Das Vermächtnis von Atlantis ("Alantis"-Trilogie) (German Edition)
besorgt.
Sheila nickte zunächst, aber dann schüttelte sie den Kopf. Sie fühlte sich elend. So müde und erschöpft. Sie kam sich vor wie ein Ballon, aus dem man die Luft herausgelassen hatte. Am liebsten hätte sie sich jetzt in ein weiches Bett gelegt und achtundvierzig Stunden geschlafen. Doch sie waren mitten auf dem Meer, von einem Bett keine Spur …
Irden legte den Arm um Sheila, um sie zu stützen.
»Es war zu viel für dich«, murmelte er. »Ich hätte dich nicht bitten dürfen, mir zu helfen. Doch du hast eine so große Begabung für Magie.«
»Wenn Mario das erfährt, dann macht er sich wieder lustig über mich«, antwortete Sheila. Sie lehnte sich an Irden. Wie gut das tat! Die Augenlider wollten ihr zufallen. Jetzt ein bisschen schlafen, wenigstens eine halbe Stunde …
Ein heftiger Windstoß brachte sie beide ins Schwanken. Irden konnte Sheila gerade noch festhalten und davor bewahren, ins Wasser zu rutschen.
»Ich glaube, es ist an der Zeit, dass wir uns wieder zurückverwandeln«, sagte Irden. »Wir haben alles für Wallace getan, was wir konnten. Jetzt muss er allein weiterziehen.«
»Ob die Menschen aufhören, ihn zu jagen?«, fragte Sheila erschöpft.
»Ich hoffe es«, antwortete Irden. »Auf alle Fälle wird Wallace aufhören, Boote anzugreifen und Menschen mit seinem Gesang zu verwirren. – Und nun geh ins Wasser zurück, Sheila. Ich komme nach.«
Er hielt sie fest, sodass sie langsam vom Rücken des Wals ins Meer rutschte. Bevor sie ins Wasser eintauchte, erinnerte sich Sheila daran, wie sich die dunklen Flecken in Wallace’ Kopf aufgelöst hatten. An den Stellen war ein bläuliches Leuchten zurückgeblieben, die Wirkung der magischen Heilkraft.
Das Wasser kam Sheila noch kälter vor als vorher. Eine Welle schwappte in ihre Nase und ihren Mund, sie musste husten und prusten. Vor Erschöpfung hätte sie fast geweint. Sie ruderte wild mit den Beinen, um wenigstens den Kopf über der Wasseroberfläche halten zu können, aber schon kam die nächste Welle und sie ging wieder unter.
Rasch! Verwandle dich!
Gehörte die Stimme in ihrem Kopf zu Irden?
Erinnere dich an den Spruch!
Richtig, der Spruch! Sheila hatte Mühe, sich zu konzentrieren. Die Worte drohten ihr zu entgleiten.
Delfin, Delfin, Bruder mein …
Schade, dass sie nicht wirklich einen Bruder hatte. Ein großer Bruder wäre prima gewesen, was hätte sie alles mit ihm unternehmen können! Ein bisschen war ja Mario wie ein Bruder … nein, er war mehr …
So wie du möchte ich gern sein.
Wie ein Delfin. Schnell und beweglich im Wasser. Obwohl sie jetzt lieber ein Mensch geblieben wäre und sich ins Bett gelegt hätte …
Dein Zuhaus sind Meer und Wind …
Zuhause. Wo war ihr Zuhause? In Hamburg, in der Wohnung im Eidelstedter Weg? In Talana? Bei Mario? Oder nirgendwo?
Ach, wär ich doch ein Wasserkind!
Ihr Rücken dehnte sich und schmerzte. Blitze tanzten vor ihren Augen, einen Moment lang glaubte sie, es nicht mehr auszuhalten. Es war zu viel. Sie hatte sich verausgabt. Magie anzuwenden, hatte mehr Kraft gekostet, als sie gedacht hatte. Musste sie jetzt sterben, ertrinken? Gleich darauf spürte sie, dass jemand an ihrer Seite war. Ein Delfin. Mario. Sie fühlte seine Nähe, und während sie noch mit den Qualen der Verwandlung kämpfte, überfluteten sie Trost und Zuversicht. Sie war nicht allein. Er war bei ihr. Ihr bester Freund. Mario. Sie fühlte sich mit ihm verbunden. Er war so wichtig für sie, vielleicht das Wichtigste auf der ganzen Welt. Wichtiger sogar als ihre Mutter und ihr Vater.
Es gab ihr einen kleinen Stich, als sie das erkannte. Sie war auf dem Weg, erwachsen zu werden.
Du schaffst es, Sheila!
Noch immer war die Verwandlung nicht ganz vollzogen. Im Moment war sie ein Zwitterwesen, fast schon Delfin, aber noch mit Menschenbeinen, die im Meer entsetzlich froren. Warum klappte es nicht?
Sie musste sich besser konzentrieren!
Wiederhole den Spruch!
Mit Mühe brachte sie noch einmal die vier Zeilen zusammen. Dann spürte sie ein Reißen an ihrem Rücken, ihre Beine verkrampften sich und wuchsen zu einem Schwanz zusammen. Endlich war es vollbracht, sie war ein Delfin.
Mario berührte sie liebevoll mit seiner Flosse. Auch Spy stupste sie an und blubberte etwas, das sie nicht verstand. Sie war einfach zu müde, seinen Worten zu folgen. Könnte sie nur endlich schlafen!
Wie in Trance bekam sie mit, dass sich auch Irden in einen Delfin verwandelte und zu ihnen kam. Wallace hatte sich unterdessen
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