Das Vermächtnis von Thrandor - Der Pfad der Jägerin
Trupp für euch da ist, wenn ihr mal Hilfe braucht. Es ist völlig einerlei, ob ihr den Gefreiten Demarr mögt oder nicht. Was er getan hat, ist Vergangenheit. Jetzt zählt nur eins: Ihr müsst gegen einen Feind kämpfen, der besser aufgestellt ist, als die Sippen aus der Wüste Terachim es je sein werden. Demarr ist ein guter Kämpfer, und mir ist ein guter Kämpfer an meiner Seite lieber, als wenn er gegen mich kämpft. Denkt darüber nach.«
Nicht alle Truppmitglieder ließen sich von Calvyns Worten überzeugen. Er merkte sich diejenigen, die zweifelnd dreinblickten, um später noch einmal mit ihnen zu sprechen.
»Abends finden ab sofort immer Schwertübungen statt.«
Ein leises Murren ging durch den Trupp, verstummte jedoch sofort, als Calvyn die Soldaten zum Appell strammstehen ließ. Bald darauf marschierte das gesamte Heer weiter nach Norden.
Am Abend führte der Trupp wie angekündigt ein halbstündiges
Waffentraining durch, ehe das Nachtlager aufgeschlagen wurde. Calvyn pickte sich diejenigen heraus, die besonders schlecht auf Demarr zu sprechen waren, und ließ sie einzeln gegen ihn antreten. Demarr war in jedem Zweikampf überlegen und seine Übungspartner gingen mit nachdenklicher Miene davon. Nur bei zweien steigerte die Niederlage ihre Ablehnung, und Calvyn nahm sich vor, sie im Auge zu behalten.
Der Marsch nach Norden schien kein Ende zu nehmen. Als sie nach Mantor gezogen waren, hatte die Aufregung, ja eine Art Vorfreude auf die für Thrandor seit Jahrzehnten erste Schlacht die Soldaten bei Laune gehalten. Mittlerweile hatten sie Blutvergießen, Leid und Tod gesehen und erfahren, was es bedeutete, einem zahlenmäßig überlegenen Heer gegenüberzustehen. Zudem häuften sich Berichte über shandesische Magier, die ihre Künste militärisch einsetzten. Die Aussicht auf neuerliche Kämpfe verbreitete unter den Soldaten daher eine eher gedrückte Stimmung. Die Tage und Meilen krochen im Schneckentempo dahin.
Einen Tagesmarsch von Burg Keevan entfernt gab es die ersten Anzeichen von Scharmützeln. Höfe und Dörfer waren von kleineren Gruppen shandesischer Krieger überfallen worden. Es sah so aus, als seien die Angriffe nicht abgesprochen gewesen, sondern als hätten vielmehr einzelne Spähtrupps die Gelegenheit zum Beutemachen genutzt.
Am Morgen des Tages, an dem das Heer zur Burg zurückkehren sollte, kam es zum ersten Zusammenstoß mit den Shandesern. Zufällig führten gerade die Soldaten des Barons die Marschkolonne an, als die Kundschafter meldeten, eine große Händlerkarawane sei knapp eine Meile vor ihnen überfallen worden. Der Baron und seine Hauptleute verloren keine Zeit. Sie brachten in Erfahrung, wie zahlreich der Feind war und wo der Kampf genau stattfand,
riefen Lord Valdeer herbei und schickten nach einer kurzen Beratung den Händlern eine größere Truppe zu Hilfe.
Neben vielen Berittenen aus Lord Valdeers Kavallerie waren auch sämtliche Soldaten Baron Keevans dabei. Die Kavallerie ritt voraus und nach einem Eilmarsch von nur gut zehn Minuten hörte Calvyn bereits die ersten Kampfgeräusche.
Der Weg führte im Bogen um einen Wald herum, der sich zu ihrer Linken über ein großes hügeliges Gebiet erstreckte. Hauptmann Tegrani befahl Keevans Soldaten, den Weg zu verlassen und sich vom Wald aus dem Kampf zu nähern. Auch Calvyn führte seinen Trupp parallel zum Weg zwischen den Bäumen hindurch. Während sie sich möglichst leise der Wagenkolonne näherten, wurde der Schlachtenlärm immer lauter.
Als der Schauplatz der Auseinandersetzung in Sicht kam, sah Calvyn, dass es ein Fehler gewesen war, die Kavallerie vorauszuschicken. Die Wagen der Händler versperrten den engen Weg und die Reiter kamen nur mit Mühe vom Fleck. Damit hatten sie ihren Vorteil verspielt und erlitten schwere Verluste.
»Bogenschützen, fertig machen. Zielt sorgfältig. Wir müssen die feindlichen Reihen ausdünnen, ehe wir in den Nahkampf gehen«, befahl Calvyn seinem Trupp. »Und los.«
Auch andere Trupps näherten sich und gaben die Deckung des Waldes auf.
Jenna legte im Laufen einen Pfeil an. Mit ausholenden Schritten rannte sie vor den anderen her und erreichte als Erste den Waldrand. Dort fiel ihr Blick auf einen Händler, der sich hinter seinem Wagen vor dem Angriff dreier shandesischer Schwertkämpfer verschanzte. Jenna blieb stehen, zielte, schoss und legte den nächsten Pfeil an. Das ging so schnell, dass der erste Pfeil sein Ziel noch nicht erreicht hatte,
als der zweite schon durch die Luft
Weitere Kostenlose Bücher