Das Vermächtnis von Thrandor - Das Schwert aus dem Feuer
gesagt, er ist ein mächtiger Magier, aber ich weiß nicht, wie er es geschafft hat, uns zu folgen, und ich kann mir nicht erklären, wie er gemerkt hat, dass wir ihn beobachten. Das verheißt nichts Gutes. Wir müssen uns trennen.«
»Trennen?«
»Ja. Er ist hinter mir her, nicht hinter dir. Er wird nicht zögern, dich zu töten, um an mich heranzukommen. Unsere Wege müssen sich trennen. Seine Künste im Aufspüren des Gegners sind beachtlich, und ich nehme doch stark an, dass er mir folgen und dich in Ruhe lassen wird. Aber nimm dich trotzdem in Acht.«
»Ich kann Euch nicht allein lassen, Perdimonn. Es wäre nicht richtig. Ich habe keine Angst. Ich möchte mit Euch gehen.«
»Ich zweifle nicht an deinem Mut, Calvyn, aber ich kann nicht zulassen, dass du bei mir bleibst. Es wird Zeit, dass du deine eigene Bestimmung suchst, denn wenn ich nicht ganz
falschliege, folgt deine Zukunft einem ganz anderen Pfad als meine, auch wenn sich unsere Wege ab und zu kreuzen mögen.«
Perdimonns Blick und Stimme hatten sich entfernt, als würde er durch Zeit und Raum Calvyns Zukunft sehen. Die Nackenhaare des Jungen kribbelten, als er die Vorahnung in Perdimonns Worten spürte. Perdimonns Gesichtsausdruck ähnelte der Trance, die Calvyn bei den alten Wahrsagern auf den Märkten in Thrandor beobachtet hatte, nur dass dem hier eine Echtheit anhaftete, die keinerlei Zweifel aufkommen ließ.
»Es gibt leider keine andere Möglichkeit, als dass wir uns trennen«, sagte Perdimonn, und sein Blick richtete sich wieder auf den erschütterten Jungen. »Ich muss Selkor allein gegenübertreten. Du kannst nichts daran ändern, Calvyn. Es tut mir leid. Glaub mir, ich habe nie beabsichtigt, dich auf diese Weise allein zu lassen, aber ich habe keine andere Wahl.«
»Ich werde vorsichtig sein, Perdimonn. Ich werde schon allein zurechtkommen, dank Euch. Aber wohin werdet Ihr gehen? Und wohin soll ich gehen?«
»Ich denke, ich werde den Klingenpass nehmen. Selkor findet sich in den Bergen nicht gut zurecht und das sollte mir einen Vorsprung verschaffen. Ich schlage vor, dass du mit deinem Pferd und mit Sachte ostwärts zu den Grenzorten reitest. So vermeidest du, auf Selkor zu treffen. Zudem liegt die Stadt Steingrund nur anderthalb Stunden entfernt, dort kannst du deine Vorräte auffüllen. Du kannst alles Geld mitnehmen, denn dort, wo ich hingehe, benötige ich keins.«
»Aber was ist, wenn Ihr auf der anderen Seite des Passes angelangt seid? Dort braucht ihr doch sicher Geld«, beharrte Calvyn, der die Vorstellung nicht ertrug, Perdimonn allein und ohne einen Pfennig zurückzulassen.
»Die Münzen aus Thrandor sind dort wertlos, Calvyn. Hab keine Angst, ich bin in Shandar nicht mittellos. Ich nehme Verpflegung für ein paar Tage und eine Feldflasche mit. Glaub mir: Ich weiß, was ich tue. Es ist besser so, für uns beide. Ich werde womöglich gezwungen sein, drastische Maßnahmen zu ergreifen, damit ich Selkor loswerde, und ich möchte mir nicht zusätzlich Sorgen um deine Sicherheit machen. Komm, lass uns aufsatteln. Der Wettlauf hat begonnen und wir haben keine Zeit zu verlieren.«
Nachdem sie die Pferde ein Stück vom schlammigen Grund an der Quelle weggeführt hatten, leerten die beiden Gefährten die Satteltaschen und packten sie für zwei getrennte Reisen. Calvyn war es mehr als unangenehm, dass er fast alle wichtigen Ausrüstungsgegenstände und sämtliches Geld bekam, aber Perdimonn versicherte, er wolle mit leichtem Gepäck reiten, um schnell voranzukommen. Immerhin konnte Calvyn den alten Mann davon überzeugen, fast die gesamten restlichen Vorräte mitzunehmen, denn der Magier würde wahrscheinlich keine Gelegenheit haben, zu einem Bauernhaus zu reiten und Essen zu kaufen.
Eine halbe Stunde später waren die Pferde bepackt und bereit für die Abreise. Meister und Schüler standen sich gegenüber, um sich zu verabschieden. Calvyn spürte, wie ihm Tränen in die Augen traten, während er versuchte, die passenden Worte für jenen Mann zu finden, der ihm in den vergangenen zwei Jahren so viel gegeben hatte. Es fühlte sich einfach nicht richtig an, ihn in dieser Stunde der Gefahr allein zu lassen, und Calvyn war gar nicht wohl angesichts der Umstände ihrer Trennung.
Der alte Mann stand vor ihm, und auf seinem Gesicht breitete sich das wohlbekannte gewinnende Lächeln aus, als er in die verzweifelten Augen seines jungen Schülers blickte.
»Calvyn«, sagte Perdimonn freundlich, aber streng, »es ist nicht dein Kampf. Wenn
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