Das Vermächtnis von Thrandor - Das Schwert aus dem Feuer
ich mich nicht vollkommen irre, wirst du in den kommenden Jahren genug eigene Kämpfe bestehen müssen. Also lass mich diesen alleine bewältigen.«
Den alten Magier erfüllte Stolz, als er Calvyn zum Abschied kurz umarmte.
»Denk daran: Übe weiter fleißig, aber stets im Geheimen«, riet ihm Perdimonn. »Du wirst in allem Kraft für die Wirkung eines Zaubers finden, aber versuche nie, einen Spruch als Waffe einzusetzen, nicht einmal gegen das Böse. Letzten Endes wird dich das nur selbst zum Bösen führen. Und sei vorsichtig, wenn du versuchst, Magie an einen Gegenstand zu binden. Substanzen wie Silber nehmen die magische Kraft auf wie ein Schwamm, aber bei Eisen und Stahl erfordert es viel Macht und Geschick, wenn die Verbindung halten soll. Hier … ich habe noch ein Geschenk für dich.«
Der alte Mann zog ein kleines, in Leder gebundenes Buch aus einer Innentasche seiner Kleidung. Der Einband war erdig braun und mit Gold umrandet. Perdimonn reichte Calvyn das Buch beinahe ehrfurchtsvoll.
»Das ist mein Zauberbuch. Pass gut darauf auf und setze es weise ein. Es enthält fast alle Sprüche, die ich je erlernt habe, aber es wird sie dir nur nach und nach offenbaren, damit du nicht überfordert bist. Ich habe das Buch mit einem Schutzzauber versehen, damit es dir niemand stehlen kann und Wasser und Feuer ihm so leicht nichts anhaben können. Wenn irgendjemand beobachten sollte, wie du darin liest, sieht er nur ein altes, zerlesenes Geschichtenbuch. Aber der Schutz hat seine Grenzen und ein anderer Magier könnte den Zauber durchbrechen und dir das Buch mit Gewalt abnehmen.«
»Ich weiß nicht, was ich sagen soll«, stammelte Calvyn.
»Danke.« Er war vollkommen überwältigt von dem großzügigen Geschenk. Über seine Wangen rann eine Träne. »Seid Ihr sicher, dass Ihr es nicht für die Angelegenheit mit Selkor benötigt?«
»Ganz sicher. In dem Buch steht nichts, was mir von Nutzen sein könnte und ich nicht auswendig beherrschen würde«, vertraute Perdimonn ihm an. »Sei dir bewusst, dass auch du es nicht als Quelle allen Wissens betrachten solltest. Irgendwann wirst du dein eigenes Zauberbuch schreiben, und ich möchte dich ermuntern, eher früher als später damit zu beginnen.«
»Ich werde mein Bestes geben, um Euch nicht zu enttäuschen, Perdimonn.«
»Das weiß ich, Junge. Und jetzt mach dich auf oder dieser verfluchte Selkor nimmt noch an unserem Abschied teil. Pass auf dich auf. Gute Reise.«
»Euch auch. Ich freue mich schon jetzt darauf zu hören, wie Ihr Selkor in den Bergen abgehängt habt.«
»Und ich freue mich darauf, es dir zu erzählen«, erwiderte der alte Magier lachend und fasste mit einer letzten Abschiedsgeste nach Calvyns Hand. Dann wandte sich Perdimonn um, stieg auf sein Pferd und ritt im Galopp davon.
Calvyn verharrte, wo er war, und drückte das wertvolle Buch fest an die Brust. Eine Flut von Empfindungen bestürmte ihn, während er zusah, wie sein Lehrmeister in Richtung der Berge verschwand: Schuldgefühle, Trauer, ein tiefer Verlustschmerz und eine Hilflosigkeit, die er zuletzt beim Tod seiner Eltern gespürt hatte. Er stand da und war hin und her gerissen zwischen seinem Gehorsam Perdimonn gegenüber und dem Verlangen, dem alten Mann irgendwie zu helfen. Leider hatte er nicht die leiseste Ahnung, wie er Selkor von seiner Verfolgungsjagd abbringen
könnte. Also schritt er zögernd zu den geduldig wartenden Pferden und schwang sich in den Sattel.
»Also, mein Mädchen«, sagte Calvyn und sah zu Sachte zurück, die mit einer langen Leine an seinem Pferd festgebunden war. »Du bist uns in den vergangenen Tagen wirklich gut gefolgt, und vielleicht freut es dich, wenn ich dir sage, dass wir ab jetzt nicht mehr so stramm reiten. Mal sehen, ob wir deinem alten Herrn Ehre machen können, ja?«
Sachte wieherte und hob den Kopf, als würde sie zustimmend nicken, worauf Calvyn kurz auflachen musste. Mit einem letzten bedauernden Blick auf die Berge wendete er sein Pferd und ritt ostwärts.
5
»Welche Neuigkeiten gibt es von den Manticlaar, Ramiff?« Der Diener machte eine tiefe Verbeugung vor seinem Herrn und ließ den Blick über das kostbare Inventar des riesigen Pavillons schweifen, weil er dem Obersten Maharl nicht in die Augen schauen wollte.
»Keine guten, Auserwählter«, stammelte Ramiff. Er hielt die Hände verschränkt und immer wieder ballten sich seine schwitzigen nervösen Finger zusammen. »Sie weigern sich, zu uns zu stoßen.«
»Dann müssen sie sterben«,
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