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Das Vermächtnis von Thrandor - Der Pfad der Jägerin

Das Vermächtnis von Thrandor - Der Pfad der Jägerin

Titel: Das Vermächtnis von Thrandor - Der Pfad der Jägerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Robson
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getötet haben und dann von einem anderen Grüppchen, das wir nicht gesehen haben, gefangen genommen oder umgebracht worden sein. Das ist natürlich reine Mutmaßung, aber zum vereinbarten Treffpunkt ist sie nicht gekommen.«
    Derra dachte lange nach, schüttelte dann den Kopf und sagte mit einem schiefen Lächeln: »Egal, was geschehen ist, an Jenna kommen wir in nächster Zeit so oder so nicht heran. Hoffentlich findet sie, was sie sucht. Und wenn sie bei ihrer Rückkehr nicht eine sehr gute Ausrede hat, wird der Baron sie als Fahnenflüchtige ächten. Komm, Alana. Du bist ja mit deinen Kräften völlig am Ende. Ich gehe mit dir in die Krankenstube. Auf dem Weg kannst du mir noch die eine oder andere Einzelheit erzählen.«

    Calvyn hatte ein sehr mulmiges Gefühl. Man hatte ihn aus der Zelle geholt, wo er nach seiner Begegnung mit den Lords des Inneren Auges eine gefühlte Ewigkeit mit Augenbinde und Sack über dem Kopf verbracht hatte. Diesmal schleppten ihn die Wachen jedoch nicht in die Kammer der Lords, sondern mehrere Treppen hinab an einen Ort, der tief unter der Erde liegen musste.
    Schließlich entfernten die Wachen den Sack und die Augenbinde und Calvyn sah sich in einer geräumigen Höhle erneut den schwarz gewandeten Gestalten gegenüber. Rechts von ihm stand ein Berg von einem Mann, drei Handbreit größer als Calvyn und mächtig wie ein Bulle. Aus dem Mondgesicht ragte eine rote Knollennase und das ergrauende Haar war ungepflegt und zerzaust. Obwohl er sich nicht angestrengt haben konnte, war sein Gesicht gerötet und verschwitzt.

    Merkwürdig, dachte Calvyn, dabei ist es hier unten so kühl, dass man ungepökeltes Fleisch mehrere Tage frisch halten könnte.
    Fackeln, die in Metallhalterungen an den Höhlenwänden steckten, warfen ihr flackerndes Licht in den Raum. Obwohl die tanzenden Schatten Calvyn geradezu magnetisch in ihren Bann zogen, zwang er sich, seine Aufmerksamkeit auf die schwarzen Gestalten vor sich zu richten.
    Calvyn spürte die Gänsehaut auf seinen Armen und zitterte leicht. Es war weniger die Kälte als eine schlimme Vorahnung, die ihn frösteln ließ. Er dachte an Flucht, doch in diesem Augenblick schlug die große Holztür mit hallender Endgültigkeit hinter den Wachleuten zu. Sie bleiben keine Sekunde länger als nötig, dachte Calvyn bei sich, während sein Blick zu dem großen Mann wanderte, der sich die feuchten Wurstfinger am zeltgroßen Umhang abwischte.
    »Gut, Barrathos. Fangen wir an«, erklärte der Hohe Lord.
    Barrathos rang die Hände. »Wollt Ihr es Euch nicht noch einmal überlegen, Hoher Lord Vallaine? Das ist eine unglaublich gefährliche Beschwörung. Ich kann nicht für Eure Sicherheit bürgen«, sagte Barrathos und wischte sich in dem vergeblichen Versuch, dem Schweißfluss Einhalt zu gewähren, mit dem Ärmel über die Stirn.
    »Fürchte nicht um unsere Sicherheit, Barrathos. Wir können schon auf uns aufpassen. Sage uns nur, was wir zu tun haben, dann können wir beginnen«, erwiderte Vallaine mit einer vor Zuversicht strotzenden Stimme.
    Barrathos sah die anderen Lords des Inneren Auges einen nach dem anderen an, doch ob er unter den Kapuzen eine Regung erkennen konnte, vermochte Calvyn nicht zu sagen. Dann nahm er einen weichen Stoffbeutel aus seiner Gürteltasche. Vielleicht bildete es sich Calvyn nur ein, aber
er hätte schwören können, dass der Hüne ihm einen entschuldigenden Blick zuwarf.
    »Hoher Lord Vallaine, geehrte Lords, hört mir bitte genau zu. Während ich den Beschwörungszauber durchführe, könnt Ihr mir kaum helfen – das ist der einfachere Teil. Die vereinte Kraft Eures Willens wirdjedoch nötig sein, um den Gorvath zu beherrschen und am Ende wieder zu vertreiben. Ausgenommen seid Ihr, Torvados. Eure Aufgabe wird es sein, dafür zu sorgen, dass sich der junge Mann nicht bewegt. Wenn er oder jemand anders den Kreis durchbricht, während der Dämon hier ist, so sei Euch die Gottheit, die Ihr verehrt, gnädig, denn nur ein Gott könnte einen Gorvath dann noch aufhalten.«
    »Du kannst dich auf mich verlassen, Barrathos«, sagte Torvados kurz.
    Calvyn kam es vor, als habe ihn jemand am Boden festgenagelt und ihm die Hände gefesselt. Er war vollständig bei Bewusstsein, hatte aber keine Macht mehr über seine Gliedmaßen. Sosehr er sich auch bemühte, er konnte keinen Muskel bewegen. Mit wachsendem Entsetzen beobachtete er, wie Barrathos ein winziges Loch in den Boden des Stoffbeutels schnitt und einen großen Kreis um Calvyn abschritt.

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