
    Merzad war den ganzen Tag über störrisch und übel gelaunt. Mehrfach versuchte er nach mir zu schnappen, und ich hatte alle Mühe, ihn auf der Straße zu halten. Auch die übrigen Tiere waren unruhig. Wilde Flüche der Fuhrleute und lautes Peitschenknallen waren die Antwort darauf.
    Gegen Mittag reichte uns ein Bursche, der kaum älter war als ich und als Küchenhilfe diente, Zwieback, Hartwurst und Wasser. Diese karge Mahlzeit verzehrten wir während der Fahrt.
    Der Nachmittag kam und ging, und obwohl die Sonne schien, die Luft mild und der Wind lau war, lag über der Karawane eine gereizte Stimmung. Meine Gedanken schweiften zu meinem morgendlichen Erlebnis zurück. Drohte vielleicht doch eine unsichtbare Gefahr? Auf Vaters Hof waren die Tiere bei Gewitter oder Sturm unruhig gewesen. Auch jetzt schienen sie etwas zu wittern.
    Ach Unsinn, schalt ich mich, da ist nichts! Du wirst doch nicht auf die Fantasien eines Spinners hören!
    Der Nachmittag schritt voran. Seit einiger Zeit marschierten wir durch ein größeres Waldstück. Der Schatten tat mir gut. Die Sonne war noch kräftig und hatte mich ausgedörrt. Ich freute mich schon auf einen Schluck kühlen Wassers.
    »Reiter von vorn!«, gellte der Ruf eines der Söldner.
    Ich konnte leider nichts sehen, bildeten Merzad, unser Karren und ich doch den Abschluss des Lindwurms, den die Karawane über die Straße zog.
    Die vorderen Wagen fuhren rechts ran, wohl um den Reitern Platz zu machen. Vielleicht gehörten sie zur Garde Asathirs oder zu einem der Gutsherren, die für gewöhnlich ihre eigenen kleinen Söldnerheere unterhielten – nicht immer zu den lautersten Zwecken.
    »Träumst du, Junge?«, riss mich die Stimme eines der Fuhrleute aus den Gedanken. Ich zog Merzad, der sich noch immer störrisch aufführte, mühevoll von der Straße.
    Währenddessen sah ich im Dämmerlicht des Waldweges die Reiter näher kommen. Ihre Uniform war gänzlich dunkelgrau. Sie trugen Helme, und aufgrund des Lichteinfalls wirkten selbst ihre Gesichter wie ein grauer Schemen. Auf ihren Kettenhemden war kein Wappen zu erkennen. Das war ungewöhnlich. Normalerweise trugen solche Garden einen Überwurf mit dem Wappen ihres Herren. Irgendwie waren mir die näher kommenden Reiter unheimlich.
    Endlich war es mir gelungen, Merzad hinter das letzte Fuhrwerk zu ziehen. Der Esel versuchte noch einmal, nach mir zu schnappen, und blökte laut. Ich wollte dem Tier gerade einen Schlag versetzen und es ausschimpfen, als mich ein Schmerzensschrei und ein Alarmruf davon abhielten.
    Ich hob den Kopf, aber das Fuhrwerk versperrte mir die Sicht. Das Aufeinanderprallen von Stahl auf Stahl verriet mir jedoch alles.
    Die Karawane wurde angegriffen!
    Ich ließ Merzad los, lief hinter das letzte Fuhrwerk und warf mich darunter in Deckung. Vorsichtig spähte ich nach vorne. Gleichzeitig hatte ich wie von selbst mein Schnitzmesser gezogen. Es war eine lächerliche Geste, aber mir war wohler, als ich den warmen, hölzernen Griff in meiner Hand spürte.
    Der Anblick, der sich mir bot, ließ mir das Blut in den Adern gefrieren. Was ich aus der Entfernung für Kettenhemden und Helme gehalten hatte, war etwas ganz anderes. Es sah aus wie – Spinnweben. Die Reiter waren komplett in ein graues Gespinst gehüllt, auf dem sich schemenhaft Gesichter und nackte Körper abzeichneten. Die Schwerter waren aus schwarzem Stahl.
    Einen unserer Söldner hatten sie schon getötet, der Mann lag niedergestreckt auf der Straße, um ihn herum färbte sich der graue Granit rot. Ein anderer versuchte, zu Pferde zu entkommen, aber er hatte keine Chance.
    Die Übrigen waren abgesessen und kämpften aus der Deckung der Wagen heraus. Die Angreifer taten es ihnen gleich, sprangen, um beweglicher zu sein, aus den Sätteln und drangen unbarmherzig vor.
    Unsere Söldner schlugen sich tapfer, aber ihre Waffen vermochten das Gespinst der Angreifer nicht zu durchdringen. Ohne sich um Treffer zu kümmern, schwangen sie ihre Schwerter.
    Ich sah, wie eine schwarze Klinge herniederfuhr und wie durch Butter zwischen Kopf und Schulter eines unserer Wächter drang. Das konnten keine normalen Waffen sein!
    Der Mann brach zusammen, Blut schoss in einer

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