Das Vermächtnis von Thrandor - Das Schwert aus dem Feuer
bemerkt haben, dass ich uns nicht sehr lange in diesem Zustand halten konnte. Wenn man längere Zeit in dieser rasanten Geschwindigkeit verbringt, kann das fatale Folgen haben. Das Experiment war höchst gefährlich und hätte beinahe mit einem Unglück geendet.«
»Gefährlich? Warum? Was sollte schon hervorspringen und nach uns schnappen, während wir uns in dieser Geschwindigkeit bewegten?«, fragte Calvyn und warf noch ein paar Holzstücke auf das Feuer.
»Nein. Die Gefahr lag eher darin, dass ihr nach etwas oder jemandem greift«, erwiderte Perdimonn. »Stell dir vor, was geschehen wäre, wenn ich zugelassen hätte, dass Selkor mit der Hand auf den Tisch schlägt. Die Zeit schritt im gewohnten Tempo voran, aber wir bewegten uns tausendmal schneller als sonst. Der Tisch wäre unendlich langsam in zahllose Stücke zersprungen, aber was mit Selkors Hand passiert wäre, mag ich mir gar nicht vorstellen. Er macht schon so genug Ärger, da möchte ich ihm nicht noch Anlass für einen persönlichen Rachefeldzug geben.«
»Das wundert mich eigentlich am meisten«, sagte Calvyn und musterte den alten Mann eindringlich, bevor er mit seinem Gedankengang fortfuhr: »Warum habt Ihr Angst vor ihm und was will er von Euch? Gibt es etwas in Eurer Vergangenheit, von dem ich wissen sollte? Seid Ihr etwa ein abtrünniger Magier?«
»Nein. Ich besitze etwas, das Selkor liebend gern in die Hände bekommen würde – den Schlüssel zu einer Quelle der Macht. Selkor sehnt sich schon lange danach, Zugang zu einer solchen Quelle zu haben, aber er will diese Macht nicht zum Wohlergehen der Menschen in Thrandor oder Shandar einsetzen. Ganz und gar nicht. Seine gesamte Existenz zielt nur darauf ab, mehr und mehr magische Kraft für sich und seine Absichten zu sammeln. Welche Absichten das sind, weiß nur er selbst. Aber eines ist sicher: Kein Begehren, das sich auf so eigennützige Art äußert, kann zu etwas Gutem führen. Obwohl er an sich nicht böse ist und sich vielleicht sogar für einen reinen Menschen hält und seine Sache als gerecht betrachtet, befürchte ich doch, dass
großes Unheil entstehen könnte, wenn er mit seiner Suche Erfolg hat.«
Calvyn saß still da und versuchte, Ordnung in die Ereignisse des Tages zu bringen. Er ahnte die Wahrheit in Perdimonns Worten, aber er hätte gerne auch die andere Version der Geschichte gehört. Da waren noch zu viele Dinge, die keinen Sinn ergaben. Besonders eine Sache stellte sich ihm als besonders seltsam dar. Sie widersprach allem, was er bisher über Magie und Zaubersprüche gelernt hatte. Er sah wieder zu Perdimonn und merkte, dass ihn der alte Mann erwartungsvoll anblickte.
»Wie konntet Ihr uns in eine andere Zeiteinheit bringen, ohne einen Zauber zu sprechen, Perdimonn?«, fragte der Junge schließlich und suchte im Gesicht des Magiers nach einer Reaktion.
Perdimonn lächelte nur und antwortete: »Ich habe mich schon gefragt, wann du darauf kommen würdest. Es hat länger gedauert, als ich erwartet habe.«
»Ich musste erst über einige andere Fragen nachdenken, die mir dringender erschienen«, sagte Calvyn und erwiderte das Lächeln, mit dem Perdimonn die Menschen so leicht anstecken konnte.
»Bei Zaubersprüchen, die einem nicht geläufig sind, oder bei besonders schwierigen Sprüchen und überhaupt bei allen Sprüchen, die man gerade erst erlernt, ist es viel leichter, wenn man die Runen laut ausspricht. Die gedankliche Ausrichtung auf den Klang festigt das Bild der Runen und befördert die Wirkung des Zauberspruchs. Das Entscheidende ist, dass man vor sich sieht, wie die Runen die Magie wirken. Das Sprechen der Runen kann auch in Gedanken geschehen, aber hab keine Eile, das selbst ausprobieren zu wollen, denn es verlangt viel Übung und eine starke Konzentration, die du noch erlangen musst.«
Perdimonn hielt kurz inne, damit sich seine Worte setzen konnten.
»Ich übe diesen Zauberspruch seit mehreren Jahren«, fuhr er fort. »Für den Fall, dass Selkor mich eines Tages einholt. Die Mühe hat sich offensichtlich gelohnt, aber ansonsten habe ich wenig in der Hand, um diesen hartnäckigen Hund aus Shandar in die Schranken zu weisen. Er wird sich hüten, uns zu verfolgen, bis ihm aufgeht, was ich getan habe, und dieser Vorsprung muss genügen, damit wir ihm entkommen. Wenn nicht, kann ich ihn vielleicht nicht davon abhalten, sich zu holen, wonach er sucht. Selkor ist ein machtvoller Magier und ein tödlicher Widersacher für jeden, der ihn zum Feind hat.«
»Und was
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