Das Vermächtnis von Thrandor - Der Pfad der Jägerin
Hauptmann Tegrani, Sergeantin. Demarr wird unserer Einheit zugeteilt. Der Hauptmann hat
mich auch von meinem neuen Dienstgrad unterrichtet. Vielen Dank, dass Ihr mich vorgeschlagen habt.«
»Bedank dich nicht zu früh, Korporal«, erwiderte Derra und verzog die Mundwinkel zu einem kaum wahrnehmbaren Lächeln. »Bei der vielen Arbeit wirst du mich wahrscheinlich schon bald verfluchen. Gibt es noch etwas, das ich wissen sollte?«
»Ihr habt gehört, was oben im Norden los ist?«, fragte Calvyn.
Derra nickte.
»Der Baron und die anderen Befehlshaber halten gerade Kriegsrat. Ich nehme an, dass wir binnen ein oder zwei Tagen aufbrechen.«
»Gut. Jenna, du kümmerst dich darum, dass Demarr eine Uniform bekommt. Und zeig ihm, wo er heute Nacht schläft. Er kann Calvyns alten Platz haben.«
Sergeantin Derra musterte Demarr.
»Ich vermute, man hat dir mit allen möglichen Strafen gedroht für den Fall, dass du aus der Reihe tanzt?«, fragte sie mit ausdrucksloser Miene.
Demarr nickte argwöhnisch.
»Gut. Dann kann ich mir weitere Ermahnungen sparen. Man hat mir schon viel von dir erzählt, Demarr, nicht nur Schlechtes, falls es dich freut, das zu hören. Du musst dich auf eine harte Zeit gefasst machen, denn viele meiner Soldaten werden nicht verstehen, dass der König dein Leben verschont hat, geschweige denn, dass er dich zu uns geschickt hat. Um ehrlich zu sein, habe ich selbst so meine Schwierigkeiten damit. Aber ich werde keine Disziplinlosigkeit dulden. Wenn sie dir also irgendwelchen Ärger machen, mit dem du allein nicht fertig wirst, gehst du direkt zu deinem Korporal. Wenn er nicht da ist, kommst du zu mir. Verstanden?«
»Ja, Sergeantin … und danke.«
Jenna und Demarr gingen zu den Versorgungswagen. In Calvyn, der ihnen nachsah, mischten sich Freude über seine Beförderung, Vorfreude auf seine neuen Aufgaben, aber auch ein Stich Eifersucht, weil Demarr von nun an mehr mit Jenna zusammen sein würde als er.
Derra bemerkte Calvyns Gesichtsausdruck und musste innerlich lächeln. Ihr war nicht entgangen, das Calvyn und Jenna einander nahestanden, und sie war überrascht, dass sie noch kein offizielles Liebespaar waren. Lange konnte es nicht mehr dauern, dachte sie für sich.
»Schläft ein Korporal denn nie?«, fragte Bek mit einem Gähnen, als er Calvyn vor der Feldküche traf.
»Ich glaube nicht. Letzte Nacht habe ich die Augen gerade mal drei Stunden zugemacht«, erwiderte Calvyn und fiel in Beks Gähnen ein.
Calvyn hatte sich gefreut, als er erfuhr, dass sein Freund Bek ebenfalls zum Korporal befördert worden war. Bek hatte in der Schlacht Mut und Führungsqualitäten bewiesen. Seine Beförderung hatte er sich redlich verdient.
»Wen hast du denn in deinem Trupp, Bek? Jemanden, den ich kenne?«, fragte Calvyn, schöpfte sich einen Becher heißen Dahl aus dem Kessel und nickte dem Gefreiten, der Küchendienst hatte, dankbar zu.
»Na ja, da wäre zum Beispiel Kaan«, begann Bek verschmitzt. Sein Grinsen sprach Bände.
»Da ist er bestimmt begeistert«, erwiderte Calvyn lachend.
»Darauf kann du wetten. Ich habe gehört, dass er schnurstracks zu Derra gerannt ist und um Versetzung gebeten
hat. Sie hat ihm gesagt, er soll erst mal erwachsen werden.«
Calvyn verschluckte sich und musste kräftig husten. Tränen traten ihm in die vergnügt blitzenden Augen.
»Ach ja, und ich habe Tondi, Geldarian und noch ein paar aus Trupp eins, die ich vom Sehen her kenne. Die anderen sind Gefreite, die schon vor uns da waren. Wie sieht es bei dir aus?«
»Ich habe Jenna, Tyrrak, wenn er wieder gesund ist, Garret und Tamar. Ein paar kenne ich von der Ausbildung, der Rest ist älter.«
»Jenna und Tamar! Da werden beim Waffentraining die Fetzen fliegen!«, schmunzelte Bek.
»Das kann ich mir eigentlich nicht vorstellen. Zugegeben, die beiden sind ehrgeizig, aber ich glaube nicht, dass sie sich in die Haare kriegen werden. Ich mache mir mehr Sorgen um Demarr.«
Beks Lächeln verschwand. »Dazu hast du allen Grund. Du hättest ihn töten sollen, als du die Gelegenheit dazu hattest. Der macht bestimmt Ärger.«
»Um ehrlich zu sein, zuerst dachte ich, ich hätte ihn getötet. Aber als ich merkte, dass er noch lebte, konnte ich ihn doch nicht einfach kaltblütig abstechen, oder?«, fragte Calvyn, nahm einen Schluck Dahl und blickte den Freund über den Rand seiner Tasse an. »Kampf ist Kampf, aber das wäre glatter Mord gewesen.«
»Wahrscheinlich hast du recht«, seufzte Bek schulterzuckend. »Aber man
Weitere Kostenlose Bücher