Das Vermächtnis von Thrandor - Das Schwert aus dem Feuer
Calvyn. Kaan würde diese Angewohnheit noch bereuen, wenn es einmal um Leben und Tod gehen würde.
Als Tondi vom Kampfplatz schritt, klopfte Calvyn ihr anerkennend auf die Schulter.
»Du hast dich gut geschlagen, Tondi. Er ist ein harter Gegner«, sprach er ihr zu.
»Danke. Viel Glück dir«, antwortete sie mit einem enttäuschten Lächeln, das mehr sagte als alle Worte. »Du wirst es brauchen«, murmelte sie noch, bevor sie sich abwandte.
Obwohl ihm bewusst war, dass er diesen letzten Kommentar nicht hören sollte, spürte Calvyn auch, dass er nicht abfällig gemeint war. Tondi hatte einfach nur die Tatsachen klargestellt. Gegen Bek müsste er verdammt viel Glück haben.
»Erstes Halbfinale. Rekruten Bek und Calvyn«, brüllte Sergeant Bek über den Lärm der Zuschauer hinweg.
Calvyn und Bek schritten zur Mitte des Platzes und führten die offizielle Begrüßung aus. Seltsamerweise war Calvyn dieses Mal nicht nervös. Ob dies daran lag, dass er bereits gegen Tyrrak gekämpft und gesiegt hatte, wusste er nicht. Doch er trat seinem Freund mit klarem und ruhigem Geist entgegen, das Schwert griffbereit.
»Beginnt«, ertönte der laute Befehl.
Die Schwerter blitzten zum tödlichen Tanz auf und nochmals ertönte das Klirren von Metall auf Metall. Die beiden Freunde brachten all ihr Können auf, um sich einen Platz im Finale zu sichern. Die Rufe der Menge blieben unbeachtet, während die beiden sich umkreisten. Die Schwerter waren unentwegt in Bewegung, denn das heftige Tempo des Kampfes ließ keine Minute nach. Bek startete einen Angriff nach dem anderen, doch seine Hiebe wurden schnell und sicher von Calvyns Klinge gekontert. Und auch Calvyns Vorstöße trafen auf eine solide Verteidigung.
Die Begegnung befand sich im Gleichgewicht und auf keiner Seite tat sich ein klarer Vorteil auf. Die Menge war außer sich und die Anfeuerungsrufe überschlugen sich. Die
Rekruten hatten nicht mehr erlebt, dass Bek derart in Bedrängnis kam, seit Derra ihn beim ersten Unterricht auf dem Waffenübungsplatz besiegt hatte. Wie so oft der Fall, ermutigten sie vor allem den Außenseiter. Calvyn aber hatte nur Bek im Auge. Er blieb streng konzentriert, während er gelassen alle Manöver Beks abwehrte.
Nach einem überwältigend raschen Angriff von Calvyn stolperte Bek leicht nach hinten. Calvyn lehnte instinktiv sein Gewicht mit einem Ausfallschritt nach vorn, merkte dann aber, dass er in eine Falle gelockt worden war, denn Beks Schwert pfiff auf sein Zwerchfell zu. Mit einer Verrenkung, die selbst ihn erstaunte, zog Calvyn den Bauch ein und bog den Rücken von der Schwertspitze weg, während er die eigene Klinge verdrehte und Bek in den Oberarm ritzte. Beide Kämpfer hörten, wie Stoff zerriss, als Calvyns Schwert Beks Ärmel und Beks Schwert die Vorderseite von Calvyns Waffenrock zerschnitt.
»Halt«, rief Sergeant Brett unnötigerweise, denn die beiden Kontrahenten waren bereits einen Schritt zurückgetreten, um den Schaden zu begutachten.
Calvyns sah zu Bek hinüber, als der Sergeant angelaufen kam, um beide Kämpfer auf den entscheidenden Schnitt hin zu untersuchen, der die Begegnung beenden würde. Calvyn grinste seinen Freund an und schüttelte kaum merklich den Kopf, während er seinen Waffenrock aufknöpfte, damit der Sergeant seine unverletzte Haut sehen könnte. Das Grinsen wurde erwidert, denn auch Bek rollte seinen zerrissenen Ärmel hoch und zeigte, dass keine Wunde zu sehen war.
»Kein Treffer«, verkündete der Sergeant. »Fahrt fort.«
Die zuschauenden Rekruten waren in atemloses Flüstern verfallen, während Sergeant Brett die beiden inspiziert hatte, und gespanntes Raunen schwirrte um den Kampfplatz. Mit dem Befehl, den Schwertkampf fortzusetzen, toste eine
Welle des Jubels durch die Burg, und die klirrenden Hiebe und schnellen Drehungen fingen von vorne an.
Kurze Zeit später geriet einer der Kämpfer ins Stolpern und dieses Mal war es keine List. Bei einem Ausfallschritt zur Seite spürte Calvyn, wie sich sein Knöchel verdrehte, und wusste sofort, dass er sein Gleichgewicht nicht mehr rechtzeitig zurückerlangen würde. Und natürlich nutzte Beks Klinge die Gelegenheit und streifte Calvyns Arm. Calvyn spürte den Schnitt und hob sofort sein Schwert, um den Siegestreffer anzuzeigen.
Beide Rekruten waren völlig außer Atem, als sie kehrtmachten, um dem Baron zu salutieren. Zu Calvyns Überraschung trugen alle vier Hauptleute und auch der Baron ein Lächeln im Gesicht. Der Kampf hatte ihnen offenbar
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