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Das Vermächtnis des Rings

Das Vermächtnis des Rings

Titel: Das Vermächtnis des Rings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Bauer
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auf dem Kutschbock des zweiten Wagens (ich hatte Pech: Ich würde mich weiterhin um unseren Eselskarren kümmern und daher zu Fuß gehen müssen), und damit war die Weiterreise bis nach Asathir gesichert.
    Ich wusste, wie sehr Thiam diese Verhandlung genoss, denn die Spitzen seines Bartes bebten vor Vergnügen. Innerlich lachte er über den fetten Kaufmann. Thiam würde letzten Endes auch noch Geld dafür erhalten, dass man ihn und sein Habe beschützte.
    Nach Schätzung des Kaufmanns hatten wir noch etwa acht oder neun Tagesmärsche vor uns, je nach Wetter und Zustand der Straße. Somit würden wir rechtzeitig zum großen Markt eintreffen (und alle vor dem Winter wieder zu Hause sein). Auch Thiam gedachte, in diesem Jahr in einer kleinen Stadt zu überwintern, indem er sich bei den Stadtherren als Magier verdingte.
    Als ich den Esel versorgt, ihn bei den anderen Tieren angeleint und für Meister Thiams und mein Nachtlager gesorgt hatte, reihte ich mich in die Schlange am Küchenwagen ein.
    Die Dämmerung schritt fort, und schon jetzt brannten Fackeln und Öllampen. Ich hörte neugierig den Gesprächen der Ochsenkarrenfahrer, Treiber, Kaufmannsgehilfen und der restlichen Mitreisenden zu. Insgesamt hatte sich ein halbes Dutzend Kaufleute aus Lesthia samt Gefolge zu dieser Karawane zusammengeschlossen. Lesthia war eine kleine Stadt im Norden, nahe des Skralet-Gebirges. Ich hatte die Gipfel dieser Berge noch nie gesehen, aber Meister Thiam hatte mir davon berichtet, und selbst dieser gierige Mann schilderte die Berge mit einer gewissen Ehrfurcht.
    Die Männer erzählten sich Geschichten von großen Schlachten, wilden Gelagen, priesen ihre Manneskraft und sich selbst. Obwohl wahrscheinlich nicht einmal die Hälfte von dem, was sie erzählten, der Wahrheit entsprach, waren es doch spannende Geschichten von Orten, die ich mir immer erträumt hatte. Ein großer, grober Kerl namens Erind erzählte von seinen Seereisen. Er beschrieb mächtige Ungeheuer, die aus den Tiefen der Meere hervorkamen und einen Strahl aus purem heißen Dampf ausstießen.
    Zufrieden aß ich den Eintopf mit Dörrfleisch, zu dem es Zwieback und dünnen, aber heißen Früchtetee gab, worüber einige der Männer murrten. Sie hätten lieber Bier oder Wein getrunken.
    Meister Thiam speiste natürlich nicht mit uns im Freien. Er saß zusammen mit den Kaufleuten in einem Zelt an einer weitaus üppiger gedeckten Tafel. Manch neidischer Blick wurde in Richtung dieses Zeltes geworfen. Mich aber ließ das kalt, war ich doch froh, überhaupt satt zu werden und dabei auch noch den aufschneiderischen Geschichten der Männer lauschen zu können.
    Plötzlich fühlte ich Blicke auf mir ruhen. Mir gegenüber saß ein Mann, gezeichnet von den Spuren der Arbeit. Sein Gesicht war braun gebrannt und auch sonst von den Unwägbarkeiten des Wetters gezeichnet. Er mochte dreißig oder vierzig Sommer zählen, genauer konnte man ihn unmöglich schätzen. Er war Pferdeknecht und mir schon früher aufgefallen, als ich Merzad versorgte. Der Mann hatte Eimer geschleppt und Wasser von einem nahen Bach geholt, die schweren Hafersäcke getragen, und niemand hatte ihm geholfen. Und trotz der schweren Arbeit hatte er für jedes der Tiere, gleich ob Ochse oder Pferd, ein freundliches Wort, ein aufmunterndes Klopfen und genügend Zeit übrig.
    Die Reiter und Kutscher hatten ihre Tiere zwar abgerieben, aber das hatten sie nur getan, weil es sein musste, nicht weil sie ihre Tiere liebten. Dem Knecht hingegen lagen sie am Herzen, und es machte ihm nichts aus, zu spät zu Tisch zu kommen.
    Eine blonde, von der Sonne fast weiß gebleichte Strähne schaute unter seiner Kapuze hervor. Der trübe Schein der blakenden Öllampe warf ein unsicheres Licht auf das Gesicht des Pferdeknechts. Ich konnte seine scharf geschnittene Nase sehen, die einmal gebrochen gewesen sein musste, denn sie stand leicht schief. Seine Wangenknochen waren hoch angesetzt, sodass sein Gesicht hagerer wirkte, als es eigentlich war.
    Seine Augen waren blau und klar wie ein stiller, tiefer See. So viele Spuren das Wetter, ungnädige Herren und das Leben an dem Mann auch hinterlassen haben mochten, seine Augen schienen davon nicht berührt worden zu sein. Sein Blick war klar und ungebrochen. Er genoss das ärmliche, aber freie Leben. Das spürte ich.
    Seine Kleidung war ärmlich. Sein Wams wurde von zahlreichen Flicken unterschiedlicher Stoffe zusammengehalten. Auch sein Wollmantel war oft geflickt, und dass seine Stiefel noch

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