Das Vermächtnis von Atlantis ("Alantis"-Trilogie) (German Edition)
aber sie liebte sie auch nicht heiß und innig. Am besten war es, wenn die Spinnen Sheila in Ruhe ließen und umgekehrt.
»Sieht nach einem Spinnenfan aus.« Mario grinste. Doch gleich darauf wurde er ernst, denn Zaida betrat die Halle. Sie trug wieder ihr schwarzes glänzendes Kleid, und obwohl sie wunderschön aussah, glaubte Sheila, einen eisigen Hauch zu spüren.
»Ich hoffe, ihr habt euch ein wenig ausgeruht.«
Beim Klang von Zaidas Stimme schien sich Sheilas Magen zu verknoten, obwohl sie durchaus angenehm und freundlich war.
»Ihr sollt euch bei mir wohlfühlen«, fuhr Zaida fort und lächelte die beiden an. Dann ruhten ihre grünen Augen auf Sheila. »Wie schön du bist und wie gut dir dieses Kleid steht.«
Wider Willen fühlte sich Sheila geschmeichelt. Es sagte selten jemand zu ihr, dass sie schön war. Verlegen zog sie die Schultern hoch.
»Ich … äh … bin solche Kleider nicht gewöhnt …«
Zaida nickte wissend. »Du siehst aus wie eine Meeresprinzessin. Und das bist du doch auch, nicht? Das Meer ist dein wahres Zuhause. Seit du dich zum ersten Mal in einen Delfin verwandeln konntest, fühlst du dich an Land fehl am Platz. Eine Großstadt wie Hamburg beengt dich. Du vermisst das Wasser, die Weite. Den unendlichen Himmel über dir. Wind und Wellen …«
Jetzt war Sheila überrascht. »Wwo-woher wissen Sie das?«
»Ich kann in dein Herz sehen«, antwortete Zaida.
Sheila konnte ihren Blick nicht von den grünen Augen abwenden. Wie sie leuchteten! So grüne Augen hatte Zaidon, der Lord der Tiefe, gehabt, aber bei Zaida waren sie weniger furchterregend. Vielleicht hing das auch mit ihrem Äußeren zusammen, sie war so makellos schön und hatte eine wunderbar glatte junge Haut. Zaidon dagegen hatte ausgesehen wie eine Mumie, verrunzelt, vertrocknet. Aber er war auch über sechstausend Jahre alt gewesen. Sheila rätselte, wie alt Zaida war. Sie konnte zwanzig sein, aber ebenso gut dreißig oder vierzig. Es war ganz unmöglich, ihr Alter zu schätzen.
»Du könntest für immer im Meer leben, Sheila«, sagte Zaida,streckte die Hand aus und berührte Sheilas Arm. Sheila zuckte zwar zusammen, aber sie zog ihren Arm nicht zurück. »Das Wasser ist dein Element. Du könntest tun und lassen, was du willst. Du wärst die Herrin über ein großes Gebiet. Würde dir das gefallen?« Sie wartete Sheilas Antwort nicht ab. Ihr Blick wanderte zu Mario. »Und ihr könntet für immer beisammen sein. Niemand würde euch vorschreiben, was ihr tun sollt. Ihr könntet euer Leben selbst bestimmen.«
Mario räusperte sich. »Tja … äh … klingt irgendwie ganz gut … nicht schlecht …«
Er sah Sheila an. Sheila spürte, wie ihr das Blut in die Wangen schoss. Für immer mit Mario zusammen zu sein – das war ihr heimlicher Wunsch. Sie musste an die Auseinandersetzung mit Sabrina denken und an Gavinos Worte. Ihr Vater wollte, dass sie eine Karriere als Wissenschaftlerin machte. Und ihre Mutter erwartete, dass sie eines Tages eine Familie gründen würde, natürlich an Land. Sheila würde in einer eigenen Wohnung wohnen, vielleicht eines Tages ein Haus bauen. Sie würde ihre Kinder zum Kindergarten bringen und dort wieder abholen, sie würde mit ihnen Kurse besuchen und sie in der Musikschule ein Instrument lernen lassen. Sie würden im Hallenbad das Schwimmen lernen und im Urlaub würden sie dann ab und zu ans Meer fahren …
Doch Sheilas Vorstellungen von ihrer Zukunft sahen anders aus. Wenn sie schon an Land leben musste, dann am liebsten auf einer einsamen Insel. Natürlich mit Mario. Sie würden jeden Tag im Meer schwimmen und sich, sooft sie wollten, in Delfine verwandeln. Sie würden auf der Insel in einer Blockhüttewohnen oder in einem Baumhaus. Ihre Kinder würden frei und wild aufwachsen, sie würden ebenfalls Meereswandler sein und Delfingestalt annehmen können. Gemeinsam würden sie weite Ausflüge im Meer unternehmen, Seelöwen begegnen, Rochen und Haie sehen. Sie würden Schätze auf dem Meeresboden aufspüren und versunkene Schiffe untersuchen …
»Jetzt kommt erst einmal mit«, unterbrach Zaida Sheilas Gedankengänge. »Ich habe Essen für euch vorbereiten lassen. Sicher seid ihr von der langen Reise hungrig.« Ihr Kleid raschelte, als sie sich umdrehte. Sie griff nach Sheilas und nach Marios Hand und führte sie in einen Speisesaal.
Sheila gingen beinahe die Augen über. Das, was sie sah, war unglaublich, und sie hätte sich am liebsten gezwickt, um sich zu vergewissern, dass dies
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